EU-Kommission schlägt Reform des Europäischen Asylsystems vor

 

erstellt am
07. 04. 16
11:00 MEZ

Asylbewerber künftig fairer auf die Mitgliedstaaten verteilen
Die EU-Kommission hat am 06.04. die Diskussion über eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems angestoßen
Brüssel (ec) - Ziel ist, Asylbewerber künftig fairer auf die Mitgliedstaaten zu verteilen und europaweit gleiche Bedingungen für Asylbewerber zu schaffen. "Unser gegenwärtiges Konzept ist nicht zukunftsfähig", sagte der Erste Kommmissionsvizepräsident, Frans Timmermans. "Unterschiedliche nationale Herangehensweisen fördern das Asylshopping und die irreguläre Migration, während die Dublin-Regeln einigen wenigen Mitgliedstaaten zu viel Verantwortung aufbürden, wie die aktuelle Krise zeigt." Zudem legte die Kommission eine Strategie für eine besser gesteuerte legale Zuwanderung vor. Die Kommission wird die aussichtsreichsten Optionen mit den Regierungen und dem Europäischen Parlament beraten und dann entsprechende Legislativvorschläge unterbreiten. Außerdem hat die EU-Kommission heute einen Vorschlag für ein Ein-/Ausreisesystem vorgelegt, mit dem das Management der Außengrenzen modernisiert werden soll.

EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos sagte: "Die Mobilität der Menschen ist im 21. Jahrhundert nicht mehr wegzudenken. Um den damit verbundenen Herausforderungen zu begegnen, braucht Europa ein solides und wirksames Gemeinsames Europäisches Asylsystem unter Einschluss von Dublin, das fair ist für alle: für die Mitgliedstaaten, die Bürgerinnen und Bürger der EU, die Migranten und die Herkunfts- und Transitländer. Die EU wird weiter in ihre Erwerbsbevölkerung investieren und gegen die Arbeitslosigkeit kämpfen, aber Europa braucht auch bessere legale und sichere Einreisemöglichkeiten für Menschen, die bei uns Schutz suchen oder arbeiten wollen. Europa braucht qualifizierte Arbeitskräfte aus anderen Ländern, um wirtschaftlich weiter zu wachsen. Reformen in diese Richtung sind eine unabdingbare Ergänzung zu unseren Bemühungen um eine Reduzierung der irregulären Migration nach Europa und innerhalb Europas und um den Schutz unserer Außengrenzen. Schließlich wird Vielfalt in vielen Städten und Gemeinden immer mehr zu einem Wesensmerkmal – wir sollten dies annehmen und in eine Chance verwandeln."

Eine faire und einheitliche Asylpolitik
Die Kommission hat fünf vorrangige Bereiche identifiziert, in denen das Asylsystem der EU struktureller Verbesserungen bedarf:

  • Einführung eines tragfähigen, fairen Systems zur Bestimmung des für die Prüfung von Asylanträgen zuständigen Mitgliedstaates: Um das hohe künftige Aufkommen von Asylbewerbern und Flüchtlingen besser zu bewältigen und eine faire Lastenteilung zu gewährleisten, könnte die Kommission eine Änderung der Dublin-Verordnung entweder durch Straffung und Ergänzung mit einem Lastenteilungsverfahren oder durch Umstellung auf einen dauerhaften Verteilungsschlüssel vorschlagen.
  • Herstellung größerer Konvergenz im EU-Asylsystem und Verminderung des Asylshoppings: Die Kommission wird eine weitere Harmonisierung der Asylverfahren vorschlagen, um EU-weit mehr Gleichbehandlung und Anreize zu beseitigen, Asyl vor allem in einigen wenigen Mitgliedstaaten zu suchen.
  • Verhinderung von Sekundärbewegungen innerhalb der EU: Um sicherzustellen, dass das Dublin-Verfahren nicht durch Missbräuche und Asylshopping unterlaufen wird, könnte die Kommission Maßnahmen vorschlagen, um irregulären Sekundärbewegungen vorzubeugen oder sie zu ahnden.
  • Ein neues Mandat für die EU-Asylagentur: Die Kommission könnte eine Änderung des Mandats des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen vorschlagen, damit es an der Umsetzung der Politik mitwirken und eine stärkere operative Rolle einnehmen kann.
  • Stärkung des Eurodac-Systems: Um die Anwendung der reformierten Dublin-Vorschriften zu flankieren, könnte die Kommission vorschlagen, das Eurodax-System anzupassen und für weitere Zwecke wie die Bekämpfung irregulärer Migration, eine bessere Speicherung und Weitergabe von Fingerabdrücken oder die Erleichterung von Rückführungen zu öffnen.


Sichere und legale Migrationswege
Die Kommission wird mehrere Maßnahmen in den Bereichen legale Einwanderung und Integration angehen, u.a.:

  • Ein strukturiertes System für die Neuansiedlung: Die Kommission wird einen Vorschlag zur Ausgestaltung der EU-Politik im Bereich der Neuansiedlung vorlegen. Vorgesehen ist ein horizontaler Mechanismus mit gemeinsamen EU-Regeln zur Aufnahme und Verteilung, zum Status neuangesiedelter Personen, zur finanziellen Unterstützung sowie zu Maßnahmen, die die Sekundärmigration eindämmen sollen.
  • Eine Reform der Richtlinie über die „Blaue Karte EU“: Die Rolle der Richtlinie in einer EU-weiten Einwanderungspolitik könnte durch einheitliche Vorschriften u. a. für flexibliere Zulassungsvoraussetzungen, verbesserte Zulassungsverfahren und mehr Rechte für hochqualifizierte Drittausländer gefestigt werden.
  • Die Kommission wird einen EU-Aktionsplan zur Integration vorlegen.


Modernisierung der Außengrenzen
Die Europäische Kommission legte heute zudem ihren überarbeiteten Vorschlag für eine Verordnung über ein Einreise-/Ausreisesystem vor, das die Grenzkontrollverfahren für Nicht-EU-Bürger, die in die EU reisen, modernisieren soll. Aufgrund des vorgeschlagenen Einreise-/Ausreisesystems wird es möglich sein, wirksamer zu kontrollieren, ob die zulässige Dauer bei Kurzaufenthalten eingehalten wird, Grenzkontrollen stärker zu automatisieren und Dokumenten- und Identitätsbetrug leichter aufzudecken.

So sollen in dem System alle Nicht-EU-Bürger registriert werden, die für einen Kurzaufenthalt (von höchstens 90 Tagen in einem Zeitraum von 180 Tagen) in den Schengen-Raum einreisen dürfen. Erfasst werden der Name des Reisenden, die Art des Reisedokuments, biometrische Daten sowie der Zeitpunkt und der Ort der Ein- und der Ausreise. Das Einreise-/Ausreisesystem wird das derzeitige System des manuellen Abstempelns von Reisepässen ersetzen, das zeitaufwändig ist, keine verlässlichen Daten zu Grenzübertritten liefert, die Aufdeckung von Aufenthaltsdauer-Überschreitungen nicht ermöglicht und keine Lösung für den Fall bietet, dass Reisedokumente verloren gehen oder vernichtet werden.

In einer zusätzlichen Mitteilung hat die EU-Kommission die Debatte über den künftigen Rahmen für solidere und intelligentere Informationssysteme für das Grenzmanagement und mehr Sicherheit angestoßen. Die Mitteilung enthält Maßnahmen zur Verbesserung der Funktionsweise und der Interoperabilität der bestehenden Informationssysteme sowie potenzieller neuer Systeme, mit denen Informationslücken geschlossen werden sollen.


 

 Ostermayer: Vorschläge der EU-Kommission gehen in die richtige Richtung
Jetzt rasche und effektive Umsetzung – Solange neues Modell noch nicht existiert, nationale Maßnahmen unabdingbar
Wien (bpd) - Als "Schritt in die richtige Richtung" wertet Kanzleramtsminister Josef Ostermayer die heute von der EU-Kommission präsentierten Vorschläge zur Reform des europäischen Asylsystems. "Im Papier der EU-Kommission sind Kernelemente jenes Modells enthalten, das wir bereits im November des vergangenen Jahres vorgeschlagen haben. Entscheidend wird jetzt sein, dass es zu einer raschen und effektiven Umsetzung des Plans kommt. Solange das aber noch nicht der Fall ist, sind die Maßnahmen, die wir in Österreich vorgesehen haben, unabdingbar", betonte der Bundesminister.

Die von der EU-Kommission vorgestellten Eckpunkte würden auf jeden Fall eine Verbesserung zum Status-Quo bedeuten, so der Minister. Konkret nennt Ostermayer die Etablierung eines fairen Verteilungsmechanismus, wofür es auch geeignete Rahmenbedingungen brauche - also eine stärkere Harmonisierung des europäischen Asylrechts, etwa in Hinblick auf unterschiedliche Anerkennungsquoten in verschiedenen Mitgliedsstaaten, sowie eine raschere Aufteilung in den zuständigen Mitgliedstaaten. Zudem bedürfe es auch klarer Signale, dass nur im zuständigen Staat Asylverfahren abgewickelt werden und dort auch Anspruch auf Versorgung und Unterstützung besteht.

"Dass das System in seiner jetzigen Form nicht funktioniert, haben die letzten Monate nur allzu deutlich gezeigt. Jetzt gilt es, Nägel mit Köpfen zu machen und so schnell wie möglich neue Regelungen umzusetzen. Wenn die dringend notwendigen Neuerungen weiterhin auf die lange Bank geschoben werden, wird auch eine Lösung der Problematik in immer weitere Ferne rücken", macht der Minister deutlich.


 

 Karas: EU muss in Migrationsfragen handlungsfähiger gemacht werden
ÖVP-Becker: "Einheitliches EU-Asylsystem erfordert Solidarität unter den Mitgliedstaaten"
Brüssel/Wien (övp-pd) - Die ÖVP-Europaabgeordneten begrüßen den heutigen Vorschlag der Europäischen Kommission, Asylverfahren künftig auf europäischer Ebene führen zu lassen. "Die EU muss in Migrationsfragen handlungsfähiger gemacht werden. Bisher hat sie kaum Zuständigkeiten, wird aber für die Fehler im System verantwortlich gemacht", so der Europaabgeordnete Othmar Karas am 06.04. in Brüssel.

"Der heutige Gesetzesvorschlag ist ein wichtiger Schritt. Nur mit mehr EU in diesem Bereich können wir die Herausforderungen bewältigen und die Schwächen beseitigen. Ich fordere die Mitgliedstaaten auf, nicht neuerlich zu blockieren, sondern den Vorschlag rasch zu beschließen", betonte Karas.

Zusätzlich seien aber weitere Harmonisierungsmaßnahmen in anderen Bereichen notwendig. "Wir brauchen auch einen gemeinsamen Außengrenzschutz, eine legale Migrationspolitik, eine europäische Fluggastdatenauswertung, einen EU-Geheimdienst, nicht nur Asylverfahren", so der Europapolitiker.

Heinz K. Becker, Sicherheitssprecher der ÖVP im EU-Parlament, pocht auf eine faire Lastenverteilung auf alle EU-
Mitgliedsstaaten. "Wir wollen ein einheitliches EU-Asylsystem,
dazu gehört auch einheitliche Solidarität unter den Mitgliedstaaten. Ob ein Fairness-Mechanismus oder ein vorher festgelegter Verteilungsschlüssel besser geeignet sind, werden wir in den Verhandlungen des Gesetzesvorschlags klären", so der ÖVP-Politiker.


 

Darmann: Regierung verrät Interessen Österreichs…
… und redet der asylpolitischen Besachwalterung durch die EU das Wort – Asyl- und Fremdenwesen hat nationale Zuständigkeit zu bleiben
Wien (fpd) - „Die einzige Antwort, die eine österreichische Bundesregierung dem asyl- und fremdenpolitischen Entmündigungsversuch der EU-Kommission zu geben hätte, wäre ein klares 'Nein, es reicht!' Aber die Regierung redet einem gemeinsamen Asylrecht und damit der asyl- und fremdenpolitischen Besachwalterung Österreichs durch die EU sogar noch das Wort. Das ist Verrat an Österreich und seiner Bevölkerung. Diese Regierung ist rücktrittsreif“, erklärte FPÖ-Sicherheitssprecher NAbg. Mag. Gernot Darmann.

„Die EU-Kommission hat eine rote Linie überschritten. Es kann nicht sein, dass ein italienischer, griechischer oder spanischer Beamter darüber entscheidet, wer in Österreich Asyl zu bekommen hat. Asyl-und Fremdenwesen hat nationale Zuständigkeit zu bleiben. Wir lassen uns nicht von der EU gegen die Interessen der eigenen Bevölkerung den letzten Rest an Souveränität nehmen, schon gar nicht in der Frage des Asyl- und Fremdenwesens. Wenn Faymann, Mitterlehner, Mikl-Leitner, Doskozil und Co. ihre Verantwortung gegenüber der eigenen Bevölkerung auch nur ansatzweise ernst nehmen würden, müsste das die klare Botschaft sein“, betonte Darmann.

In Wahrheit sei mit diesem Vorstoß der EU-Kommission nun endgültig die Katze aus dem Sack: „Bereits vor Monaten haben wir davor gewarnt, dass die Einrichtung von Hot-Spots der erste Schritt zu einer Vereinheitlichung des Asyl- und Fremdenwesens sein wird. Die EU versenkt Europa bewusst im Chaos der neuen muslimischen Völkerwanderung. Denn statt Lösungen im Sinne der eigenen Bürger zu treffen, nutzen die Eurokraten diese Situation als Träger-Rakete für die Totalbesachwalterung der Nationalstaaten und ihrer Bürger - und die österreichische Regierung macht hier eifrig mit“,


 

 Korun: Bei überfälliger „Dublin-Reform“ nicht auf halbem Weg stehenbleiben
Grüne zu geplanter Asyl-Harmonisierung: Es braucht gemeinschaftlich finanzierte Aufnahme, rasche und faire Aufteilung auf 28 EU-Länder
Wien (grüne) - „Dass die Kommission das tote und unsolidarische Dublin-System grundlegend reformieren möchte, ist sehr zu begrüßen. Die absurde Situation von 28 unterschiedlichen Asylsystemen in ein und demselben Rechtsraum, nämlich der EU, muss rasch geändert werden. Hier wird sich auch zeigen, ob die österreichische Bundesregierung wirklich ein gemeinsames Asylsystem und Solidarität unterstützt, wie sie das vor einem Jahr behauptete, oder aber die Reform hin zu einem solidarischen System bremst, wie es die Innenministerin seit gestern andeutet. Volle Kraft voraus für die gemeinsam finanzierte Aufnahme, die solidarische Aufteilung und eine gemeinsame Integrationspolitik statt des Dublin-Systems", äußert sich Alev Korun, Menschenrechtssprecherin der Grünen, zu den aktuellen Vorschlägen in der EU-Asyl-Harmonisierung.


 

Lugar: Nein zu zentralisiertem Asylverfahren
Mit Überreglementierung durch die EU muss Schluss sein
Wien (str) - „Aus dem „Friedensprojekt“ der EU ist ein Verwaltungsapparat entstanden, der alle Mitgliedsstaaten ihrer Souveränität berauben will. Was – viel belächelt – mit der Gurkenkrümmung begonnen hat, greift bereits in die Bevölkerungsstruktur ein - damit muss Schluss sein!“, verlangt Team Stronach Klubobmann Robert Lugar. Die jüngsten Pläne der EU-Kommission, Asylverfahren künftig zu zentralisieren und die Mitgliedsstaaten weiter zu entmachten, „ist ganz klar abzulehnen. Diesem Versuch einer Einmischung in die innerstaatlichen Angelegenheiten muss ein Riegel vorgeschoben werden!“, so Lugar.

Schon der Deal mit der Türkei „ist ein Paradebeispiel dafür, wie man es nicht macht“, mahnt Lugar. Denn für jeden Flüchtling, der von Griechenland in die Türkei zurückgebracht wird, „sucht Erdogan Flüchtlinge aus, die er in seinem Land nicht brauchen kann – und die schickte er dann uns. Das alles um Kosten in der Höhe von 6 Mrd. Euro und Zugeständnisse wie Visafreiheit“, kritisiert der Team Stronach Klubobmann.

„Es muss jedem Staat freigestellt sein, selbst zu bestimmen, welche Asylwerber und Zuwanderer aufgenommen werden“, erinnert Lugar. Die EU habe sich in diese Entscheidung nicht einzumischen, fordert Lugar.


 

Mlinar/Scherak: Asyl-Harmonisierung muss rasch umgesetzt werden
„Österreichs Minister sind nun auf EU-Ebene gefordert, eine rasche Realisierung voranzutreiben“
Wien (neos) - NEOS-Europaabgeordnete Angelika Mlinar und NEOS-Menschenrechtssprecher Niki Scherak begrüßen die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Optionen für die Harmonisierung der Asylsysteme in der Europäischen Union. „Auch wenn die von der Kommission vorgeschlagenen Optionen noch sehr vage sind, geht der Weg in die richtige Richtung. Schon seit der Europawahl 2014 fordere ich ein einheitliches europäisches Asylsystem. Nur auf diesem Wege können wir die derzeitige Krise gemeinsam lösen und flüchtenden Menschen ein Leben in Sicherheit bieten. Jedoch darf weiterhin die Bekämpfung der Fluchtursachen vor Ort und die Unterstützung der besonders betroffenen Länder nicht außer Acht gelassen werden“, erklärt Mlinar, die sich zurzeit zu politischen Gesprächen im Libanon aufhält.

„Eine Überarbeitung des längst nicht mehr funktionierenden Dublin-Systems war und ist längst überfällig, daher ist das Aktivwerden der Kommission sehr zu begrüßen“, kommentiert Niki Scherak. „Leider hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass auf Freiwilligkeit basierende Verteilungsmechanismen in der EU nicht funktionieren. Die EU-28 müssen nun rasch einen konkreten Mechanismus ausarbeiten, der eine faire Verteilung von Flüchtlingen auf alle EU-Staaten vorsieht - nur so kann ein gemeinsames europäisches Asylsystem endlich funktionieren.“

Beide NEOS-Abgeordnete unterstreichen, dass die österreichische Regierung nun gefordert ist, sich auf EU-Ebene als Vorreiter für diese Vorschläge stark zu machen.

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