Dringliche Anfrage der Grünen im Bundesrat zum Thema Mindestsicherung
Wien (pk) - "Die Mindestsicherung darf nicht gekürzt werden !" Von dieser Forderung war a,
31.03. im Bundesrat eine Dringliche Anfrage an Sozialminister Alois Stöger getragen, in der die Grünen
auf eine bundeseinheitliche Regelung drängen und dabei heftige Kritik an den Plänen einzelner Bundesländer
– allen voran Oberösterreich – üben, die Zahlungen an AsylwerberInnen und subsidiär Schutzberechtigte
zu reduzieren. Stöger pochte auf einheitliche Regeln für die Mindestsicherung und zeigte sich erleichtert
über die heutige Vertagung der Kürzungspläne in Oberösterreich. ÖVP und FPÖ verteidigten
die geplanten Maßnahmen und sprachen von einer Sondersituation aufgrund des Flüchtlingsstroms, die SPÖ
hingegen warnte mit Nachdruck vor einem Infragestellen der Mindestsicherung.
Grüne fordern Grundsatzgesetz des Bundes zur Mindestsicherung
Kürzungen oder Deckelungen bei der Mindestsicherung sind rechtlich nicht haltbar, zeigte sich Ewa Dziedzic
(G/W) überzeugt und sah sich durch das gestern vorgelegte Gutachten von Professor Rebhahn bestärkt.
Scharf ging sie dabei mit einzelnen Bundesländern ins Gericht, denen sie vorwarf, das in der Bund-Länder-Vereinbarung
von 2006 festgelegte Ziel von einheitlichen Mindeststandards für die Mindestsicherung nun durch Kürzungspläne
zu untergraben. Gerade durch das Fehlen einer bundesweit einheitlichen Vorgangsweise bzw. einer bundeseinheitlichen
sozialen Absicherung seien die Menschen der willkürlichen Zusicherung von Almosen ausgeliefert und hätten
darüber hinaus auch kein Mittel in der Hand, ihre Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Dziedzic forderte
die Bundesregierung mit Nachdruck auf, von ihrem Recht auf Erlassung eines Grundsatzgesetzes zur Mindestsicherung
Gebrauch zu machen, und mahnte überdies, die aktuelle Flüchtlingssituation dürfe nicht zu einem
Vorwand für einen schleichenden Sozialabbau genommen werden.
Stöger: Vertagung der Kürzungspläne in Oberösterreich sind "gutes Zeichen"
Sozialminister Alois Stöger erinnerte an die 15a-Vereinbarung, in der sich Bund und Länder zur Neugestaltung
des alten Modells der Sozialhilfe in Richtung Mindestsicherung bekannt hatten, und appellierte an den Bundesrat,
dafür Sorge zu tragen, dass diese gemeinsame Linie der Länder im Interesse der Bevölkerung umgesetzt
wird. Eine Trennung zwischen InländerInnen und Asylberechtigten sei rechtlich nicht zulässig, betonte
Stöger auch unter Hinweis auf das aktuelle Gutachten. Die heutige Vertagung der Kürzungspläne im
oberösterreichischen Landtag hielt er für ein "gutes Zeichen". Stöger sieht die Länder
auch weiterhin als Partner in Sachen Mindestsicherung und unterstrich die Notwendigkeit von einheitlichen Rahmenbedingungen.
Im Mittelpunkt einer neuen 15a-Vereinbarung werden jedenfalls Maßnahmen der Qualifizierung stehen, kündigte
er an. Die Unterscheidung zwischen Grundsatzgesetzgebung und Ausführungsgesetzgebung bezeichnete er als überholt.
Stöger schloss mit dem Aufruf an die Mitglieder der Länderkammer, nicht mit denjenigen mitzumachen, die
in schwierigen Zeiten Druck auf die Ärmsten ausüben.
Heftige Kritik der Grünen an den Plänen Oberösterreichs
In der Debatte erneuerte David Stögmüller (G/O) die Kritik seiner Fraktion an der schwarz-blauen Landesregierung
in Oberösterreich, der er vorwarf, mit ihren Kürzungsplänen anerkannte Flüchtlinge in die Armutsfalle
zu treiben. Menschen würden dadurch gezwungen, ihren Lebensunterhalt mit anderen Mitteln zu verdienen, so
etwa durch Kriminalität. Sachleistungen anstelle von Geld kommen für Stögmüller nicht in Frage,
zumal dies, wie er zu bedenken gab, kein Ausgleich sein könne und überdies auch gegen die Gleichbehandlung
verstoße. In einem Entschließungsantrag forderte er ein Grundsatzgesetz des Bundes zur Mindestsicherung
ein, das sicherstellt, dass die Leistungshöhe armutsverhindernd ist.
ÖVP wirft Grünen "Linkspopulismus" vor
Keiner der Experten habe behauptet, dass die Pläne Oberösterreichs gesetzeswidrig seien, erwiderte Klaus
Fürlinger (V/O) und sprach im Übrigen von einem hohen Grad an Versorgung für AsylwerberInnen in
seinem Bundesland. Zur Mindestsicherung müsse man auch die zahlreichen Ermäßigungen und Beihilfen,
so etwa die Familienbeihilfe und den beitragsfreien Kindergarten rechnen, stellte er an die Adresse der Grünen
gerichtet fest, denen er im Übrigen Linkspopulismus vorwarf. Eine Mindestpensionistin mit 850 € würde
jedenfalls nicht einsehen, dass jemand, der drei Wochen im Land ist, 1.500 oder 2.000 € bezieht, ohne jemals in
das System eingezahlt zu haben, bemerkte Fürlinger pointiert. Sein Fraktionskollege Ernst Godl (V/St) begründete
die Pläne Oberösterreichs mit der durch den Flüchtlingsstrom entstandenen Sondersituation und mahnte,
Sozialsysteme seien nur gesichert, wenn sie von der Solidargemeinschaft getragen werden. Unter diesem Blickwinkel
sei es problematisch, wenn eine Flüchtlingsfamilie netto über 2.000 € aus dem Sozialtopf erhält.
SPÖ: An der Mindestsicherung darf nicht gerüttelt werden
Die Mindestsicherung ist keine soziale Hängematte, sondern ein soziales Sicherheitsnetz, hielt Michael Lindner
(S/O) der ÖVP entgegen. Die Pläne Oberösterreichs qualifizierte er als "zynischen Angriff auf
die Ärmsten" und als ersten Schritt einer Landesregierung, die Mindestsicherung in Frage zu stellen.
Mit 520 € könne man nicht leben, meinte Lindner, der ÖVP und FPÖ vorwarf, bewusst in Kauf zu nehmen,
dass Flüchtlinge in die Armutsfalle abgleiten. Wichtig ist es für den SPÖ-Bundesrat nun, im Rahmen
der Neuverhandlung der 15a-Vereinbarung bessere Richtlinien zu schaffen und dabei das Augenmerk vor allem auch
auf die Qualifizierung zu lenken. An der Mindestsicherung dürfe jedenfalls nicht gerüttelt werden, steht
für Lindner fest, dem sein Fraktionskollege Günther Novak (S/K) mit Nachdruck beipflichtete.
FPÖ sieht Kürzungen in Oberösterreich als Signal für MigrantInnen
"Die Leute kommen zu uns, weil sie sich den besten Sozialstaat aussuchen, damit muss endlich Schluss sein",
warf Michael Raml (F/O) ein, der Oberösterreich als beispielgebend bezeichnete. Der freiheitliche Bundesrat
sah die Kürzungspläne seines Bundeslandes als wichtiges Signal an MigrantInnen und erwartet sich zudem
eine Kostendämpfung von vier bis fünf Millionen Euro. Bei der Diskussion über die Mindestsicherung
für Flüchtlinge müsse man auch immer die Situation zahlreicher bedürftiger ÖsterreicherInnen
berücksichtigen, gab Raml zu bedenken und bemerkte zudem, es gelte, die sozialen Sicherheitsnetze vor Überlastung
zu schützen. Die Grünen bezichtigte er des Messens mit zweierlei Maß in der Flüchtlingsdebatte.
Der Antrag der Grünen betreffend bundeseinheitliche Mindestsicherung wurde in namentlicher Abstimmung (46
Nein-Stimmen, 4 Ja-Stimmen) abgelehnt.
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