IRE-Expertenkonferenz und Café d´Europe Régional in Sarajevo, BiH
Sarajevo/Salzburg (ire) - Die EU wird in letzter Zeit oft infrage gestellt. Sowohl die Wirtschafts- also
auch die Flüchtlingskrise haben gezeigt, dass das Projekt Europa noch keinesfalls ein Fertiges ist. Manch
langjähriger Mitgliedstaat denkt sogar an den Ausstieg. Dennoch hat Bosnien und Herzegowina am 15. Februar
2016 seine EU-Mitgliedschaft offiziell in Brüssel beantragt. „Wir alle begrüßen die europäischen
Bestrebungen von Bosnien und Herzegowina, vor allem nach der Verabschiedung der Reformagenda und dem dazugehörigen
Aktionsplan. Jetzt ist Bosnien und Herzegowina aufgefordert, konkrete Ergebnisse zu liefern, “ sagte IRE-Vorstandsvorsitzender
Prof. Dr. Franz Schausberger bei der Begrüßung in der Parlamentarischen Versammlung BiH in Sarajewo.
Das IRE hat am 15. April 2016 in Kooperation mit dem Kanton Sarajewo, der Zentraleuropäischen Initiative,
der Konrad-Adenauer-Stiftung und weiteren internationalen Partnern, eine Expertenkonferenz zum Thema “Bosnia and
Herzegovinas way to the EU and the impact on regional and local authorities" mit Experten aus acht europäischen
Ländern und hochrangigen Sprechern aus Wirtschaft und Politik organisiert. Ziel der Konferenz war es auf die
Rechte, Möglichkeiten und Vorteile für Bürger und für die Regionen aus der EU-Integration sowie
den Einfluss der EU-Mitgliedschaft auf lokale und regionale Gebietskörperschaften aufmerksam zu machen.
Regionale Versammlungen in den EU-Kandidatenländern sollen sich auf ihrem Weg in die EU frühzeitig mit
der Umsetzung der EU-Gesetzgebung auseinandersetzen und diese an ihre Bürger vermitteln. Die Bevölkerung
soll für das Thema sensibilisiert und interessiert werden, während die regionalen Versammlungen und Kantone
sich bestmöglich auf den Beitritt vorbereiten. Vertreter aus Österreich, Slowenien, Kroatien, der Slowakei,
Rumänien und Serbien präsentierten ihre Ansätze und europäischen Projekte und hielten fest,
dass 70% des EU-acquis auf subnationaler Ebene umgesetzt werden müsse.
„Für den Integrationsprozess ist es absolut notwendig, die Fähigkeit des Landes zu stärken und mit
einer Stimme auf EU-Fragen zu reagieren“, so Franz Schausberger weiter. Die regionale Struktur BiH sei mit seinen
zwei Entitäten und dem Sonderverwaltungsgebiet Brcko sehr komplex und die finanzielle Autonomie auf kommunaler
Ebene sei noch zu schwach. Daher sei es umso wichtiger regionale und lokale Behörden in den gesamten EU-Prozess
von Beginn an miteinzubeziehen.
v.l.n.r.: Elvis Kondzic, Berater des Ministerrates BiH, Mirko Šarovic, Minister für Außenhandel und
Wirtschaftsbeziehungen BiH, IRE-Vorstand Prof. Dr. Franz Schausberger, Botschafter Lars-Gunnar Wigemark, Dragan
Mektic, Minister für Sicherheit, und Österreichs Botschafter in BiH Mag. Martin Pammer
Bosniens Minister für Sicherheit, Dragan Mektic, versicherte, dass sein Land den EU-Integrationsprozess ernst
nehme und alle Voraussetzung schnellstmöglich umsetzen will, um die wirtschaftlichen Vorteile zu nutzen. Daher
müssen alle Regierungsebenen auch bei dem Thema innere Sicherheit zusammenarbeiten. Dazu gehöre ebenfalls
die Bekämpfung des organisierten Verbrechens und der Kampf gegen die Korruption. Mehr Sicherheit wird Investoren
in das Land bringen und so zur wirtschaftlichen Entwicklung beitragen.
Das Jahr 2016 sei ein entscheidendes Jahr, da BiH nach der Einreichung des EU-Beitrittsantrags den europäischen
Weg aktiv weiterverfolgen muss, betonte Mirko Šarovic, Minister für Außenhandel und Wirtschaftsbeziehungen.
Und dies geschehe insbesondere auf regionaler und lokaler Ebene, wo sich das öffentliche Leben abspiele.
Eine bemerkenswerte Entwicklung habe Bosnien aus Sicht der EU in den letzten 1,5 Jahren durchgemacht, berichtete
der Sonderbeauftragte der EU und Leiter der EU-Delegation in Bosnien und Herzegowina Botschafter Lars-Gunnar Wigemark.
Die Reformagenda letztes Jahr und die lokalen Wahlen im Oktober 2016 sind Bosniens beste Chance, um die Bürger
von der EU und der damit verbundenen positiven Entwicklung Bosniens zu überzeugen. Die vorherrschende Ethno-Politik
solle dabei nicht mehr im Weg stehen. Die Menschen suchen nach Arbeit und einer besseren Ausbildung, um das Land
nicht verlassen zu müssen.
Es gäbe bereits über 200 österreichische Unternehmen im Land, die qualifizierte Arbeitskräfte
suchen. Österreich sei somit der größte ausländische Investor in BiH, berichtete der österreichische
Wirtschaftsdelegierte in Sarajevo Ing. Mag. Sigmund Nemeti. Dennoch fehle es in manchen Bereichen an klaren Rahmenbedingungen
für Investoren, um präzise planen zu können und Chancen und Risiken abwägen zu können.
Österreichs Botschafter in Bosnien Mag. Martin Pammer freue sich besonders, dass ein österreichisches
Institut dazu beiträgt BiH einen Schritt weiter in seinen EU-Bestrebung zu begleiten und zu unterstützen.
BiH und seine Regionen können von der Vernetzung in Europa nur profitieren.
Nach den Expertenkonferenzen in Dresden (D), Vukovar (HR) und Brcko (BiH) in 2013 und 2014, wurde die Veranstaltungsreihe
„Regionale Versammlungen und Parlamente“ nun am 15. April 2016 in Sarajewo mit großem Erfolg fortgesetzt.
Café d´Europe Régional
Am Nachmittag fand anschließend das Café d´Europe Régional zum Thema “BiH’s rocky
way to the EU“ an der Philosophischen Fakultät der Universität Sarajewo statt. Bei dieser Veranstaltung
wurde die entspannte Atmosphäre der Cafeteria genutzt, um mit jungen Menschen über europapolitische Themen,
wie den Integrationsprozess und die Mitwirkung der Zivilbevölkerung in der EU, zu sprechen.
Eine klare Perspektive in Richtung Europa müsse vor allem jungen Menschen gezeigt werden, so IRE-Vorstandsvorsitzender
Prof. Dr. Franz Schausberger bei der Begrüßung der rund 60 Studierenden, die sowohl Englisch auch als
Deutsch sprachen. Der Austausch zwischen den Experten und den Studierenden war sehr intensiv und zeigte sowohl
Begeisterung als auch Vorbehalt gegenüber dem EU-Beitritt Bosniens.
Die EU sei kein fertiges Projekt sondern ein Prozess, zu dem BiH beitragen kann, da es als Brücke zwischen
den Religionen fungieren könne, so der Handelsdelegierte Sigmund Nemeti.
Frau Prof. Daniela Drobná von der Union der Städte und Gemeinden in der Slowakei betonte, dass insbesondere
im akademischen Bereich EU-Programme, wie Erasmus, zu einem einheitlichen Bildungskonzept geführt haben. Dies
Erleichtere nun die Anerkennung von Abschlüssen und die Mobilität von Arbeitskräften innerhalb der
EU.
Weitere hochkarätige Referenten am Podium waren der österreichische Botschafter Mag. Martin Pammer und
CEO der Komercijalna Banka aus Belgrad Dr. Alexander Picker.
|