LR Dunst stellt neues Projekt zur geschlechtssensiblen Berufsorientierung in Kindergärten
und Volksschulen vor
Eisenstadt (blms) - Ein neues Projekt zur „Geschlechtergerechtigkeit und geschlechtssensiblen Berufsorientierung
im Kindergarten und in der Volksschule“ stellte Frauenlandesrätin Verena Dunst am 29.03. vor. „Wir wollen
mit diesem Projekt schon bei Kindern fest verwurzelte Rollenbilder unterlaufen und ihren Blick auf Arbeit und Berufe
verändern. Dazu braucht es jedoch eine Pädagogik, die Interessen und Fähigkeiten der Kinder unabhängig
vom Geschlecht erkennt und sie sich frei entfalten lässt, vor allem aber Rollenstereotype vermeidet“, erklärte
Dunst zu den Zielen. Projektlaufzeit ist vom 1.9.2015 bis 1.9.2017, derzeit läuft ein Pilotprojekt im Kindergarten
und in der Volksschule Neufeld. Die Erkenntnisse sollen nach der Evaluierung in den Lehrplan der Pädagogischen
Hochschule und der Kindergartenschulen aufgenommen werden.
Starre Rollenbilder prägen noch immer die Berufswahl von Mädchen und Burschen. Mehr als zwei Drittel
aller weiblichen Lehrlinge wurden 2014 in den „Top 10“ Lehrberufen ausgebildet, fast die Hälfte im Einzelhandel,
zur Bürokauffrau und Friseurin. Burschen entschieden sich für Metalltechnik, Elektrotechnik und Kraftfahrzeugtechnik.
Das gleiche Bild zeigt der Schul- und Hochschulbereich: Wirtschafts- und sozialberufliche Schulen werden hauptsächlich
von Mädchen besucht (87,9% bzw. 79,9%), während bei den technisch gewerblichen Schulen mit 74,3% Burschen
überrepräsentiert sind. Nur 24 % Frauen schließen derzeit ein technisches, jedoch 77% ein geisteswissenschaftliches
Studium ab. Männliche Domänen sind vor allem die Studienrichtungen Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik
- mit Frauenanteilen von teilweise unter 10%.
Burgenland: Einkommensschere 21,8 %
Berufswahl und, vielfach als Folge, Teilzeitbeschäftigung wirken sich indes nachteilig auf das Einkommen
aus: „Frauen verdienen im Burgenland immer noch um 21,8 % weniger als Männer“, so Dunst. Typische Frauenberufe
gelten oft als familiennah, weil man hier soziale Kompetenzen einsetzen kann, die man auch in der Familie braucht.
Technikberufe sind allerdings oft viel familien- und arbeitszeitfreundlicher als die Berufe in der Krankenpflege
oder im Handel.
Rollenbilder so früh wie möglich aufbrechen
„Buben sind schlimm, Mädchen zickig“ - schon in jungen Jahren werden Menschen Rollen und Eigenschaften
zugewiesen, die sie ein Leben lang prägen. Das Rollenverhalten in der Familie, die Tätigkeiten der Eltern
im Haushalt, die Vorstellungen über deren Arbeitsteilung, der spezifische Umgang mit Mädchen und Buben,
aber auch die von Medien und von PädagogInnen transportierten Rollenbilder – all diese Prägungen beeinflussen
auch die Berufswahl. „Daher setzt unser Projekt bereits im Kindergarten und in der Volksschule an, um Rollenzuschreibungen
zu vermeiden. Je früher wir diese Rollenbilder aufbrechen, umso besser“, ist Dunst überzeugt. Von Bedeutung
sei, dass Kinderbetreuungseinrichtungen überwiegend weibliche Fachkräfte hätten. „Das hat auf die
Gestaltung des Alltags und die Erfahrungsmöglichkeiten der Kinder erheblichen Einfluss“.
Schulworkshops: Mädchen hämmern, Buben putzen Fenster
Im September 2015 startete das Projekt „Geschlechtergerechtigkeit und geschlechtssensiblen Berufsorientierung
im Kindergarten und in der Volksschule“, zunächst als Pilot im Kindergarten und in der Volksschule Neufeld.
In einem ersten Schritt wurden detaillierte Fragebögen für Eltern, PädagogInnen, LeiterInnen, aber
auch für Kinder ausgearbeitet. Fragen wie „wie ziehe ich mein Kind an, welches Spielzeug hat es, womit beschäftigt
es sich; was tut Mama/Papa im Haushalt, wie schaut die Rollenverteilung zuhause aus, wieviele Stunden arbeite ich
als Frau/Mann zuhause“ brachten teils erstaunliche Ergebnisse zutage – die in der Regel unbewusste Rollenzuschreibungen
untermauerten. Das Elternverhalten wurde von den Kindern im Kindergarten nachgespielt, in Workshops mit den PädagogInnen
in der Folge geschlechterneutrales Verhalten geübt: Bei der „Haushaltsolympiade“ bohrten, sägten und
hämmerten die Mädchen, die Buben wischten Staub und putzten Fenster. „Sie waren allesamt mit Begeisterung
dabei“, berichtet Mona-Net-Geschäftsführerin Jutta Zagler, die das Projekt betreut. „Die Kinder sollen
ein differenziertes und vielfältiges Bild von den möglichen Rollen von Frauen und Männern kennenlernen
können, eine Geschlechtsidentität entwickeln, mit der sie sich wohlfühlen, die sie nicht in ihren
Interessen beschränkt“. Für Mag. Karina Rinhofer, Leiterin des Referats für Frauenangelegenheiten,
zählt ein weiterer Aspekt: „Die Kinder tragen die neugewonnenen Erfahrungen in ihre Familien, das bewirkt
schließlich auch bei den Eltern ein Umdenken“.
Verankerung im Lehrplan
Das Projekt läuft noch bis 1.9.2016, danach wird evaluiert. Eine Materialiensammlung und ein Lehrkoffer
für den Unterricht sind bereits entwickelt worden, bereits demnächst sollen die Erfahrungen in den Lehrplan
der Kindergartenschulen und der Pädagogischen Hochschule einfließen, diesbezügliche Gespräche
mit dem Frauen- und Bildungsministerium laufen. Einen Ratgeber soll es auch für die Eltern geben, eine Materialiensammlung,
Spiele und Literatur zum Thema werden auf der Homepage www.mona-net.at veröffentlicht werden. Die Kosten für
die gesamte Laufzeit betragen 75.000 Euro, die aus dem Additionalitätenprogramm finanziert werden.
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