Wirtschaftswachstum soll dieses
 Jahr alle CEE-Länder erfassen

 

erstellt am
07. 04. 16
11:00 MEZ

CEE-EU könnte heuer das Ergebnis von 2015 wiederholen, als das regionale Bruttoinlandsprodukt mit der höchsten Geschwindigkeit seit der globalen Finanzkrise wuchs
Wien unicredit) - Den jüngsten Turbulenzen auf den weltweiten Finanzmärkten zum Trotz hat Zentral- und Osteuropa (CEE) das Jahr 2016 stark begonnen, die Geschäftstätigkeit in der Region nimmt an Fahrt auf und die lokalen Finanzmärkte erweisen sich als widerstandsfähig. Während das Wachstum in der Eurozone anhält, die EZB eine neue Runde ihres Anleihenkaufprogrammes einläutet und die Fed ihren friedvollen Kurs weiterführt, sollte das Wirtschafts­wachstum heuer alle CEE-Länder erfassen und sich 2017 mit ähnlichem Tempo fortsetzen. Laut dem aktuellen „CEE Quarterly“ des Bereiches Economics & FX / FI Research in der UniCredit wird diese Entwicklung insbesondere durch die anhaltende Erholung der Inlandsnachfrage getrieben. Das Wachstum wird indes in Tempo und Nachhaltigkeit von Land zu Land variieren. Im Vorjahr ist das Bruttoinlandsprodukt in CEE-EU[1] am schnellsten seit der globalen Finanzkrise gewachsen und die Subregion erscheint auf Schiene, diese Leistung 2016 zu wiederholen.

Angefeuert durch Sorgen über China, die globalen Wachstumsaussichten und die Gesundheit des europäischen Bankensektors haben die Finanzmärkte zu Jahresbeginn größere Turbulenzen erlebt. Obwohl es keine greifbaren Hinweise auf eine bevorstehende Rezession gab, hatte der weltweite Abverkauf von Vermögenswerten deut­lichen Einfluss auf die Schwellenmärkte. Denn die Märkte haben sich zwar auf Grund der erwiesenen Wirtschafts­kraft Europas, der USA und Chinas sowie eines weiteren Durchgangs des Anleihenkauf­programmes der EZB zuletzt beruhigt, doch der globale Ausblick für die Schwellenmärkte ist unsicherer geworden. Vor diesem Hintergrund ragte CEE-EU mit einem begrenzten Abschwung und einer raschen Erholung als eine Insel der Stabilität heraus. Das Wachstum hat sich zudem in der Türkei, Serbien und Kroatien verfestigt, wobei es in den beiden letztgenannten Ländern mangels politischen Spielraums durch hohe Steuerdefizite und Schulden gedämpft wurde. In der Türkei wurde das Wachstum durch eine expansive Steuer- und Geldpolitik getrieben. Die Rezession in Russland und in der Ukraine hat sich abgeschwächt.

“Anders als in anderen Teilen der Region war die Ausweitung der Inlandsnachfrage in CEE-EU nicht von einem Aufbau makroökonomischer Ungleichgewichte begleitet. Dies hat es den lokalen Verwaltungen ermöglicht, eine wachstumsfördernde Politik zu verfolgen, ohne die finanzielle Stabilität aufs Spiel zu setzen. Die starke Aus­weitung der Inlandsnachfrage hat den Erträgen einen wichtigen zyklischen Impuls gegeben, dank höherer EU-Transferleistungen konnten die Regierungen die öffentlichen Investitionen ankurbeln, ohne ihre Defizitziele zu riskieren“, sagt Lubomir Mitov, CEE-Chefökonom der UniCredit, „CEE-EU konnte wegen solider außenwirtschaft­licher Positionen am stärksten vom weltweit ultra-niedrigen Zinsumfeld und der reichlichen Liquidität profitieren und hat gleichzeitig ihre Geldpolitik mit rekordtiefen Zinssätzen akkommodativ und die Währungen stabil gehalten.“

Kurzfristiger Ausblick bleibt freundlich, Raum für wachstumsfördernde Politik wird schrumpfen
Die Analysten der UniCredit halten unverändert an ihrer optimistischen Kurzfristprognose fest. Trotz der erhöhten Marktvolatilität zu Jahresbeginn bestätigen sie den Wachstumsausblick für die Eurozone von plus 1,7 Prozent 2016, der über dem Konsensus liegt. Aktuelle Ergebnisse des Einkaufsmanagerindexes sowie hoch­frequente Indikatoren wie Exporte, Aufträge und Industrieproduktion belegen, dass sich die Geschäfts­tätigkeit in der Eurozone weiterhin mit einem robusten Tempo entwickelt. Dementsprechend sollte sich das Wachstum in der gesamten CEE-Region weiter verbessern, wobei 2016 etwas besser als 2017 ausfallen wird. Der Raum für wachstums­­fördernde Politik wird heuer noch größer sein, zumal nächstes Jahr in einigen Ländern Spannungen auftreten werden, die steuerliche Anpassungen und eine straffere Geldpolitik notwendig machen.

Insgesamt sollte das Wachstum in CEE-EU am stärksten und ausgewogener bleiben, aber auch in Kroatien und Serbien wird es an Geschwindigkeit zulegen. Später im Jahresverlauf sollte das Wachstum auch in der Türkei aufholen, wenn die politischen Spannungen abklingen und die Auswirkungen der 30-prozentigen Erhöhung bei den Mindestlöhnen in der Wirtschaft ankommen. Sowohl Russland als auch Ukraine werden die Rezession hinter sich lassen, wobei die Erholung uneben und langsam verlaufen wird, behindert durch offene Strukturreformen, die nötig sind, um das potenzielle Wachstum voranzutreiben. Während die Erholung der Ölpreise den Rubel und russische Anleihen unterstützen sollte, wird die Finanzpolitik zusehends zur zentralen Herausforderung. Die Ukraine wird in der Zwischenzeit mit Schulden und Nachhaltigkeit kämpfen, bis das von Oligarchen dominierte politische Modell entschärft ist.

„Die erwartete Erholung bei Bankkrediten wird einen weiteren wichtigen Anstoß für den Privatkonsum bieten, der von besseren Arbeitsmärkten und höherem Lohnwachstum profitiert. Wir erwarten, dass die Bedeutung von Darlehen für die Finanzierung der Wirtschaft zunimmt, bedenkt man die starken Kapitalpositionen, die reichliche Liquidität, die sehr niedrigen Zinsen und die Anzeichen, dass die Entschuldung nach der globalen Finanzkrise weit­gehend ausgelaufen ist“, hält Lubomir Mitov fest.

Inflation in CEE-EU schwenkt auf nachhaltigen Aufwärtstrend ein
Das Wachstumsmuster wird nächstes Jahr voraussichtlich ähnlich sein, eventuell etwas schwächer, zumal die Exporte mit der Nachfrage in der Eurozone nachgeben werden und ein stärkerer Euro die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Drittländern schmälern wird. Andererseits sollte die Ausnutzung von EU-Fördermitteln wieder steigen, was die Belastung durch die Nettoexporte großteils ausgleichen wird. Ein wichtiger Unterschied wird 2017 der geringere politische Spielraum sein, da weltweit höhere Zinsen CEE-EU zu einer strafferen Geldpolitik veranlassen und eine Reihe von Ländern mit der Notwendigkeit von finanzpolitischen Anpassungen konfrontieren wird, um Verstöße gegen die Defizitgrenze von 3 Prozent des BIP zu vermeiden.

Trotz einer robusten Inlandsnachfrage wird der Preisdruck dieses Jahr begrenzt bleiben, überwiegend wegen niedrigerer Öl- und Nahrungsmittelpreise sowie der importierten Deflation aus der Eurozone. Der Wendepunkt bei den Konsumentenpreisen wird für das 2. Quartal 2016 erwartet, danach wird die Inflation auf einen nach­haltigen Aufwärtstrend einschwenken. Das wird nicht nur den Entfall günstiger Basiseffekte widerspiegeln sondern auch eine steigende Kerninflation, zumal der Ausstoß in den meisten CEE-EU Ländern über Potenzial liegen wird. Trotzdem rechnen die UniCredit Analysten nicht damit, dass sich die Inflation vor dem späteren Jahresverlauf 2017 den Zielwerten der Notenbank annähern wird, wenn Zinserhöhungen wieder auf die Agenda gesetzt werden. In der Zwischenzeit werden sich die Notenbanken voraussichtlich zurückhalten. Eine weitere geldpolitische Lockerung scheint nur noch in Polen möglich.

 

 

 

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