Wien (wifo) - Laut einer in den WIFO-Monatsberichten erschienen Untersuchung ist der Arbeitsmarktintegrationserfolg
von anerkannten Flüchtlingen, die erst seit einigen Jahren in Österreich sind, selbst nach Berücksichtigung
anderer für die Arbeitsmarktintegration wichtiger Faktoren geringer als von anderen Zuwanderungsgruppen. Anerkannte
Flüchtlinge sind auf dem Arbeitsmarkt auch hinsichtlich der faktischen Anerkennung ihrer Qualifikationen gegenüber
anderen Zuwanderungsgruppen benachteiligt. Überdies verlagerte sich die Altersstruktur der Asylsuchenden in
Österreich in den letzten Jahren zunehmend zu jüngeren Personen.
Die Asylmigration nach Österreich erreichte im Jahresverlauf 2015 infolge der Krise in Syrien und Afghanistan
mit fast 89.000 Anträgen eine seit der Ungarn-Krise 1956 nicht mehr verzeichnete Größenordnung.
In der internationalen Literatur werden Asylsuchende als eine Migrantengruppe gesehen, die sich hinsichtlich ihres
Humankapitals, ihrer Arbeitsmarktintegration und anderer Eigenschaften wie z. B. ihrer physischen und psychischen
Gesundheit von Arbeitsmigranten und Arbeitsmigrantinnen, aber auch anderen Migrantengruppen (z. B. Familienmigration,
etwa Familiennachzug) unterscheiden.
Nach den Ergebnissen des Mikrozensus-Ad-hoc-Moduls zur "Arbeitsmarktsituation von Migrantinnen und Migranten",
das diese rezente Fluchtbewegung noch nicht berücksichtigt, waren 2014 Personen, die aus Asylgründen
nach Österreich kamen, überwiegend Männer und 20 bis 40 Jahre alt. 46% der aus Asylgründen
nach Österreich zugewanderten Personen verfügten über eine mittlere Qualifikation (Lehre oder AHS-Abschluss)
und 24% über einen tertiären Bildungsabschluss. Damit entsprachen die formalen Qualifikationen der Asylsuchenden
etwa jenen der Familienmigranten und -migrantinnen und waren nur unwesentlich schlechter als jene der Arbeitsmigranten
und -migrantinnen.
Die Qualifikationsstruktur veränderte sich jedoch in den letzten Jahren, weil sich der Zuwanderungsschwerpunkt
zwischen Ländern verlagerte und verstärkt junge Asylsuchende nach Österreich kamen. Unter den im
Zeitraum 2005 bis 2014 aus Asylgründen Zugewanderten waren mit 62% deutlich mehr Personen mit höchstens
Pflichtschulausbildung als in früheren Kohorten.
Die insgesamt relativ höhere Qualifikation von schon länger in Österreich lebenden Flüchtlingen
wird aber (sowohl faktisch als auch formal) in Österreich u. a. aufgrund geringer Sprachkenntnisse selten
anerkannt. So war 2014 die in der Befragung selbst genannte Qualifikation von fast 74% der Flüchtlinge formal
nicht anerkannt. Hinsichtlich der faktischen Anerkennung dieser Qualifikationen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt
zeigt sich überdies eine deutliche Benachteiligung der anerkannten Flüchtlinge gegenüber anderen
Zuwanderergruppen.
Der wohl wichtigste Ansatzpunkt für eine Verbesserung der Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen läge
laut dem Monatsberichtsbeitrag von Julia Bock-Schappelwein und Peter Huber in einer möglichst raschen Bearbeitung
der offenen Asylanträge. Dies würde Sicherheit über den Rechtsstatus in Österreich vermitteln
und lange Stehzeiten außerhalb des Arbeitsmarktes vermeiden. Die Folgekosten der mit längeren Wartezeiten
auf einen Arbeitsmarktzugang verbundenen Dequalifikation könnten so verringert werden.
Fast ebenso wichtig wären aber eine entsprechende, zielgruppenspezifische Betreuung für Asylsuchende
mit dem Ziel einer Verbesserung der Sprachkenntnisse, da anerkannte Flüchtlinge in ihrer Arbeitsmarktintegration
besonders durch mangelnde Sprachkenntnisse eingeschränkt werden, und ein breiterer Zugang zur Erstausbildung
im Anschluss an die Pflichtschulausbildung (sowohl zu Lehrstellen als auch zu anderen Bildungsangeboten). Für
Jugendliche sollten die Regelungen dabei deutlich großzügiger sein als für Erwachsene, weil das
Fehlen von Arbeits- und Bildungsmöglichkeiten diese Jugendlichen langfristig erheblich beeinträchtigt,
woraus sich auch beträchtliche Folgekosten für den Sozialstaat ergeben.
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