CEE-EU könnte heuer das Ergebnis von 2015 wiederholen, als das regionale Bruttoinlandsprodukt
mit der höchsten Geschwindigkeit seit der globalen Finanzkrise wuchs
Wien unicredit) - Den jüngsten Turbulenzen auf den weltweiten Finanzmärkten zum Trotz hat Zentral-
und Osteuropa (CEE) das Jahr 2016 stark begonnen, die Geschäftstätigkeit in der Region nimmt an Fahrt
auf und die lokalen Finanzmärkte erweisen sich als widerstandsfähig. Während das Wachstum in der
Eurozone anhält, die EZB eine neue Runde ihres Anleihenkaufprogrammes einläutet und die Fed ihren friedvollen
Kurs weiterführt, sollte das Wirtschaftswachstum heuer alle CEE-Länder erfassen und sich 2017 mit
ähnlichem Tempo fortsetzen. Laut dem aktuellen „CEE Quarterly“ des Bereiches Economics & FX / FI Research
in der UniCredit wird diese Entwicklung insbesondere durch die anhaltende Erholung der Inlandsnachfrage getrieben.
Das Wachstum wird indes in Tempo und Nachhaltigkeit von Land zu Land variieren. Im Vorjahr ist das Bruttoinlandsprodukt
in CEE-EU[1] am schnellsten seit der globalen Finanzkrise gewachsen und die Subregion erscheint auf Schiene, diese
Leistung 2016 zu wiederholen.
Angefeuert durch Sorgen über China, die globalen Wachstumsaussichten und die Gesundheit des europäischen
Bankensektors haben die Finanzmärkte zu Jahresbeginn größere Turbulenzen erlebt. Obwohl es keine
greifbaren Hinweise auf eine bevorstehende Rezession gab, hatte der weltweite Abverkauf von Vermögenswerten
deutlichen Einfluss auf die Schwellenmärkte. Denn die Märkte haben sich zwar auf Grund der erwiesenen
Wirtschaftskraft Europas, der USA und Chinas sowie eines weiteren Durchgangs des Anleihenkaufprogrammes
der EZB zuletzt beruhigt, doch der globale Ausblick für die Schwellenmärkte ist unsicherer geworden.
Vor diesem Hintergrund ragte CEE-EU mit einem begrenzten Abschwung und einer raschen Erholung als eine Insel der
Stabilität heraus. Das Wachstum hat sich zudem in der Türkei, Serbien und Kroatien verfestigt, wobei
es in den beiden letztgenannten Ländern mangels politischen Spielraums durch hohe Steuerdefizite und Schulden
gedämpft wurde. In der Türkei wurde das Wachstum durch eine expansive Steuer- und Geldpolitik getrieben.
Die Rezession in Russland und in der Ukraine hat sich abgeschwächt.
“Anders als in anderen Teilen der Region war die Ausweitung der Inlandsnachfrage in CEE-EU nicht von einem Aufbau
makroökonomischer Ungleichgewichte begleitet. Dies hat es den lokalen Verwaltungen ermöglicht, eine wachstumsfördernde
Politik zu verfolgen, ohne die finanzielle Stabilität aufs Spiel zu setzen. Die starke Ausweitung der
Inlandsnachfrage hat den Erträgen einen wichtigen zyklischen Impuls gegeben, dank höherer EU-Transferleistungen
konnten die Regierungen die öffentlichen Investitionen ankurbeln, ohne ihre Defizitziele zu riskieren“, sagt
Lubomir Mitov, CEE-Chefökonom der UniCredit, „CEE-EU konnte wegen solider außenwirtschaftlicher
Positionen am stärksten vom weltweit ultra-niedrigen Zinsumfeld und der reichlichen Liquidität profitieren
und hat gleichzeitig ihre Geldpolitik mit rekordtiefen Zinssätzen akkommodativ und die Währungen stabil
gehalten.“
Kurzfristiger Ausblick bleibt freundlich, Raum für wachstumsfördernde Politik wird schrumpfen
Die Analysten der UniCredit halten unverändert an ihrer optimistischen Kurzfristprognose fest. Trotz der erhöhten
Marktvolatilität zu Jahresbeginn bestätigen sie den Wachstumsausblick für die Eurozone von plus
1,7 Prozent 2016, der über dem Konsensus liegt. Aktuelle Ergebnisse des Einkaufsmanagerindexes sowie hochfrequente
Indikatoren wie Exporte, Aufträge und Industrieproduktion belegen, dass sich die Geschäftstätigkeit
in der Eurozone weiterhin mit einem robusten Tempo entwickelt. Dementsprechend sollte sich das Wachstum in der
gesamten CEE-Region weiter verbessern, wobei 2016 etwas besser als 2017 ausfallen wird. Der Raum für wachstumsfördernde
Politik wird heuer noch größer sein, zumal nächstes Jahr in einigen Ländern Spannungen auftreten
werden, die steuerliche Anpassungen und eine straffere Geldpolitik notwendig machen.
Insgesamt sollte das Wachstum in CEE-EU am stärksten und ausgewogener bleiben, aber auch in Kroatien und Serbien
wird es an Geschwindigkeit zulegen. Später im Jahresverlauf sollte das Wachstum auch in der Türkei aufholen,
wenn die politischen Spannungen abklingen und die Auswirkungen der 30-prozentigen Erhöhung bei den Mindestlöhnen
in der Wirtschaft ankommen. Sowohl Russland als auch Ukraine werden die Rezession hinter sich lassen, wobei die
Erholung uneben und langsam verlaufen wird, behindert durch offene Strukturreformen, die nötig sind, um das
potenzielle Wachstum voranzutreiben. Während die Erholung der Ölpreise den Rubel und russische Anleihen
unterstützen sollte, wird die Finanzpolitik zusehends zur zentralen Herausforderung. Die Ukraine wird in der
Zwischenzeit mit Schulden und Nachhaltigkeit kämpfen, bis das von Oligarchen dominierte politische Modell
entschärft ist.
„Die erwartete Erholung bei Bankkrediten wird einen weiteren wichtigen Anstoß für den Privatkonsum bieten,
der von besseren Arbeitsmärkten und höherem Lohnwachstum profitiert. Wir erwarten, dass die Bedeutung
von Darlehen für die Finanzierung der Wirtschaft zunimmt, bedenkt man die starken Kapitalpositionen, die reichliche
Liquidität, die sehr niedrigen Zinsen und die Anzeichen, dass die Entschuldung nach der globalen Finanzkrise
weitgehend ausgelaufen ist“, hält Lubomir Mitov fest.
Inflation in CEE-EU schwenkt auf nachhaltigen Aufwärtstrend ein
Das Wachstumsmuster wird nächstes Jahr voraussichtlich ähnlich sein, eventuell etwas schwächer,
zumal die Exporte mit der Nachfrage in der Eurozone nachgeben werden und ein stärkerer Euro die Wettbewerbsfähigkeit
gegenüber Drittländern schmälern wird. Andererseits sollte die Ausnutzung von EU-Fördermitteln
wieder steigen, was die Belastung durch die Nettoexporte großteils ausgleichen wird. Ein wichtiger Unterschied
wird 2017 der geringere politische Spielraum sein, da weltweit höhere Zinsen CEE-EU zu einer strafferen Geldpolitik
veranlassen und eine Reihe von Ländern mit der Notwendigkeit von finanzpolitischen Anpassungen konfrontieren
wird, um Verstöße gegen die Defizitgrenze von 3 Prozent des BIP zu vermeiden.
Trotz einer robusten Inlandsnachfrage wird der Preisdruck dieses Jahr begrenzt bleiben, überwiegend wegen
niedrigerer Öl- und Nahrungsmittelpreise sowie der importierten Deflation aus der Eurozone. Der Wendepunkt
bei den Konsumentenpreisen wird für das 2. Quartal 2016 erwartet, danach wird die Inflation auf einen nachhaltigen
Aufwärtstrend einschwenken. Das wird nicht nur den Entfall günstiger Basiseffekte widerspiegeln sondern
auch eine steigende Kerninflation, zumal der Ausstoß in den meisten CEE-EU Ländern über Potenzial
liegen wird. Trotzdem rechnen die UniCredit Analysten nicht damit, dass sich die Inflation vor dem späteren
Jahresverlauf 2017 den Zielwerten der Notenbank annähern wird, wenn Zinserhöhungen wieder auf die Agenda
gesetzt werden. In der Zwischenzeit werden sich die Notenbanken voraussichtlich zurückhalten. Eine weitere
geldpolitische Lockerung scheint nur noch in Polen möglich.
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