Mädchen zickig, Buben schlimm?

 

erstellt am
30. 03. 16
11:00 MEZ

LR Dunst stellt neues Projekt zur geschlechtssensiblen Berufsorientierung in Kindergärten und Volksschulen vor
Eisenstadt (blms) - Ein neues Projekt zur „Geschlechtergerechtigkeit und geschlechtssensiblen Berufsorientierung im Kindergarten und in der Volksschule“ stellte Frauenlandesrätin Verena Dunst am 29.03. vor. „Wir wollen mit diesem Projekt schon bei Kindern fest verwurzelte Rollenbilder unterlaufen und ihren Blick auf Arbeit und Berufe verändern. Dazu braucht es jedoch eine Pädagogik, die Interessen und Fähigkeiten der Kinder unabhängig vom Geschlecht erkennt und sie sich frei entfalten lässt, vor allem aber Rollenstereotype vermeidet“, erklärte Dunst zu den Zielen. Projektlaufzeit ist vom 1.9.2015 bis 1.9.2017, derzeit läuft ein Pilotprojekt im Kindergarten und in der Volksschule Neufeld. Die Erkenntnisse sollen nach der Evaluierung in den Lehrplan der Pädagogischen Hochschule und der Kindergartenschulen aufgenommen werden.

Starre Rollenbilder prägen noch immer die Berufswahl von Mädchen und Burschen. Mehr als zwei Drittel aller weiblichen Lehrlinge wurden 2014 in den „Top 10“ Lehrberufen ausgebildet, fast die Hälfte im Einzelhandel, zur Bürokauffrau und Friseurin. Burschen entschieden sich für Metalltechnik, Elektrotechnik und Kraftfahrzeugtechnik. Das gleiche Bild zeigt der Schul- und Hochschulbereich: Wirtschafts- und sozialberufliche Schulen werden hauptsächlich von Mädchen besucht (87,9% bzw. 79,9%), während bei den technisch gewerblichen Schulen mit 74,3% Burschen überrepräsentiert sind. Nur 24 % Frauen schließen derzeit ein technisches, jedoch 77% ein geisteswissenschaftliches Studium ab. Männliche Domänen sind vor allem die Studienrichtungen Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik - mit Frauenanteilen von teilweise unter 10%.

Burgenland: Einkommensschere 21,8 %
Berufswahl und, vielfach als Folge, Teilzeitbeschäftigung wirken sich indes nachteilig auf das Einkommen aus: „Frauen verdienen im Burgenland immer noch um 21,8 % weniger als Männer“, so Dunst. Typische Frauenberufe gelten oft als familiennah, weil man hier soziale Kompetenzen einsetzen kann, die man auch in der Familie braucht. Technikberufe sind allerdings oft viel familien- und arbeitszeitfreundlicher als die Berufe in der Krankenpflege oder im Handel.

Rollenbilder so früh wie möglich aufbrechen
„Buben sind schlimm, Mädchen zickig“ - schon in jungen Jahren werden Menschen Rollen und Eigenschaften zugewiesen, die sie ein Leben lang prägen. Das Rollenverhalten in der Familie, die Tätigkeiten der Eltern im Haushalt, die Vorstellungen über deren Arbeitsteilung, der spezifische Umgang mit Mädchen und Buben, aber auch die von Medien und von PädagogInnen transportierten Rollenbilder – all diese Prägungen beeinflussen auch die Berufswahl. „Daher setzt unser Projekt bereits im Kindergarten und in der Volksschule an, um Rollenzuschreibungen zu vermeiden. Je früher wir diese Rollenbilder aufbrechen, umso besser“, ist Dunst überzeugt. Von Bedeutung sei, dass Kinderbetreuungseinrichtungen überwiegend weibliche Fachkräfte hätten. „Das hat auf die Gestaltung des Alltags und die Erfahrungsmöglichkeiten der Kinder erheblichen Einfluss“.

Schulworkshops: Mädchen hämmern, Buben putzen Fenster
Im September 2015 startete das Projekt „Geschlechtergerechtigkeit und geschlechtssensiblen Berufsorientierung im Kindergarten und in der Volksschule“, zunächst als Pilot im Kindergarten und in der Volksschule Neufeld. In einem ersten Schritt wurden detaillierte Fragebögen für Eltern, PädagogInnen, LeiterInnen, aber auch für Kinder ausgearbeitet. Fragen wie „wie ziehe ich mein Kind an, welches Spielzeug hat es, womit beschäftigt es sich; was tut Mama/Papa im Haushalt, wie schaut die Rollenverteilung zuhause aus, wieviele Stunden arbeite ich als Frau/Mann zuhause“ brachten teils erstaunliche Ergebnisse zutage – die in der Regel unbewusste Rollenzuschreibungen untermauerten. Das Elternverhalten wurde von den Kindern im Kindergarten nachgespielt, in Workshops mit den PädagogInnen in der Folge geschlechterneutrales Verhalten geübt: Bei der „Haushaltsolympiade“ bohrten, sägten und hämmerten die Mädchen, die Buben wischten Staub und putzten Fenster. „Sie waren allesamt mit Begeisterung dabei“, berichtet Mona-Net-Geschäftsführerin Jutta Zagler, die das Projekt betreut. „Die Kinder sollen ein differenziertes und vielfältiges Bild von den möglichen Rollen von Frauen und Männern kennenlernen können, eine Geschlechtsidentität entwickeln, mit der sie sich wohlfühlen, die sie nicht in ihren Interessen beschränkt“. Für Mag. Karina Rinhofer, Leiterin des Referats für Frauenangelegenheiten, zählt ein weiterer Aspekt: „Die Kinder tragen die neugewonnenen Erfahrungen in ihre Familien, das bewirkt schließlich auch bei den Eltern ein Umdenken“.

Verankerung im Lehrplan
Das Projekt läuft noch bis 1.9.2016, danach wird evaluiert. Eine Materialiensammlung und ein Lehrkoffer für den Unterricht sind bereits entwickelt worden, bereits demnächst sollen die Erfahrungen in den Lehrplan der Kindergartenschulen und der Pädagogischen Hochschule einfließen, diesbezügliche Gespräche mit dem Frauen- und Bildungsministerium laufen. Einen Ratgeber soll es auch für die Eltern geben, eine Materialiensammlung, Spiele und Literatur zum Thema werden auf der Homepage www.mona-net.at veröffentlicht werden. Die Kosten für die gesamte Laufzeit betragen 75.000 Euro, die aus dem Additionalitätenprogramm finanziert werden.

 

 

 

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