Weltweit neuartige Sensorchips von Infineon Technologies Austria und Hochenergiephysikern der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften unterstützen Suche nach bisher unentdeckter Materie am CERN
Klagenfurt/Cern/Wien (öaw) - Noch immer gelten 95 Prozent des Universums als unerforscht. Diesen Geheimnissen
sind Wissenschaftler am Genfer CERN auf der Spur, dem weltgrößten Forschungszentrum für Teilchenphysik.
Hier entdeckten Forscher im Mai 2012 die so genannten Higgs-Teilchen, für deren Vorhersage Peter Higgs und
François Englert den Nobelpreis für Physik erhielten. Derzeit suchen die CERN-Wissenschaftler unter
anderem nach der dunklen Materie: Obwohl sie im Universum etwa die fünffache Masse der sichtbaren Materie
einnehmen dürfte, konnte man sie bisher noch nicht direkt nachweisen. Mit etwas Glück wird es am CERN
gelingen, dunkle Materie auch zu erzeugen.
Zur Suche kann ein weltweit einmaliger Sensorchip beitragen: Er ist 8 Zoll oder
15 x 10 cm groß und wurde gemeinsam entwickelt von Infineon Austria und dem Institut für Hochenergiephysik
(HEPHY) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Mehrere zehntausend dieser Bausteine
aus Silizium werden demnächst am CERN zum Einsatz kommen. Sie lassen sich nicht nur kostengünstiger herstellen
als die bisherigen, bis 6 Zoll oder 10 x 10 cm großen Sensoren. Die Bausteine sind auch robuster gegenüber
der kontinuierlichen Bestrahlung und altern dadurch weniger schnell als die bisherige Generation. Geplante Experimente
wären ohne widerstandsfähigere Sensoren kaum möglich.
„Diese Kooperation mit dem Institut für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
ist ein erfolgreiches Beispiel, wie wir substantielle österreichische Innovationen in die experimentelle Grundlagenforschung
einbringen“, erklärt Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende der Infineon Technologies Austria AG. „Umso
erfreulicher ist der Einsatz der neuartigen Teilchensensoren in der internationalen Spitzenforschung, um die Grenzbereiche
der bisher bekannten Physik zu erweitern.“
„Die Zusammenarbeit mit Infineon Technologies Austria zeigt eindrucksvoll die Anwendungsoffenheit der Grundlagenforschung
wie sie an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften betrieben wird“, sagt ÖAW-Präsident
Anton Zeilinger. „Der wechselseitige Austausch von Wissen und Innovation ist ein Erfolgskriterium, das sowohl für
die Forschung als auch für Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft einen Mehrwert bietet“, so Zeilinger weiter.
„Um Antworten auf die offenen Fragen der Teilchenphysik zu finden, müssen wir neue Experimente durchführen,
und für den Erfolg dieser Experimente müssen ständig neue Technologien entwickelt werden. Gerade
darum ist eine Zusammenarbeit mit einer Hochtechnologie-Firma wie Infineon so wichtig“, sagt Jochen Schieck, Direktor
des Instituts für Hochenergiephysik der ÖAW.
So hoch wie ein Wohnhaus, 100 Meter unter der Erdoberfläche
Die Experimente am CERN untersuchen den Aufbau von Materie sowie Wechselwirkungen zwischen Elementarteilchen: Protonen
werden fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und dann zur Kollision gebracht. Dabei entstehen neue Teilchen,
deren Eigenschaften mit verschiedenen Detektoren rekonstruiert werden.
Zwei der Detektoren, für die der Einsatz der Sensoren von Infineon derzeit geprüft wird, tragen die Bezeichnungen
ATLAS (A Toroidal LHC ApparatuS) und CMS (Compact Muon Solenoid). Die Experimente mit Elementarteilchen gleichen
einer riesigen Kamera: Wenn Teilchen die Siliziumdetektoren durchdringen, werden sie registriert. Rund 100 Meter
unter der Erdoberfläche finden die beiden Experimente statt – in Anlagen, die 20 (ATLAS) bzw. 15 Meter (CMS)
hoch sind. Die Beschleuniger sind seit Jahren in Betrieb, mit 40 Millionen Einzelexperimenten pro Sekunde. Derzeit
beraten beide Seiten über eine mögliche Produktion von Sensoren mit bis zu 1.000 m² Fläche.
Zukünftiger Einsatz bei medizinischen Anwendungen
Die für das CERN entwickelte Technologie könnte in weniger als 10 Jahren auch Krebspatienten helfen:
Mehrere Forschungsgruppen erproben derzeit die Protonen-Computertomografie. Das medizinische Abbildungsverfahren
beruht auf den gleichen Grundlagen wie die Sensor-Technologie für die Experimente am CERN. Großflächige
Silizium-Detektoren, wie von Infineon und HEPHY entwickelt, könnten künftig während der therapeutischen
Bestrahlung tomografische Aufnahmen liefern. Die Position des Tumors ließe sich dadurch besser bestimmen
und gesundes Gewebe würde weniger verletzt als bei herkömmlichen Röntgenstrahlen. Dadurch würde
die Strahlenbelastung um den Faktor 40 sinken.
In der Forschungsgemeinde hat die Produktion der Sensoren bei Infineon bereits Aufsehen erregt: Bei der Verleihung
des anerkannten Houska-Preises, Österreichs größtem privaten Preis für wirtschaftsnahe Forschung,
wurde das Projekt von Infineon und HEPHY 2014 mit dem 2. Platz ausgezeichnet.
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