Konsumentenschutzausschuss beschließt
Basiskonto für alle
erstellt am
22. 04. 16
11:00 MEZStöger: Wichtiger Schritt zur Teilhabe aller am wirtschaftlichen und sozialen Leben
Wien (pk) - Das Basiskonto für alle wird nun auch in Österreich Realität. Die entsprechenden rechtlichen Grundlagen enthält ein sogenanntes Verbraucherzahlungskontogesetz, das am 21.04. vom Konsumentenschutzausschuss mit breiter Mehrheit verabschiedet wurde. Ab Mitte September haben demnach in Umsetzung einer EU-Richtlinie alle in Österreich lebenden Personen ein Recht auf ein Basiskonto mit den grundlegenden Funktionen eines normalen Zahlungsverkehrs. Das Konto, das nicht überzogen werden kann, soll maximal 80 € pro Jahr kosten, besonders bedürftige Personen werden nur 40 € zahlen müssen. Weitere zentrale Bestimmungen der Gesetzesvorlage bringen mehr Transparenz bei den Kontogebühren sowie Erleichterungen beim Bankenwechsel. Gegen die Vorlage stimmten lediglich die NEOS, die zwar die konsumentenschutzrechtliche Komponente begrüßten, sich aber mehr Flexibilität bei der Umsetzung der Vorgaben aus Brüssel gewünscht hätten.
Auf der Tagesordnung stand überdies eine Reihe von Anträgen der Opposition, deren Themenbogen vom Kinderspielzeug über die Lebensmittelverschwendung bis hin zur Pendlerverordnung reichte. Diese Initiativen wurden allerdings durchwegs vertagt.
Basiskonto für rund 150.000 Menschen
Im Einzelnen steht das Recht auf ein Basiskonto allen Personen zu, die über einen rechtmäßigen Aufenthalt in der Europäischen Union verfügen, unabhängig vom Wohnort und der Staatsangehörigkeit. Somit umfasst das Gesetz (1059 d.B.) auch Obdachlose, AsylwerberInnen oder faktisch nicht abschiebbare Fremde. Relevant ist das Basiskonto für rund 150.000 Menschen in Österreich, die bisher kein Konto hatten, weil sie überschuldet bzw. ohne Einkommen sind oder über keinen festen Wohnsitz verfügen.
Viel Lob für das Basiskonto
Das Basiskonto sei ein wichtiger Schritt, um allen Menschen die Teilhabe an der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zu ermöglichen, stellten Bundesminister Alois Stöger, Angela Fichtinger (V) und Daniela Holzinger-Vogtenhuber (S) übereinstimmend fest. Peter Wurm (F) sprach von einer langjährigen Forderung der FPÖ, fügte aber an, ursprüngliche Intention seiner Fraktion sei ein Basiskonto für alle ÖsterreicherInnen gewesen. Es dürfe jedenfalls jetzt nicht dazu kommen, dass AsylwerberInnen nur 40 €, ÖsterreicherInnen hingegen 80 € dafür zahlen müssen. Als großen Fortschritt verbuchten auch die beiden Grün-Mandatarinnen Aygül Berivan Aslan und Birgit Schatz das Basiskonto für alle, wenngleich sie in den mit der Kontoführung verbundenen Kosten einen Wermutstropfen sahen. Mit einer Zustimmung zu einer Gratis-Variante hätten die Banken soziale Solidarität beweisen können, bemerkte Schatz.
Aus dem Konsens scherten lediglich die NEOS aus, deren Konsumentenschutzsprecher Nikolaus Scherak das Basiskonto zwar grundsätzlich als gute Idee würdigte, bei der Umsetzung der EU-Richtlinie allerdings jegliche Flexibilität vermisste. Bei den Kosten etwa wäre seiner Einschätzung nach eine Korridorlösung besser als die gesetzliche Festsetzung gewesen.
Leopold Steinbichler vom Team Stronach nahm die Debatte zum Anlass für die Forderung nach Maßnahmen, um PensionistInnen als BankkundInnen vor altersspezifischer Diskriminierung zu schützen. Es gehe nicht an, dass älteren Menschen eine Verlängerung der Kreditkarte verweigert wird, empörte er sich. Ein entsprechender Entschließungsantrag seiner Fraktion blieb allerdings in der Minderheit, zumal SPÖ-Mandatarin Angela Lueger unter Hinweis auf Informationen aus dem Bankensektor mitteilte, in der Praxis gebe derlei Sonderregelungen für ältere Menschen nicht.
Die Freiheitlichen steuerten der Debatte überdies einen Antrag (533/A[E]) bei, in dem Konsumentenschutzsprecher Peter Wurm auf eine rasche Senkung der Überziehungszinsen der Banken drängt. Konrad Antoni (S) erinnerte daran, dass sich seit der letzten Ablehnung dieses Anliegens keinerlei neue Sachverhalte ergeben haben, worauf die Initiative mehrheitlich vertagt wurde.
Paket bringt mehr Transparenz bei Kontogebühren und erleichtert Bankenwechsel
Das Gesetzespaket enthält aber auch verschiedene Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz in Bezug auf eingehobene Kontoentgelte. So müssen VerbraucherInnen künftig vor Eröffnung eines Girokontos verpflichtende Entgeltinformationen über die wichtigsten Dienstleistungen nach standardisierten Kriterien erhalten. Auch nach der Kontoeröffnung sind sie zumindest einmal jährlich in Form von Entgeltaufstellungen über die Kontokosten zu informieren. Wird das Konto regelmäßig erheblich überzogen, müssen zusätzlich Informationen über günstigere alternative Finanzierungen angeboten werden. Um einen Bankwechsel zu erleichtern, wird die Bereitstellung eines Kontowechsel-Service für inländische Konten gesetzlich verankert. Bei einer entsprechenden Ermächtigung des Kontoinhabers ist der Wechsel von der alten und der neuen Bank selbstständig abzuwickeln, wobei auch zeitliche Fristen festgelegt sind.
Noch keine Entscheidung über Reform des Privatkonkurses
Die Grünen wollen hoffnungslos überschuldeten Menschen den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Neustart erleichtern. Eine in diesem Sinn von Aygül Berivan Aslan eingebrachte Initiative (1247/A(E)) für eine grundlegende Reform des Privatkonkurses wurde allerdings vertagt, da die Regierungsparteien noch die diesbezüglichen Entwicklungen auf EU-Ebene abwarten wollen. Für heftige Reaktionen seitens der Antragstellerin und des Abgeordneten Georg Willi (G) sorgte ÖVP-Mandatar Johann Rädler mit seiner Bemerkung, die Grünen würden den Staat immer nur als Bankomat sehen. Irritation löste diese Wortwahl aber auch bei den SPÖ-Abgeordneten Angela Lueger und Markus Vogl aus, die klarstellten, beim Privatkonkurs gehe es darum, Menschen, die unverschuldet wirtschaftlich gescheitert sind, einen neue Chancen zu geben.
NEOS für kostenlosen Online-Zugang zu Firmenbuchdaten
Die NEOS eröffneten die Diskussion über eine weitere Reihe von Initiativen der Opposition mit ihrer Forderung (1586/A(E)) nach kostenlosem Online-Zugang zu den Basisdaten des Firmenbuchs. Nikolaus Scherak zeigte kein Verständnis für die derzeitige Gebührenpflicht der Abfragen und meinte vielmehr, das Firmenbuch sollte wie auch das Grundbuch jedem die Möglichkeit bieten, wichtige Informationen gratis einzusehen. Der Antrag wurde angesichts der parallel dazu auch vom Justizausschuss geführten Debatte zu diesem Thema mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt.
Team Stronach: Rote Karte für Schadstoffe in Kinderspielzeug
"Schadstoffe haben in Kinderspielzeug nichts verloren", lässt sich ein Vorstoß (100/A(E)) des Team Stronach zusammenfassen. Leopold Steinbichler hält die EU-Regeln in diesem Bereich für unzureichend und erinnerte vor allem daran, dass von den rund 600 in Spielsachen nachgewiesen Chemikalien nur 64 Stoffe konkret verboten sind. Weichmacher oder Schwermetalle, die über den Mund oder durch Hautkontakt aufgenommen werden, können Gesundheitsschäden hervorrufen – von Allergien über Krebserkrankungen bis zu Fortpflanzungsunfähigkeit, warnte er. Das Team Stronach fordert nun nach dem Vorbild des Lebensmittelsektors verstärkte Kontrollen der Sicherheit und Qualität von Spielzeug und schlägt zudem auch die Einführung eines freiwilligen EU-Gütesiegels auf EU-Ebene vor. Auch hier entschied die Mehrheit auf Vertagung, nachdem Friedrich Ofenauer (V) an die neue Spielzeugverordnung erinnert hatte.
Vom Kampf gegen Lebensmittelverschwendung bis zur Pendlerverordnung: FPÖ-Anträge werden vertagt
Die Freiheitlichen griffen in ihren Anträgen so unterschiedliche Themen wie die Dotation des Vereins für Konsumenteninformation (VK), die Verschwendung von Lebensmitteln, den Heizkostenzuschuss oder etwa die Pendlerverordnung auf, konnten sich bei der Abstimmung allerdings nicht durchsetzen.
Vertagt wurde zunächst eine Initiative (1574/A(E)) betreffend "Konsumentenschutzrecht NEU" – Peter Wurm führte als Argument für eine einheitliche Neuregelung die derzeitige Rechtszersplitterung und die mangelnde Übersichtlichkeit ins Treffen - , wobei die Regierungsparteien auf die diesbezügliche Debatte im Justizausschuss verwiesen.
Kein Gehör fand auch der Ruf der Freiheitlichen nach einer Sonderförderung für den Verein für Konsumenteninformation (VKI). Peter Wurm geht es in seinem Antrag (1609/A(E)) vor allem darum, die Verbraucherschutzorganisation finanziell in die Lage zu versetzen, die Auswirkungen des geplanten Transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP zu analysieren. Die Regierungsparteien hingegen wollen die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten zugunsten des VKI ausschöpfen, sodass es auch hier "Bitte warten" heißt.
Wurm knüpfte weiters an die Diskussion über die Lebensmittelverschwendung an und drängte in einer Initiative (1198/A(E)) auf gesetzliche Schritte, um die Vernichtung von Lebensmitteln in Industrie, Handel, Gastronomie und in den Haushalten zu verhindern. Man arbeite bereits an entsprechenden Maßnahmen, erwiderte Michael Ehmann (S), womit der Grund für eine mehrheitlich beschlossene Vertagung gegeben war.
In die Warteschleife verwiesen wurden zudem auch ein Vorstoß (1468/A(E)) der Freiheitlichen gegen die Erhöhung der Grundsteuer zu Lasten von Mietern und Wohnungseigentümern sowie die FPÖ-Forderung (1380/A(E)) auf Wiedereinführung des Heizkostenzuschusses beschieden. Den letzten Vertagungsbeschluss der Sitzung fassten die Regierungsparteien bezüglich einer Initiative (901/A(E)) der FPÖ zum Thema Pendlerverordnung. Peter Wurm greift darin die Vorschläge der AK Salzburg auf und verlangt u.a. 30 Cent als Arbeitswegekosten pro Entfernungskilometer von der Wohnung zur Arbeitsstätte. SPÖ und ÖVP wollen den Vorstoß im Finanzausschuss eingehender behandeln.
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