Wien (rk) - „Wien als Großstadt steht vor größeren Herausforderungen als andere Bundesländer,
das lässt sich auch an den heute veröffentlichten Bildungsstandards ablesen“, betonten Wiens Bildungsstadträtin
Sandra Frauenberger und Stadtschulratspräsident Jürgen Czernohorszky am 31.03. „So haben laut Bildungsstandards
österreichweit rund 19 Prozent aller Kinder eine andere Erstsprache als Deutsch, in Wien aber 42 Prozent.
Da ist es ganz klar, dass Wien in einem Test in der Sprache Deutsch unter dem Österreich-Ergebnis liegt.“
Dennoch zeige sich, dass Kinder mit Migrationshintergrund in Wien etwas erfolgreicher seien als in anderen Bundesländern.
„Österreichweit haben 39 Prozent dieser Kinder die Standards übertroffen oder erreicht, in Wien sind
es 41 Prozent.“
In der Verteilung nach Sozialschichten zeige sich in Wien das typische Bild einer Großstadt mit einer jeweils
größeren Gruppe an Menschen in niedrigeren, aber auch in höheren Schichten: „Das schlägt sich
auch in den Bildungsstandards nieder: Es gibt einen starken Zusammenhang zwischen dem Bildungsabschluss der Eltern
und den Kompetenzen ihrer Kinder im Fach Deutsch“, so Jürgen Czernohorszky. Klar ablesen lasse sich dies auch
am Index der sozialen Benachteiligung: „In Österreich sind 10 Prozent der Kinder in Schulen mit hoher sozialer
Benachteiligung und weitere 10 Prozent in Schulen mit sehr hoher sozialer Benachteiligung. In Wien gibt es deutliche
Abweichungen dazu: So befinden sich mit 22 Prozent deutlich mehr SchülerInnen in Schulen mit hoher sozialer
Benachteiligung. Ebenso sind mit 35 Prozent deutlich mehr SchülerInnen in Schulen mit sehr hoher sozialer
Benachteiligung.“ Diese Rahmenbedingungen seien im internationalen Vergleich mit ähnlichen europäischen
Großstädten nicht ungewöhnlich.
„Bildung wird immer noch viel zu stark vererbt. Hier müssen wir ansetzen, um ungleiche Voraussetzungen in
der Bildungslaufbahn auszugleichen. Wenn Kinder aus bildungsfernen Haushalten beim Lesen um bis zu drei Lernjahre
hinter Kindern aus akademischen Haushalten liegen, müssen wir mit mehr Förderung reagieren. Unser Ziel
ist die sprachliche Förderung ab der ersten Bildungseinrichtung - dem Kindergarten - auszubauen, um diesen
Startnachteil langfristig zu wettzumachen,“ betont Frauenberger.
Bessere Ergebnisse Wiens im "fairen Vergleich"
Im so genannten „fairen Vergleich“, der die sozioökonomischen Hintergründe der SchülerInnen
berücksichtigt, zeige sich in Wien ein positiveres Bild. „Wiens SchülerInnen haben hier sogar eine höhere
Kompetenz als von ihnen im „fairen Vergleich“ erwartet werden kann! Das gute Abschneiden hier zeigt auch, dass
das Wiener Schulsystem kompensatorisch wirkt und Kinder mit negativen Bildungsvoraussetzungen erfolgreich gefördert
werden“, so der Wiener Stadtschulratspräsident. In dieselbe Kerbe schlägt Frauenberger: "Wir wollen
die beste Bildung für alle Kinder. Über eine soziale Indexierung gilt es, unsere Schulen so auszustatten,
dass die beste Betreuung garantiert werden kann. Das betrifft finanzielle Ressourcen gleich wie die Ausstattung
und Unterstützung des Lehrpersonals. Es zeigt sich, dass wir hier auf einem guten Weg sind, aber wir werden
uns dafür einsetzen, dass diese Maßnahme vom Bund eingeführt wird."
„Insgesamt sind die Ergebnisse der Bildungsstandards zu den einzelnen Schulen für uns ein wichtiges Feedback“,
so Czernohorszky. „Denn aufgrund dieser Ergebnisse können wir dementsprechende Schulentwicklungsprozesse einleiten
und durchführen.“ Die Resultate seien aber auch ein Beleg dafür, wie dringend notwendig eine Veränderung
in der Ressourcenzuteilung sei. „Diese Ressourcenzuteilung nimmt nach wie vor keine Rücksicht auf soziale
und demographische Besonderheiten und dies trifft insbesondere die Städte und hier besonders Wien als einzige
Millionenstadt in Österreich. Deshalb ist es wichtig, dass im Zuge der Verhandlungen zum nächsten Finanzausgleich
eine stärker sozialindexierte Ressourcenverteilung für Österreichs Schulen ermöglicht wird!“
Die zweite nötige Veränderung basiere auf der nachgewiesenen Grundannahme „Je mehr Schule, desto größer
der Bildungserfolg für alle Kinder“, so Jürgen Czernohorszkly. „So sind die Ergebnisse der Bildungsstandardüberprüfung
auch ein wichtiges Argumente für den Ausbau von Ganztagsschulen – denn nur so kann Schule auch sozial ausgleichend
wirken!“
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