Wien (wifo) - Die EU-Agrarpolitik strebt neben der Stabilisierung der Agrarmärkte eine Steigerung von Wertschöpfung,
Beschäftigung, Umwelt-und Lebensqualität in den Mitgliedsländern an. Dazu dient die "zweite
Säule" der Gemeinsamen Agrarpolitik, das Programm der ländlichen Entwicklung. In der Förderperiode
2007/2013 wurden dazu in Österreich pro Jahr 1,1 Mrd. € an Fördermitteln eingesetzt. Diese Mittel wurden
zu 52% von der EU finanziert und durch Beiträge von Bund und Ländern ergänzt. Zu den Begünstigten
zählten vor allem die Landwirtschaft und die Forstwirtschaft. Darüber hinaus wurden Unternehmen und Gewerbebetriebe
in der biobasierten Wertschöpfungskette und regionale Initiativen der ländlichen Bevölkerung gefördert.
Wie Modellberechnungen zeigen, betrug die durch die Förderungen ausgelöste Wertschöpfung 1,6 Mrd.
€; damit waren 30.300 Beschäftigungsverhältnisse verbunden. Die erwünschten Zuwächse beschränkten
sich nicht nur auf ländliche Gebiete. Wachstum und Beschäftigung wurden auch in urbanen Regionen signifikant
gestärkt. Insgesamt bewirkte das Programm in den angestrebten Zieldimensionen Verbesserungen und trug zu günstigen
Entwicklungen in der gesamten Volkswirtschaft bei.
Das österreichische Programm der ländlichen Entwicklung 2007/2013 (LE 07-13) zählt zu den wichtigsten
in der Europäischen Union: Annähernd 4% der gesamten von der EU für die zweite Säule der Gemeinsamen
Agrarpolitik (GAP) vorgesehenen Mittel wurden dafür verwendet, während der Anteil der österreichischen
Landwirtschaft am Produktionswert des EU-Agrarsektors weniger als 1,5% ausmacht.
Neben der Erhaltung und Verbesserung des Umweltzustandes (70% der Förderungen) zählten die Verbesserung
der Wettbewerbsfähigkeit (15%) und die Erhöhung der Lebensqualität (10%) zu den Kernzielen. Bewertet
wurden die Auswirkungen des Programmes anhand der Entwicklung von Wertschöpfung, Beschäftigung, Arbeitsproduktivität,
Stickstoffbilanz, Biomasseproduktion und Lebensqualität. Da das Programm LE 07-13 sehr detailliert war und
viele Bereiche berührte, können nicht alle genannten Auswirkungen mit derselben Methode bestimmt werden.
In Kooperation mit der Universität für Bodenkultur Wien setzte das WIFO daher in der Analyse verschiedene
Modellzugänge ein. Die gesamtwirtschaftlichen Effekte der durchschnittlichen Förderungen von 1,1 Mrd.
€ pro Jahr waren demnach folgende:
- Der Effekt auf die Bruttowertschöpfung betrug +1,6 Mrd. €.
- Damit standen 30.300 Beschäftigungsverhältnisse in Verbindung; dies
entsprach 25.600 Vollzeitäquivalenten. Davon entfielen 6.700 Beschäftigungsverhältnisse auf die
Landwirtschaft (4.900 Vollzeitarbeitskräfte).
Berücksichtigt man in der Modellanalyse auch jene Mittel, die über die EU-Mittel hinaus von den Begünstigten
des Programmes aufgebracht wurden, waren die Auswirkungen um annähernd 50% höher.
Ohne das Programm wären die Stickstoffüberschüsse der Landwirtschaft um 16% und die Treibhausgasemissionen
um 3% höher gewesen; um 11% mehr landwirtschaftlich genutzte Fläche wäre aus der Produktion genommen
worden.
Das Programm steht in vorteilhafter Verbindung zu Faktoren, die für die Lebensqualität wichtig sind,
wie Arbeitslosigkeit, Einkommenshöhe und Einkommensverteilung. Die diesbezüglichen Auswertungen nach
Gemeinden liefern aber zum Teil widersprüchliche Befunde: Die Vermutung, dass Gemeinden mit höherem Fördervolumen
eine stärkere Zunahme der Bevölkerung aufgewiesen hätten, wurde nicht bestätigt. Durch das
Programm der ländlichen Entwicklung nahm aber die Beschäftigung außerhalb der Land- und Forstwirtschaft
zu. Die Produktivität der Wirtschaftsstruktur verbesserte sich, die Arbeitslosigkeit wurde abgeschwächt
und die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen wurden etwas verringert. Da durch das Programm
die Beschäftigung im Agrarsektor höher war als ohne die Förderungen, standen diese Arbeitskräfte
der lokalen Wirtschaft nicht zur Verfügung. Dennoch wurden die wirtschaftlichen Aktivitäten stimuliert,
wie das höhere Kommunalsteueraufkommen zeigt.
Aufgrund des Umfanges und der Komplexität des Programmes konnten in der vorliegenden Untersuchung nicht alle
Einzeleffekte berücksichtigt werden. So kommt die Verbesserung der Umweltqualität oder die Verringerung
der Umweltbelastung in der Bruttowertschöpfung nicht zum Ausdruck.
Ungeachtet dieser Einschränkungen zeigt die Analyse der Programmwirkung aus verschiedenen Betrachtungswinkeln
mit unterschiedlichen Methoden, dass das Programm LE 07-13 wichtige Programmziele erreicht und zu einer Verbesserung
der Lebensbedingungen von vielen Menschen beigetragen hat. Davon profitierten nicht nur jene, an die Förderungen
ausgezahlt wurden, sondern auch andere Akteure in der österreichischen Volkswirtschaft.
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