Linz (lk) - Im November 2015 wurde der Neubau der Bruckneruniversität feierlich eröffnet. Mit dem
Einbau der neuen Orgel im Kleinen Saal im Februar 2016 sind nun alle vier Konzertsäle fertig ausgestattet.
Orgelunterricht und Aufführungen können ab sofort im Haus erfolgen. Von 4. bis 9. April 2016 wird das
in Anlehnung an den französisch-romantischen Orgelbauer Aristide Cavaillé-Coll errichtete neue Instrument
mit einer Orgelwoche feierlich eingeweiht. "Die neue Bruckneruniversität als einer der architektonisch
spektakulärsten Kulturbauten des Landes erfährt mit der neuen Orgel eine weitere Aufwertung. Die Investition
in diese Orgel ist eine Investition in die Ausbildung von begabten jungen Menschen und damit in die Zukunft des
Landes. Umso mehr freue ich mich, dass dieses Projekt, auch dank großzügiger Unterstützung von
Partnern aus der Wirtschaft, so erfolgreich umgesetzt werden konnte", so Landeshauptmann Josef Pühringer.
Landeskulturdirektor Mag. Reinhold Kräter ergänzt: "An der Bruckneruniversität ist ein neuer
Veranstaltungsort für Orgelwerke des 19. bis ins 20. Jahrhundert entstanden, der die oberösterreichische
Orgellandschaft und deren weitere Entwicklung nachhaltig prägen wird und die Bruckneruniversität über
den Studienbetrieb hinaus für die Öffentlichkeit als Veranstaltungsort attraktiv macht."
Ein neues Haus der Künste. Eine neue Orgel.
Die neue Universität als Resonanzraum für Kunst ist um eine Facette reicher geworden:
"Mit dem Einbau der neuen Konzertorgel wird das Spektrum der Musikinstrumente, das an der Universität
gelehrt wird und das von den Orchesterinstrumenten über die Tasteninstrumente bis zu den Instrumenten der
Volksmusik und des Jazz reicht, auch architektonisch sichtbar komplettiert", freut sich Rektorin Ursula Brandstätter
anlässlich der Fertigstellung der neuen Orgel im Haus. "Das Zusammentreffen von alt und neu, wie es im
Kleinen Saal nun architektonisch erlebbar wird, spiegelt in gewisser Weise ein grundsätzliches Spannungsfeld,
in dem sich Musikuniversitäten heute bewegen", erklärt Brandstätter weiter. Als Orte der Pflege
des kulturellen Erbes, aber auch der kulturellen Zukunft sind Musikuniversitäten der Auseinanderzeitung mit
den vielfältigen Erscheinungsformen von Musik in Geschichte und Gegenwart verpflichtet. "Und so steht
die neue Konzertorgel der Bruckneruniversität einerseits für eine bestimmte Entwicklungsphase der Musik,
andererseits gibt sie Interpret/innen wie Hörer/innen die Möglichkeit, das historisch Gewordene neu und
aktuell zu realisieren und zu erleben", so Brandstätter.
Schwerpunkt französische und deutsche Orgelmusik ab 1850
Die nahezu einzigartige Orgellandschaft Oberösterreichs mit ihrem Spektrum an wertvollen, restaurierten historischen
Instrumenten (etwa 1620 bis 1920) wird durch die neue Orgel der Anton Bruckner Privatuniversität vervollständigt.
"Bei der Auswahl unserer neuen Orgel wurde nach einem Orgelbauer gesucht, der imstande ist, ein Instrument
in französisch-romantischem Stile technisch und klanglich überzeugend zu bauen. Dies betrifft vor allem
die Intonation der Pfeifen und die innere Konstruktion", erklärt Brett Leighton, Professor für Orgel
an der Bruckneruniversität und Mitglied der Auswahlkommission. In der Firma Freiburger Orgelbau Hartwig und
Tilmann Späth aus Freiburg in
Deutschland fand man nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren den idealen Orgelbauer für dieses Instrument.
"Die Orgel soll sowohl dem Klangbild als auch der technischen Anlage nach imstande sein, die Orgelmusik ab
etwa 1850 darzustellen und gibt den Studierenden die Möglichkeit, vor allem das französische und deutsche
Repertoire dieser Zeit im Unterricht zu erarbeiten und aufzuführen. Dies war bis dato in unserer Region nicht
möglich. Mit ihrer Platzierung im Kleinen Saal soll das Instrument bei Konzerten, Klassenabenden und Kursen
für Orgel solo und im Ensemble verwendet werden."
Herausfordernde Konstruktion
Die neue Orgel der Anton Bruckner Privatuniversität ist eine Nachempfindung des romantischen, sinfonischen
Orgeltyps der 1860er Jahre, der sich optisch und klanglich nach dem stilbildenden französischen Orgelbaumeister
Aristide Cavaillé-Coll ausrichtet. "Das Klangideal orientiert sich am Sinfonieorchester, das an Lautstärke
und Fülle zunehmen kann, ohne die Klangfarbe wesentlich zu ändern", erläutert Intonateur Reiner
Janke. Um dieses Klangideal erreichen zu können braucht man intensive Flöten, einen homogenen Principalchor
singende Streicher sowie kraftvolle Zungen, die sich vor allem in der tiefen Lage auswirken. Intensive Studien
an vielen Originalinstrumenten waren notwendig, um diese Intonationsweise auf die neue Orgel der Bruckneruniversität
übertragen zu können. Eine besondere Herausforderung bestand darin, Klangfarben, Lautstärken und
Nebengeräusche der Pfeifen so zu formen, dass in der Mitte des Kleinen Saals die gleiche Anmutung wie in einem
Kirchenraum entsteht. Dies konnte durch so genannte Kombinationstöne nachempfunden werden.
Hierbei wird der Grundton verstärkt und die Illusion von tiefen Bässen, wie in großen Räumen,
erzeugt.
Die architektonische und ornamentale Ausgestaltung des Prospekt-Entwurfs erfolgte in Anlehnung an die Cavaillé-Coll-Orgel
des Tschaikowski-Konservatoriums in Moskau. "Hierfür war ein enormer Aufwand im Bereich des Gehäusebaus
und der reichen Schnitzarbeiten notwendig", erklärt Orgelbaumeister Tilmann Späth. Eine große
Herausforderung stellte auch der Spieltisch dar: "Beim Spieltisch geht es darum, die typischen Bedienungselemente
einer Cavaillé-Coll- Orgel zu übernehmen, um für die Musiker/innen ein Instrument mit diesen Besonderheiten
für Übungszwecke zur Verfügung zu haben. Hinzu kommt eine moderne Setzeranlage, welche bei heutigen
Konzertorgeln üblich ist. Die Kombination dieser zwei Techniken hat uns eine beachtliche konstruktive Aufgabe
gestellt. Von den insgesamt 1.519 Pfeifen wurden 70 aus Fichten- und Eichenholz hergestellt, alle anderen aus einer
Legierung aus Zinn und Blei.
Elektronische Nachhallverlängerung
Bei der Umsetzung der Disposition für den Kleinen Saal musste darauf geachtet werden, dass das Instrument
nicht zu dröhnend und schmetternd klingt. Die Lautstärke musste insgesamt auf niedrigem Niveau dem Raum
angepasst werden. Durch die Mehrfachnutzung im Kleinen Saal sind durch ein elektronisches Nachhallzeitverlängerungssystem
verschiedene Nachhallzeiten programmierbar.
Orgelwoche
Von 04. - 09. April 2016 wird das neue Instrument mit nationalen und internationalen Organist/innen feierlich eingeweiht.
Der französische Organist Michel Bouvard eröffnet den Konzertreigen am 4. April mit Werken von Felix
Mendelssohn Bartholdy, César Franck, Marcel Dupré, Jehan Alain und Maurice Duruflé. Unter
dem Titel "Orgel Plus" musizieren am 6. April 2016 die Professoren Brett Leighton und Rudolf Jungwirth
gemeinsam mit dem Streichorchester der Bruckneruniversität unter der Leitung von Tobias Wögerer. Am 8.
April sind Absolvent/innen der Bruckneruniversität ab 18:00 Uhr in einem Orgelmarathon an der neuen Orgel
zu erleben. Die bekannte Orgelsymphonie von Camille Saint-Saëns steht am 9. April auf dem Programm des Symphonieorchesterkonzerts
unter der Leitung von Andreas Schüller mit Wolfgang Kreuzhuber an der Orgel.
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