Von 22.4. – 6.11.2016 im Volkskunstmuseum Innsbruck
Innsbruck (tlm) - Ob durch Handwerk, Handel oder Reise: Der Kontakt mit anderen Ländern beeinflusst
und verändert Menschen und ihre Kultur. Dass Tirol im Laufe der Zeit durch unterschiedlichste Einflüsse
aus anderen Ländern bereichert wurde, zeigt die Ausstellung „Alles fremd – alles Tirol“. Sie deckt Stereotype
auf und setzt sich mit den Vorstellungen vom vermeintlich Eigenen und scheinbar Fremden auseinander.
„Die Ausstellung im Volkskunstmuseum ist keine Reaktion auf die aktuelle Flüchtlingsproblematik. Die Tiroler
Landesmuseen beschäftigen sich schon länger mit Kulturkontakten“, erklärt PD Dr. Wolfgang Meighörner,
Direktor der Tiroler Landesmuseen. Er fährt fort: „Die Ausstellung spürt der Frage nach, auf welche Weise
die Kultur in Tirol von fremden Einflüssen geprägt ist.“
Tirol bildet als Transitland auch heute noch eine kulturelle Brücke zwischen verschiedenen Nationen. Zwischen
den wirtschaftlichen Zentren Süddeutschlands, Norditaliens sowie dem Bodensee- und Donauraum gelegen, wurde
und wird Tirol durch den Kontakt zu anderen Sprachen und Kulturen geprägt. Rohstoffe und Produkte, die uns
heute als typisch tirolerisch erscheinen, wurden ursprünglich oft aus anderen Ländern eingeführt.
Bei vielen Dingen weiß man heute gar nicht mehr, dass sie nicht aus Tirol stammen. Teilweise auch, weil Produkte
mit ihrer Einfuhr nicht einfach übernommen, sondern an die örtlichen Bedürfnisse angepasst – in
die eigene Kultur übersetzt werden. Ehemals exotische Nahrungs- und Genussmittel aus anderen Ländern
verändern und bereichern nicht nur lokale Gerichte, auch neue Geräte und Gegenstände für Anbau,
Verarbeitung und Zubereitung werden entwickelt. Besonders an Textilien lässt sich ablesen, wie der Kulturtransfer
Handwerk beeinflussen kann.
Karl C. Berger und Anna Horner, die beiden KuratorInnen der Ausstellung, betonen: „Es ist erstaunlich, von welch
vielfältigen Einflüssen die Objekte aus unserer Sammlung berichten können. Wir versuchen, anhand
ausgewählter Beispiele die Vielschichtigkeit der Tiroler Kultur zu zeigen. Es geht uns um neue Blicke auf
bekannte Objekte, um die Wahrnehmung des Fremden und die Bedeutung dieser Austauschprozesse. Unser Ziel ist es,
diese oft vernachlässigten Aspekte der Kulturgeschichte Tirols sichtbar zu machen.“
Stereotype
Kulturkontakte lassen Stereotype entstehen. In Abgrenzung zum Eigenen werden Vorstellungen vom Fremden festgeschrieben.
Stereotype liefern eindeutige Strukturen und Einordnungssysteme. Sie reduzieren unterschiedliche Einflüsse
auf überschaubare Größen und sind solchermaßen Orientierungshilfen und Vereinfachungen. Fixierte
Vorstellungen können positiv wirken, das Gegenüber aber auch abwerten und erniedrigen. Dadurch sind Stereotype
eine Grundlage von Nationalismus, Ausbeutung und Rassismus. Eine besondere Darstellung ethnischer Stereotype ist
die sogenannte Völkertafel, die ein zentrales Objekt der Ausstellung ist.
Migration als Teil der Kulturgeschichte Tirols
Die Ausstellung „Alles fremd – alles Tirol“ ist Ausgangspunkt einer intensiven Beschäftigung mit der Migrationsgeschichte
Tirols. Die Initiative hat zum Ziel, Migration als wichtigen Teil der Kulturgeschichte zu präsentieren und
erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für MigrantInnen Tirol (ZeMiT), der Universität Innsbruck,
dem Tiroler Bildungsforum, dem Land Tirol und der Stadt Innsbruck.
Zentrale Bedeutung kommt einem Sammelaufruf zu, der gemeinsam mit dem ZeMiT Ende März gestartet wurde. Die
Bevölkerung ist dazu auffordert, Objekte, die in Zusammenhang mit dem Thema Zuwanderung stehen, zur Verfügung
zu stellen. Gesammelt werden Fotos, Briefe, Musikkassetten, Spielzeug, Handarbeiten, Dokumente, Werkzeuge, Kleidungsstücke
etc. Besonders alltägliche Objekte und deren Geschichten sind für die Sammlung interessant.
|