Mega Maut und fehlende Konjunktur-Stimmungsmacher trüben die Situation – Betriebe aber
weiter optimistisch – Bei Betriebsnachfolgen Forderung nach Investitionsfreibetrag
Wien (pwk) - „Vor dem Hintergrund einer nominell bereinigten roten Null für das Gesamtjahr 2015 hoffen
wir auf Rückenwind. Denn anstatt die Konjunktur mit geeigneten Maßnahmen zu unterstützen, werden
mit der Diskussion rund um die Mega Maut den Betrieben weitere Hindernisse vor die Füße gestellt“, betonte
die Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk, Renate Scheichelbauer-Schuster am 31.03. Am Ende des ersten Quartals
des neuen Jahres sind dringend notwendige Konjunkturimpulse wie der Handwerkerbonus, der gerade kleinen und mittleren
Betrieben wichtige Aufträge gesichert habe, weiterhin nicht in Sicht. „In Sachen Unternehmerfreundlichkeit
ist die Stimmung bei den Betrieben schlecht, gleichzeitig zeigen sie sich aber optimistisch, dass 2016 besser als
die beiden Vorjahre wird“, so Scheichelbauer-Schuster: „Das heißt, der Handwerkerbonus muss so rasch wie
möglich umgesetzt werden, damit die Betriebe noch vor dem Sommer wichtige Impulse erhalten.“
„Die Gewerbe und Handwerksbetriebe sind eine stabile Größe. Sie sind für die Volkswirtschaft ein
wertvolles Gut, denn sie sichern Arbeitsplätze und Wertschöpfung, betriebswirtschaftlich gesehen aber
stehen die Zeichen auf Alarm“, betonte der Direktor der KMU Forschung Austria, Walter, Bornett. Dies müsse
man auch im internationalen Umfeld sehen: So zeige die aktuelle Konjunkturumfrage der UEAPME, der Dachverband der
europäischen KMU, dass heimische KMU im Gegensatz zum europäischen Trend an Boden verlieren.
Konkret meldeten 2015 rund 29 Prozent der Betriebe Umsatzsteigerungen gegenüber 2014 um durchschnittlich 9,7
Prozent, bei 43 Prozent der Betriebe blieb der Umsatz auf Vorjahresniveau und 28 Prozent der Betriebe verzeichneten
Umsatzrückgänge um durchschnittlich 12,3 Prozent. Für die ersten drei Monate dieses Jahres beurteilen
15 Prozent der Betriebe die Geschäftslage mit ''gut'' (Vorjahr: 16 Prozent), 60 Prozent mit ''saisonüblich''
(Vorjahr: 54 Prozent) und 25 Prozent der Betriebe mit ''schlecht'' (Vorjahr: 30 Prozent).
„Die Stimmung hellt sich ein wenig auf, die Betriebe blicken positiver auf den weiteren Geschäftsgang. Per
Saldo überwiegen im Hinblick auf die Entwicklung im 2. Quartal die optimistischen Einschätzungen die
negativen aber nur um 1 Prozent-Punkt“, so Bornett. Trotzdem wollen 70 Prozent der Betriebe, den Personalstand
konstant halten und 25 Prozent sogar den Beschäftigtenstand erhöhen. Sorgen bereite zudem die noch immer
zunehmende Preiskonkurrenz (74 Prozent der Betriebe sind im laufenden Jahr durch die Preiskonkurrenz in ihrer Geschäftstätigkeit
beeinträchtigt) sowie die niedrige Investitionstätigkeit: Pro Kopf investierten die Betriebe der Sparte
2015 rund 4.600 Euro, 2009 lag dieser Wert bei 6.100 Euro, rechnet der KMU-Experte vor.
Mega Maut: Existentielle Bedrohung für Betriebe mit Werksverkehr
Mit „existentiellen Auswirkungen“, so die Obfrau, werde man jedenfalls zu kämpfen haben, wenn die von
den Bundesländern geplante Mega Maut auf Landes- und Gemeindestraßen tatsächlich kommen. Denn davon
wären insbesondere diejenigen Gewerbe- und Handwerksbetriebe betroffen, die im niederrangigen Straßennetz
im Rahmen des Werkverkehrs für ihre Kunden unterwegs sind. Beispiel 1:
Textilreiniger, der Krankenhäuser, Seniorenhäuser, Hotels und Firmen beliefert: bei einer jährlichen
Kilometerleistung von rund 2,5 Mio. Kilometer (davon nur 40 % auf Autobahnen) fielen bei der Einführung einer
flächendeckenden LKW-Maut allein auf diesen Betrieb jährliche Mehrkosten von 451.000,-- Euro! Beispiel
2:
Milchverarbeitungsbetrieb. Mautkosten für einen einzelnen Milchsammelwagen im ländlichen Gebiet rund
17.300,-- Euro pro Jahr. „Wir lehnen eine flächendeckende Mega-Maut klar ab. Statt dessen sollen die vorhandenen
Einnahmen der Steuern und Abgaben des Straßenverkehrs dorthin fließen, wo sie hingehören: in die
Erhaltung und den Ausbau des österreichischen Straßennetzes“, unterstrich Scheichelbauer-Schuster.
Forderung nach Investitionsfreibetrag für Betriebsnachfolge
Aufgrund der großen volkswirtschaftlichen Relevanz der Betriebe der Sparte – mehr als ein Drittel aller
Arbeitgeberunternehmer – rückt das Thema Betriebsnachfolge wieder stark in den Fokus. „Bis 2024 sind rund
150.000 Arbeitsplätze von der Betriebsnachfolge betroffen. Vor dem Hintergrund von 500.000 Arbeitslosen eine
gewaltige Zahl. Und ein Zeichen, dass diese Betriebsübergaben im Sinne des heimischen Standortes gut geplant
durchgeführt
werden müssen, denn sonst geht wertvolles betriebliches Kapital verloren und damit Tausende Arbeitsplätze“,
so Scheichelbauer-Schuster. Bornett rechnet etwa damit, dass rund 15.400 Betriebe mit einem Umsatzvolumen von 90
Mrd. Euro zur Übergabe anstehen.
Die größten Hindernisse bei der Betriebsnachfolge seien im Bereich der „hard facts“ bei der Finanzierung
und Modernisierung des Betriebs zu sehen. Im Bereich der „soft facts“ sei die größte Hürde die
Unsicherheit, ob der Prozess der Übergabe von Seite der Betriebseigentümer aktiv betrieben werde.
Da vielfach in den Jahren vor einer nahenden Betriebsnachfolge in den Unternehmen die Investitionsquote sinke und
die Finanzierungssituation gerade was kleine Betriebe betreffe, aufgrund der bürokratischen Vorschriften,
schwieriger werde, sei aus seiner Sicht die Einführung eines Investitionsfreibetrags für Betriebsübergaben
der derzeit sinnvollste Schritt. „Ein entsprechender Freibetrag der explizit nur für Betriebsübergaben
gilt und auch bereits vom Übergeber in einer gewissen Zeitspanne vor der Übergabe geltend gemacht wird,
wertet das Unternehmen auf und hilft dem Nachfolger gleichzeitig, bei der Modernisierung rascher und umfassender
vorgehen zu können“, so Bornett.
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