Interstellares Eisen in der Tiefsee gefunden

 

erstellt am
07. 04. 16
11:00 MEZ

Nachweis mehrerer Supernova-Explosionen in Erdnähe
Wien (universität) - Einem internationalen ForscherInnenteam unter Federführung von Anton Wallner von der Australian National University ist es gelungen, die interstellaren Überreste mehrerer Supernova-Explosionen am Meeresgrund von drei Ozeanen nachzuweisen. Die neuen Daten aus verschiedenen Tiefseearchiven zeigen, dass das Material von massereichen Sternen außerhalb unseres Sonnensystems kommen muss. Die PhysikerInnen, u.a. die Isotopenforscher Robin Golser und Peter Steier von der Universität Wien, konnten zudem beweisen, dass nicht eine, sondern mehrere Supernovae in den letzten zehn Millionen Jahren ihre Spuren auf der Erde hinterlassen haben. Diese Ergebnisse wurden am 06.04. im renommierten Fachmagazin "Nature" veröffentlicht.

Am Ende ihres Lebens produzieren massereiche Sterne viele neue Elemente, unter anderem auch langlebige radioaktive Atome, die über Millionen von Jahren zerfallen. Dazu gehört auch das Eisenisotop Fe-60 mit einer Halbwertszeit von 2,6 Millionen Jahren, das auf der Erde praktisch nicht natürlich vorkommt. Massereiche Sterne enden ihr Dasein mit einer sogenannten Supernova-Explosion. Explodiert der Stern, werden die frisch produzierten Elemente und somit auch Fe-60 in großen Mengen ins Weltall geschleudert. Geschieht dies nahe genug an unserem Sonnensystem, besteht die Möglichkeit, dass Teile davon auf die Erde gelangen.

Ein erster Hinweis, dass Supernova-Material in Erdarchiven zu finden ist, war vor mehr als zehn Jahren einer Forschungsgruppe von der TU München gelungen, als sie extraterrestrisches Fe-60 in sehr geringen Konzentrationen in Mangankrusten vom Grund des Pazifischen Ozeans nachwiesen. Doch erst jetzt konnte ein internationales ForscherInnenteam aus Australien, Deutschland, Österreich, Israel und Japan herausfinden, dass eine Serie von Sternenexplosionen für den Eisenstaub auf unserer Erde verantwortlich ist.

ForscherInnen der Universität Wien, der Australian National University (ANU), des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR), der Hebrew Universität in Jerusalem und der Universität Tokio untersuchten dazu den Isotopengehalt von Spurenisotopen und das Alter von einer Serie an Tiefseeproben aus dem Pazifik, dem Südatlantik und dem Indischen Ozean. Als Proben dienten Sedimente, Manganknollen und Mangankrusten. Sie entstehen, indem sich Materialschichten nach und nach ablagern. Dabei konservieren sie die Zusammensetzung ihrer Umgebung über Millionen von Jahren hinweg und gelten deshalb als geologische Archive.

Unter Leitung des Physikers Anton Wallner von der Australian National University konnte das Team nachweisen, dass sich Fe-60 in bestimmten Altersschichten in all diesen Tiefseearchiven befand. Außerdem fand sich in allen Archiven ein ähnliches Zeitmuster. Das Alter der Schichten wurde mit Hilfe von terrestrischen Radioisotopen, des Berylliumisotops Be-10 und des Aluminiumisotops Al-26 bestimmt: Fe-60-Atome hatten sich in gleich mehreren Altersschichten eingelagert – in solchen mit einem Alter von 1,7 bis 3,2 sowie in einem zusätzlichen früheren Zeitbereich zwischen 6,5 und 8,7 Millionen Jahren. Überraschenderweise waren die Signale über einen viel längeren Zeitbereich hinweg nachzuweisen als ursprünglich erwartet. Das bedeutet, dass unsere Erde in der Vergangenheit Zeugin mehrerer Supernova-Explosionen gewesen sein musste.

Der Nachweis der radioaktiven Isotope gelang mit Hilfe der Beschleunigermassenspektrometrie. Mit dieser Methode sind ForscherInnen in der Lage, extrem niedrige Isotopenkonzentrationen zu bestimmen. Die Messung ist so empfindlich, dass unter einer Billiarde stabiler Eisenatome von der Erde ein einziges extraterrestrisches Fe-60-Atom identifiziert werden kann.

Um das Alter der Proben zu bestimmen, nutzten die ForscherInnen das Beschleunigermassenspektrometer VERA (Vienna Environmental Research Accelerator) an der Fakultät für Physik der Universität Wien. "Mit Hilfe von VERA können wir die Beryllium- und Aluminiumisotope mit einer weltweit bisherig einmaligen Sensitivität nachweisen", beschreiben Peter Steier und Robin Golser ihre sprichwörtliche Suche im "Heuhaufen". "VERA musste fast fünf Monate lang Be-10 und Al-26 Atome zählen, um die nötige Genauigkeit zu erreichen", ergänzt die Astrophysikerin Jenny Feige von der TU Berlin und ehemalige Mitarbeiterin bei VERA.

"Die Supernova-Explosionen selbst haben wohl zu einer erhöhten Intensität von kosmischer Strahlung geführt. Sie waren glücklicherweise weit genug entfernt, so dass es keine direkten Auswirkungen auf das organische Leben auf der Erde gab", erklärt der Erstautor Anton Wallner, der dieses Projekt an der Universität Wien mit Förderung vom FWF und der European Science Foundation (ESF) startete und jetzt als Gruppenleiter an der australischen Nationaluniversität forscht.

Mit einer geschätzten Entfernung von rund 300 Lichtjahren waren diese Supernova-Explosionen so hell, dass sie auch bei Tageslicht sichtbar waren und eine Helligkeit vergleichbar mit unserem Mond erreichten.

 

 

 

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