Mehr Veranstaltungen, Nächtigungen und Wertschöpfung denn je
Wien (wien info) - Wiens gesamttouristischem Rekordergebnis 2015 steht die Tagungsindustrie der Stadt um
nichts nach, denn auch sie erreichte Bestwerte in allen relevanten Kennzahlen: Die Anzahl an Veranstaltungen stieg
um 3 %, die der daraus resultierenden Nächtigungen um 13 %, und die dadurch bewirkte Wertschöpfung überschritt
mit einem Plus von 16 % erstmals die Grenze von 1 Milliarde Euro. Dies berichteten Tourismusdirektor Norbert Kettner
und Christian Mutschlechner, Leiter des Vienna Convention Bureau im WienTourismus, bei einer Pressekonferenz am
31.03. Zusätzlich präsentierten sie die Ergebnisse der neuesten Studie zum Tagungsstandort Wien. Als
Gastreferent gab der Präsident der Europäischen Gastroenterologie-Vereinigung UEG Prof. Michael P. Manns,
M.D., Einblick in die Kongress-Strategie und die wissenschaftlichen Ziele der Organisation.
„Allen Akteurinnen und Akteuren in Wiens Tagungsindustrie sei hier aufs herzlichste gratuliert“, so Kettner einleitend,
„denn sie haben vergangenes Jahr das beste Ergebnis in Wiens Geschichte als Meeting-Destination erzielt. Unsere
Stadt hat 2015 insgesamt 3.685 Kongresse und Firmenveranstaltungen beherbergt, das sind um 3 % mehr als 2014. Die
dadurch ausgelösten Nächtigungen belaufen sich auf 1.682.966, was einer Steigerung um 13 % entspricht
und einem Anteil von 12 % an Wiens vorjährigem Gesamtnächtigungsergebnis. Der Beitrag von Wiens Tagungsindustrie
zur österreichweiten Wertschöpfung hat sich gegenüber 2014 um 16 % auf 1.038 Millionen Euro erhöht
und somit erstmals die markante Grenze von einer Milliarde überschritten. Außerdem haben die Veranstaltungen
landesweit mehr als 19.000 Ganzjahresarbeitsplätze gesichert. Das bisherige Tagungs-Rekordjahr 2012 wurde
so in allen relevanten Kennzahlen übertroffen, und die Ergebnisse der 2014 bis 2016 durchgeführten Studie
zum Tagungsstandort Wien ergänzen dieses positive Bild: Sie zeigen Wien als Tagungsmetropole, die den in der
Tourismusstrategie Wien 2020 postulierten Kriterien ‚global – smart – premium‘ bestens entspricht.“
Internationale Kongresse bestimmen das Gesamtresultat
Die 3.685 Veranstaltungen, die 2015 in Wien stattfanden, teilen sich auf in 1.392 Kongresse (- 5 %), davon
649 nationale (- 4 %) und 743 internationale (- 5 %) sowie in 2.293 (+ 8 %) Firmenveranstaltungen (Tagungen und
Incentives), 1.049 davon nationale (+ 26 %) und 1.244 internationale (- 4 %). Ausschlaggebend für das wirtschaftliche
Ergebnis der Wiener Tagungsindustrie sind die internationalen Kongresse, denn sie bringen die meisten Nächtigungen
und die höchsten Umsätze. Dass ihre Anzahl 2015 gesunken, das Ergebnis aber trotzdem so signifikant positiv
ausgefallen ist, ist nur ein scheinbarer Widerspruch, den Christian Mutschlechner folgendermaßen auflöste:
„Zwar hat es in Summe weniger dieser Veranstaltungen gegeben“, erklärte der Leiter des Vienna Convention Bureau,
„doch waren darunter mehr Großkongresse als 2014. Diese bringen nicht nur hohe Teilnehmerzahlen, sie dauern
auch länger, und beides wirkt sich entsprechend auf Nächtigungen und Umsätze aus. Mit einer solchen
Tagung wird auf einem Schlag einfach mehr wirtschaftlicher Impact erzielt.“ Wie stark Wiens Erfolg als Tagungsdestination
mit den interntionalen Kongressen steht und fällt, zeigen folgende Zahlen: Ihr Anteil am Gesamttagungsaufkommen
2015 betrug lediglich 20 %, sie brachten allerdings über die Hälfte aller TeilnehmerInnen, 76 % der Nächtigungen
und 81 % der Wertschöpfung in diesem Segment.
Signifikant höher als bei FreizeitbesucherInnen sind die Ausgaben der Kongress-TeilnehmerInnen: 2015 waren
dies durchschnittlich 534 Euro pro Kopf und Tag, und das ist etwa doppelt soviel wie der Vergleichswert von der
Gesamtheit aller Wien-BesucherInnen.
Der Teilbereich der Firmentagungen ist generell zwar von vergleichsweise geringerer Bedeutung, aber keineswegs
ein zu vernachlässigender Faktor, nicht zuletzt weil diese Veranstaltungen u.a. eine wichtige Rolle in der
Auslastung der einschlägigen Infrastruktur inklusive Hotellerie sowie der Dienstleister im Tagungssektor spielen
Landesweite Wertschöpfung aus Wiens Tagungsindustrie erstmals über 1 Milliarde
Durch die gesamten Veranstaltungen der Wiener Tagungsindustrie 2015 wurde in Österreich eine Wertschöpfung
von 1.038,5 Millionen Euro (+ 16 %) bewirkt und damit erstmals die Grenze von einer Milliarde übertroffen.
Die Wertschöpfung berücksichtigt alle inlandswirksamen Umsätze. Dazu gehören die direkten Ausgaben
der VeranstaltungsteilnehmerInnen, Veranstalter, Aussteller und Begleitpersonen sowie Einnahmen in „vorgelagerten"
Wirtschaftszweigen, die indirekt von den Veranstaltungen verursacht wurden (z.B. Nahrungs- und Genussmittelindustrie,
Druckereigewerbe, Bauwirtschaft, Banken, Versicherungen, Kommunikationsunternehmen etc.). An Steuern erbrachte
der Wiener Tagungssektor insgesamt 287,2 Millionen Euro, davon gingen 188 Millionen an den Bund und 35 Millionen
an Wien, der Rest an die anderen Bundesländer bzw. Gemeinden. Basis für die Berechnung von Wertschöpfung
und steuerlichen Effekten ist das von Dr. Martina Stoff-Hochreiner entwickelte wissenschaftlich anerkannte EVENT-MODEL-AUSTRIA.
Highlights für Wiens Tagungsindustrie 2016:
- Europäischer Radiologie-Kongress; Teilnehmer: 20.000 Teilnehmer; Datum:
2. – 6.3.; Ort: Austria Center Vienna
- Europäische Geowissenschaftliche Union; Teilnehmer: 14.000 Datum: 17. –
22.4. Ort: Austria Center Vienna
- Internationales Motorensymposium; Teilnehmer: 1.000 Datum: 28. – 29.4. Ort: Hofburg
Wien
- Pioneers Festival: Start-ups für innovative Produkte; Teilnehmer: 2.500;
Datum: 23. – 25.5.; Ort: Hofburg Wien
- Europ. Geowissenschafts- & Ingenieurs-Kongress; Teilnehmer: 6.500; Datum:
30.5. – 2.6.; Ort: Reed Messe Wien
- Europäische Akademie für Allergologie & Immunologie; Teilnehmer:
8.000; Datum: 11. – 15.6.; Ort: Reed Messe Wien
- Forum der Internationalen Soziologie-Vereinigung; Teilnehmer: 4.000; Datum: 10.
– 14.7.; Ort: Universität Wien
- Europäischer Notfallmedizin-Kongress; Teilnehmer: 2.500 Datum: 1. – 5.10.;
Ort: Hofburg Vienna
- Internat. Messe der Zeitungs- und Medienindustrie; Teilnehmer: 8.000; Datum:
10. – 12.10.; Ort: Reed Messe Wien
- Europäische Gastroenterologie-Vereinigung; Teilnehmer: 14.000 Datum: 15.
– 19.10.; Ort: Austria Center Vienna
"Stammkunde" UEG Week: Europas größter Gastroenterologie-Kongress
Zu den publikumsstärksten internationalen Kongressen des heurigen Jahres zählt die UEG Week, der Jahreskongress
der Europäischen Gastroenterologie-Vereinigung (United European Gastroenterology, UEG), der 2013 von Wien
und Barcelona als „Stammkunde“ beider Städte gewonnen wurde. Seit 2014 und vorläufig bis 2019 tagt er
jährlich alternierend in einer der beiden Destinationen (heuer von 15. bis 19.10. im Austria Center Vienna).
Prof. Michael P. Manns, M.D., der Präsident der Europäischen Gastroenterologie-Vereinigung UEG und Direktor
der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie am Zentrum Innere Medizin der Medizinischen
Hochschule Hannover, war Gastreferent bei der Pressekonferenz und betonte: „War bis 2013 der Austragungsort immer
eine andere europäische Stadt, so haben wir uns 2013 für das ‚2-Venue Rotationsmodell‘ entschieden. Es
ergeben sich daraus viele logistische und organisatorische Vorteile und eine deutliche Entlastung in diesen Arbeitsbereichen,
sodass sich die UEG noch mehr auf die inhaltlich qualitative Verbesserung des Kongresses konzentrieren und neue
Lehr- und Wissensvermittlungsmethoden einführen kann. Für Wien und Barcelona sprachen die unbestrittene
Attraktivität beider Städte und ihrer Kongressinfrastruktur wie auch das gute Zusammenspiel der Convention
Bureaus beider Städte.“
Die UEG wurde 1992 als wissenschaftlicher Dachverband zur Erforschung der Verdauungsorgane und zur Weiterbildung
gegründet, heute ist sie der größte Dachverband der führenden europäischen Fachgesellschaften
und repräsentiert mehr als 22.000 ÄrztInnen und WissenschaftlerInnen aus der Gastroenterologie. Sie fördert
sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs
durch Fortbildungsmaßnahmen. Ein besonderes Anliegen ist ihr die Unterstützung der Entwicklung von Standards
und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane. Dies geschieht
durch aktive Partnerschaften und Aktivitäten mit europäischen Fachgesellschaften sowie mit Paneuropäischen
PatientInnenorganisationen.
Premiere bei der heurigen UEG Week: Einbindung der Bevölkerung in der Kongressstadt
Die UEG Week ist mit 14.000 TeilnehmerInnen aus über 120 Ländern die europaweit größte
und wichtigste Veranstaltung ihrer Art. Jetzt bereits gilt sie auch weltweit als ein führendes Event auf den
Gebieten der Gastroenterologie und Hepatologie, und der strategische Plan der Vereinigung sieht vor, diese Rolle
auszubauen und die UEG Week als weltweit besten und größten Kongress seiner Art zu etablieren. Neben
der Exzellenz im wissenschaftlichen Bereich sind nach wie vor der persönliche Austausch und das Knüpfen
von Kontakten zum Aufbau von internationalen Netzwerken auch für die nächste Generation an ÄrztInnen
von immenser Bedeutung. Dies belegen die BesucherInnenzahlen der UEG Week: Trotz Ausbau der Möglichkeiten,
dem Großteil des wissenschaftlichen Programms online oder per Webcast in der ganzen Welt zu folgen, bleiben
sie stabil bzw. zeigen sogar leicht steigende Tendenz.
Verstärkt bemüht sich die UEG darum, Aufmerksamkeit und Bewusstsein für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen
in der Öffentlichkeit zu schaffen und damit die Gesundheit und das Wohlergehen von Patientinnen und Patienten
zu fördern. Dies soll heuer erstmals mit einer Aufklärungskampagne für die lokale Bevölkerung
während der UEG Week geschehen, wie Manns ankündigt: „Im Zentrum dabei stehen“, so der UEG-Präsident,
„die Darm- und Magenkrebsvorsorge. Wir wollen die Ursachen für diese Krankheiten, die dabei auftretenden Beschwerden
und effiziente Präventionsmethoden thematisieren. Die Aufklärung über Risikofaktoren, über
Vorsorge und Früherkennung soll anhand eines begehbaren Darmmodells vermittelt werden, das an einem zentralen
Platz in Wien positioniert ist. Dort sollen alle Interessierten oder Betroffenen auch die Möglichkeit haben,
sich mit Ärztinnen und Ärzten, PatientenvertreterInnen und -vertretern und anderen Verantwortlichen im
Gesundheitsbereich auszutauschen. Wir hoffen, dabei die Stadt Wien für eine Kooperation gewinnen zu können.“
Die starke Verbundenheit der UEG mit Wien zeigt sich auch darin, dass die Organisation 2012 ihren Vereinssitz in
Wien etabliert hat. Das House of European Gastroenterology (HEG) in der Wickenburggasse im 8. Bezirk ist Sitz des
25-köpfigen MitarbeiterInnen-Teams, das zu 70% aus Frauen besteht. Das HEG ist Drehscheibe für kleinere
Fortbildungsveranstaltungen und Kommunikationsort für alle ordentlichen Mitgliederversammlungen, die auch
einen nicht zu unterschätzenden Wirtschafts- und Werbefaktor für Wien darstellen.
Wiener Kongress-Studie 2015: aussagekräftige Bestandsaufnahme und Trenderkennung
Im Auftrag des Vienna Convention Bureau im WienTourismus analysiert Dr. Martina Stoff-Hochreiner seit 1991
alle fünf Jahre Wiens nationale und internationale Kongresse, um relevante Entwicklungen aufzuzeigen, aus
denen sich entsprechende Strategien für diesen Bereich ableiten lassen. Für die aktuelle Untersuchung
waren von September 2014 bis September 2015 insgesamt 4.406 TeilnehmerInnen und 212 Aussteller bei 37 nationalen
und internationalen Kongressen von der „Triconsult Wirtschaftsanalytische Forschung GmbH“ befragt worden; 73 %
persönlich, 27 % über Online-Interviews. „Unsere Kongress-Studien werden auch von vielen internationalen
Verbänden und anderen Kongressdestinationen immer mit größtem Interesse erwartet“, erklärte
Mutschlechner, „da sich daraus allgemeine Zukunftstrends erkennen lassen, an denen man sich strategisch orientieren
kann. Es hat nämlich, das dürfen wir mit Stolz sagen, kaum eine andere Stadt so ausführliche und
qualitativ hochstehende Untersuchungen vorzuweisen.“
In puncto Organisation der Reise hat sich seit der letzten Studie einiges getan: Organisierten die Reise nach Wien
2010 noch zu 49 % die Kongressveranstalter oder Unternehmen einschlägiger Branchen, so war das 2015 nur noch
zu 14 % der Fall, und 53 % der Befragten organisierten sich die Reise privat. Dies liegt u.a. daran, dass immer
bessere digitale Tools zur Verfügung stehen, um Reisebuchung und Aufenthalt in der Stadt auf eigene Faust
und individualisiert vorzunehmen. Unverändert dominant ist mit 76 % die Anreise per Flugzeug, was die Bedeutung
des Ziels der Wiener Tourismusstrategie 2020 – Erhöhung der Direktflüge nach Wien aus 20 zusätzlichen
Destinationen – auch für den Tagungstourismus unterstreicht. Die Beherbergung der Gäste erfolgte zu 88
% in Hotels und Pensionen, zu 7 % privat und zu 3 % in Business-Apartments. 10 % jener Kongress-TeilnehmerInnen,
die in einem Hotel übernachteten, taten dies in der 5-Sterne-Kategorie, 2010 waren es mit 19 % noch beinahe
doppelt so viele gewesen. Entgegengesetzt lief der Trend im Drei-Sterne-Bereich, wo mit 38 % der Befragten mehr
Gäste abstiegen als 2010 (29 %). Der 4-Stern-Bereich blieb mit 45 % (2010: 49%) einigermaßen konstant.
Erstmals explizit abgefragt wurde die Nutzung von Plattformen der Sharing Economy: 2 % der Kongressgäste wählten
diese.
Kettner kommentierte diese Veränderungen bei der Beherbergungswahl folgendermaßen: „Die starken Unterschiede
zu 2010 bei den Werten der 5- und 3-Sterne-Hotels sind einerseits Folge von verschärften Compliance-Regeln
– vor allem im medizinischen Bereich –, andererseits hat sich in Wien durch qualitativ hochwertigen Zuwachs im
Drei-Stern-Segment auch viel getan. Weiters zeigt sich, dass die Sharing Economy auch im Kongressbereich angekommen
ist. Wenngleich sie derzeit noch keine große Rolle spielt, so gehen wir davon aus, dass ihre Bedeutung zunehmen
wird. Umso wichtiger sind die Bestrebungen der Stadt Wien, dieses Geschäftsmodell aus seinem Graubereich heraus
und in einen gesetzeskonformen Rahmen zu führen.“
Frauenanteil steigt stark, Green Meetings im Vormarsch
Ein markantes Ergebnis der Studie ist der stark steigende Anteil weiblicher Kongressgäste: Er erhöht
sich seit Jahren kontinuierlich und hat 2015 mit 44 % seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht (2010: 34
%, 1991: 21 %). Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Trend fortsetzt, und dies erfordert infrastrukturelle
Maßnahmen bei Tagungseinrichtungen und -services. Das reicht etwa von der Anzahl bzw. Aufteilung der Hygieneräume
über die Raumtemperatur bis hin zum Catering.
Deutlich im Vormarsch ist die Bereitschaft der Kongress-TeilnehmerInnen, mit Green Meetings den ökologischen
Fußabdruck ihrer Veranstaltung möglichst gering zu halten: Mehr als zwei Drittel (67 %) hätten
z.B. kein Problem damit, völlig ohne gedruckte Unterlagen auszukommen. Der Anteil der Green Meetings am Wiener
Kongressgeschehen geht jedenfalls steil nach oben. Wurden 2013 noch 42 davon abgehalten, waren es 2014 bereits
81, und 2015 wurde mit 140 der bisherige Höchststand erreicht. 22 davon zertifizierte das Vienna Convention
Bureau. Nicht verzichten möchte das Kongresspublikum aber auf die persönliche Anwesenheit vor Ort, auch
wenn als Ersatz dafür immer bessere technische Möglichkeiten zur Verfügung stehen: Über drei
Viertel der Befragten (76 %) verneinten, an einem Kongress via Live-Stream teilnehmen zu wollen.
Verschärfte Compliance-Regel im Medizinbereich: kaum Auswirkungen zu erwarten
Mit größtem Interesse erwartet – keineswegs nur von Wien – wurden die Befragungsergebnisse von TeilnehmerInnen
an medizinischen Kongressen hinsichtlich einer seit heuer geltenden Compliance-Regel der European Federation of
Pharmaceutical Industry Associations (EFPIA). Die Mitglieder dieser Vereinigung, der beinahe alle Pharmaunternehmen
Europas angehören, sind nunmehr dazu verpflichtet, jede finanzielle Zuwendung an ÄrztInnen – darunter
auch die Bezahlung von Kongressteilnahmen – zu publizieren, vorzugsweise mit Namensnennung, die allerdings freiwillig
erfolgen soll. Für Wien, wo rund 20 % aller Kongresse humanmedizinische sind, ein besonders wichtiges Thema,
dem die Befragungsergebnisse aber die Brisanz nehmen: 81 % aller Befragten gaben an, diese Maßnahme hätte
keinen Einfluss auf ihre künftige Kongressteilnahme, außerdem war die neue Regel nur 28 % bekannt. Ein
Grund dafür ist sicher, dass jetzt bereits 63 % ihre Kongressteilnahme aus der eigenen Tasche bezahlt hatten
– Tendenz steigend, denn 2010 war es erst 46 % gewesen. Von jenen, deren Teilnahme teilweise (16 %) oder vollständig
(21 %) fremdfinanziert war, würden 19 % den Kongress auch besuchen, müssten sie selbst dafür aufkommen.
7 % machen dies von bestimmten Voraussetzungen (Kosten, Kongressort und -dauer) abhängig. Lediglich 11 % würden
auf eine Teilnahme verzichten.
Als generelle Hemmfaktoren einer Kongressteilnahme wurden Zeitmangel (73 %), Budgetmangel (52 %), zu viele gleichwertige
Veranstaltungen (28 %) oder die mangelnde Attraktivität eines Veranstaltungsortes (21 %) genannt. Zu 10 %
– und damit mehr als doppelt so oft wie 2010 – wurden als Gründe Reiseangst bzw. Sicherheitsbedenken angegeben.
Hohe Akzeptanz für Großkongresse und Rotation zwischen wenigen Destinationen
Generell besteht gegenüber früheren Jahren die Tendenz, den Kongressbesuch als reinen Arbeitstermin
zu betrachten, und ihn kaum noch zu einem privaten Aufenthalt in der Destination zu nutzen. 2015 zeigte sich allerdings
erstmalig eine Stagnation dieses Trends. Hielten sich Kongress-Gäste 1991 noch durchschnittlich 7,3 Tage in
der Stadt auf, so sank dieser Wert bis 2010 auf 4,6 Tage, was genau der durchschnittlichen Kongressdauer entsprach.
2015 erhöhte er sich leicht auf 5,0 bei einer durchschnittlichen Kongress-dauer von 4,5 Tagen. Die Zahl der
Begleitpersonen nimmt kontinuierlich ab und lag 2015 bei 0,11 % (2010: 0,17 %).
Weiters ergab die Befragung zwei für Wien sehr vorteilhafte Einstellungen des Kongresspublikums: Zum einen
gibt es kaum Vorbehalte gegen Großkongresse, denn die offensiv formulierte Frage, ob die Zufriedenheit sinke,
je größer die Veranstaltung sei, wurde von 68 % der TeilnehmerInnen verneint. Zum anderen hätte
es für 75 % keinen Einfluss auf ihre Teilnahme, wenn der jeweilige Kongress seine Destination nicht häufig
wechseln, sondern nur zwischen wenigen Städten „rotieren“ würde. Beides sehr erfreulich für Wien,
das bei der Akquisition von Großkongressen immer schon sehr erfolgreich ist, und dessen Convention Bureau
als Pionier der Strategie „Co-opetition statt Competition“ gilt. Es wendet diese Taktik von Zusammenarbeit statt
Konkurrenz bereits seit 1995 gemeinsam mit dem Convention Bureau von Barcelona an und hat damit schon viele Kongressveranstalter
dafür gewonnen, ihren Kongress vorwiegend nur noch zwischen den beiden Städten „rotieren“ zu lassen.
Die UEG Week ist ein solches Beispiel dafür.
Höchstes Lob für Kongress-Stadt Wien, fast die Hälfte der Gäste plant privaten Wiederbesuch
An den bereits erwähnten 534 Euro inlandswirksamer Tagesausgaben pro TeilnehmerIn hatte die Nächtigung
mit 23 % den größten Anteil, gefolgt von den Reisekosten (22 %) und der Kongressgebühr (19 %).
Danach kommen Shopping (13 %), Gastronomie (11 %), Kultur- und Freizeitangebote (7 %), der Transport in der Stadt,
Transfers (4 %) sowie Telekommunikation (1 %). Bei der Fortbewegung in der Stadt wurde der Kongress-Tarif der Wiener
Linien bestens angenommen: 37 % der Kongressgäste nutzten ein selbst gekauftes Gesamtticket, 30 % ein vom
Veranstalter zur Verfügung gestelltes. Mit einer offenen Frage waren die Studien-TeilnehmerInnen aufgefordert,
Wünsche, Kommentare oder Beschwerden zum Kongress anzumerken. Positiv hervorgehoben wurde hier mit 32 % und
großem Abstand zu allen anderen Aspekten die perfekte Organisation, gefolgt von Wiens Ambiente, von dem 17
% angetan waren. Optimierungspotenzial wurde mit 13 % am häufigsten bei der Verpflegung im Kongresszentrum
geortet, mit 12 % bei organisatorischen Belangen und mit 9 % bei der technischen Ausstattung der Konferenzräume.
Höchstes Lob gab es bei Beurteilung von Wien im Vergleich zu anderen Kongressdestinationen: 46 % der Befragten
gaben an, Wien sei für sie die Top-Destination, und 45 % bezeichneten die Stadt als einen ihrer bevorzugten
Standorte. Geschätzt werden vor allem das Ambiente der Stadt (25 %), die geographische Lage (17 %), die Verkehrsanbindung
(12 %) und die Kultur (8 %). Mit 47 % plant knapp die Hälfte der befragten Wiener Kongress-TeilnehmerInnen
in Zukunft auch einen privaten Besuch der Stadt.
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