Aufarbeitung der Rückführung der während der NS-Zeit geraubten und auf das Pinzgauer
Schloss Fischhorn gebrachten Kulturgüter
Warschau/Salzburg (lk) - Hunderttausende unschätzbar wertvolle Kunstwerke aus polnischen Kunstsammlungen
gingen während des Zweiten Weltkrieges infolge von Kampfhandlungen an der Front oder einer systematischen
Konfiszierung und Plünderung verloren. Nach der Niederschlagung des Warschauer Aufstandes Anfang Oktober 1944
wurden polnische Kunstschätze auf Adolf Hitlers Befehl "sichergestellt". Die wertvollsten Werke
wurden auf Schloss Fischhorn in der Gemeinde Bruck an der Glocknerstraße untergebracht. Anfang Mai 1945 verließen
die deutschen Truppen das Schloss, das am 8. Mai 1945 von der amerikanischen Armee besetzt wurde. In den Tagen
rund um das Kriegsende verschwand auf ungeklärte Weise ein Teil der unbewachten Kunstobjekte.
Mit einer von der Botschaft der Republik Polen mit Unterstützung durch das Salzburger Landesarchiv organisierten
Ausstellung "Polnische Kulturschätze im Schloss Fischhorn – eine nicht abgeschlossene Historie"
wurde dieses Kapitel der Kriegs- und Nachkriegsgeschichte nun aufgearbeitet und der Öffentlichkeit verständlich
gemacht. Bei einem Podiumsgespräch und gleichzeitig der Finissage der Ausstellung erläuterte der polnische
Historiker Miroslaw Klusek am 19.04. im Gespräch mit dem Leiter des Landesarchivs, Oskar Dohle, im Beisein
von Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf die polnischen Restitutionsvorhaben nach 1945.
"In vielen Ländern und Krisenherden dieser Welt sind die Zerstörungen und der Raub von Kunst- und
Kulturgütern leider wieder oder noch immer ein sehr aktuelles Thema. 70 Jahre und mehr sind seit den Geschehnissen
des Zweiten Weltkriegs und der Jahre danach vergangen. Es gibt immer weniger Menschen aus allen damals betroffenen
Ländern, die jene schlimmen und von Unrecht, Leid und Not geprägten Jahre erlebt haben. Umso wichtiger
ist es, die Erinnerung an jene Ereignisse aufrecht zu erhalten. Hoffentlich können wir alle damit einen Beitrag
dazu leisten, dass sich derartige Dinge zumindest in unseren Ländern nicht mehr wiederholen", so Dohle.
Die bekanntesten und spektakulären Ereignisse betreffend die Rückgabe der polnischen Kunstwerke aus Österreich
sind selbstverständlich mit Bohdan Urbanowicz und dem Schloss Fischhorn verbunden. Am 5. Oktober 1945 erhielt
der polnische Offizier und Maler Bohdan Urbanowicz die Erlaubnis des amerikanischen Militärs mit den Arbeiten
auf Schloss Fischhorn zu beginnen. Die ohne Schutz sich selbst überlassenen Sammlungen waren dort dem Raub
durch die österreichische Bevölkerung als auch der amerikanischen Soldaten ausgesetzt. Das Ziel war es,
die geraubten polnischen Kulturschätze zu identifizieren sowie diese zum Transport nach Warschau vorzubereiten.
Der Zug mit den Kulturschätzen verließ am 16. April 1946 den Salzburger Bahnhof Richtung Polen. Dank
der Anstrengungen von Urbanowicz sowie der Hilfe des Befehlshabers der Rainbow Division im Schloss Fischhorn wurden
alle 408 Gemälde nach Polen zurückgeführt, darunter Werke von Baciarrelli, Matejko oder Gierymski,
68 Wandteppiche, 43 Skulpturen und 154 antike Möbel aus dem Warschauer Schloss und dem Palast Lazienki. Weiters
Gürtel von altpolnischen Männergewändern, Militaria sowie grafische Sammlungen aus dem Kabinett
mit Abbildungen der Warschauer Universität sowie der Gesellschaft für Schöne Künste Zacheta.
Viele Jahre nach dem Krieg ist es den polnischen Stellen noch gelungen, einige der geraubten Exponate wieder zurückzubekommen.
Auch aus Schloss Fischhorn stammen diese Kunst- und Kulturgüter. Diese Gegenstände und Exponate wurden
in den USA, in Österreich, Deutschland und Südamerika gefunden. Sehr viele Exponate sind aber weiterhin
unauffindbar. Man darf vermuten, dass sich einige der gesuchten Gegenstände weiterhin im Raum Salzburg befinden
könnten.
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