Finanzministerium aus Datenschutzgründen dagegen
Wien (pk) - Ob in Zukunft die länderspezifischen Berichte über die von multinationalen Unternehmen
mit einem Umsatz von über 750 Mio. € entrichteten Ertragssteuern sowie andere relevante steuerrechtliche Informationen
veröffentlicht werden müssen, bleibt fraglich. Die EU-Kommission sieht jedenfalls darin einen wichtigen
Schritt zur Bekämpfung von Steuervermeidung und aggressiver Steuerplanung. Insbesondere sollen Ertragsteuern
der Unternehmen mit dem Ort ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit in Einklang gebracht werden.
Der diesbezügliche Richtlinienvorschlag der EU zur "Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte
Unternehmen und Zweigniederlassungen" (Änderung der Bilanz-Richtlinie), wird jedoch seitens des Finanzministeriums
aus Datenschutzgründen abgelehnt, wie die Bundesrätinnen und Bundesräte im heutigen EU-Ausschuss
des Bundesrats erfuhren.
Viele internationale Unternehmen nützen durch ein kompliziertes Firmengeflecht die Gesetze aus, um möglichst
wenig Steuern zu zahlen. Den Staaten entgehen damit Steuereinnahmen in großem Ausmaß. Das widerspreche
im Binnenmarkt einer fairen, effizienten und wachstumsfreundlichen Unternehmensbesteuerung, die auf dem Grundsatz
fuße, dass Unternehmen Steuern in dem Land entrichten sollten, in dem sie ihre Gewinne erwirtschaften, und
zwar unabhängig davon, ob sie ihren Sitz im oder außerhalb der EU haben, meint die Kommission. Durch
aggressive Steuerplanung werde dieser Grundsatz unterlaufen, begründet die EU ihren Vorstoß zu mehr
Transparenz. Die meisten Unternehmen - vor allem kleine und mittlere Unternehmen - würden keine aggressive
Steuerplanung betreiben und dadurch im Wettbewerb mit Unternehmen, die dies tun, einen Nachteil erleiden. Öffentliche
Kontrolle könnte bewirken, dass Unternehmen dort mehr soziale Verantwortung übernehmen, wo sie ihre Geschäfte
betreiben.
Die EU-Kommission beruft sich bei ihrer Initiative auf den Aktionspunkt 13 des von der G20 gebilligten OECD-Aktionsplans
zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS-Aktionsplan). Demzufolge werden die Steuerbehörden
von multinationalen Unternehmen künftig einen länderspezifischen Bericht (Country by Country Report –
CbC Report) über die von diesen entrichtete Ertragsteuer erhalten, was eine bessere Einhaltung der Steuervorschriften
ermöglichen dürfte.
Laut Vorschlag sollen nun diese Berichte über große Unternehmensgruppen veröffentlichen werden
müssen. Darin sind neben einer Beschreibung der Tätigkeit und der Anzahl der Beschäftigten die erwirtschafteten
Gewinne, die noch zu zahlenden und die gezahlten Steuern offen zu legen. Die Informationen sollen getrennt für
jeden Mitgliedstaat und für jedes Steuergebiet erfolgen. Die Angaben sollen dann in einer EU-Amtssprache fünf
Jahre lang auf einer Webseite zur Verfügung stehen.
Das Finanzministerium weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass sich die beteiligten Staaten im Rahmen der
Verhandlungen zum Aktionspunkt 13 bewusst gegen die Veröffentlichung des CbC Reports entschieden haben, weil
sie die Risiken für die betroffenen Unternehmen als unverhältnismäßig groß einschätzen.
Vor alle befürchtet man die Verletzung von Geschäftsgeheimnissen und die Gefahr der Fehlinterpretation
durch die Öffentlichkeit, was auch zu Wettbewerbsverzerrungen führen könne. Der Eingriff in die
Rechte der Unternehmen auf Einhaltung des Steuergeheimnisses erschien den Staaten als nicht gerechtfertigt, vielmehr
hätten sie sich dezidiert dafür ausgesprochen, die Bestimmungen zur Sicherung der Vertraulichkeit der
Daten vorzusehen und diese umzusetzen. Eine Verpflichtung zur Veröffentlichung würde den Konsens gefährden,
meinte der zuständige Experte des Ressorts.
Auch werde in Artikel 16 der Amtshilferichtlinie als auch in Artikel 22 des multilateralen Übereinkommens
über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen bzw. in der Behördenvereinbarung auf die Vertraulichkeit
der ausgetauschten Daten verwiesen, argumentiert das Finanzressort seine Ablehnung. Eine Veröffentlichung
des CbC Reports stelle einen Bruch völkerrechtlicher Verpflichtungen Österreichs dar. Nach Meinung des
Finanzressorts reicht es aus, dass die Steuerbehörden über diese Informationen verfügen. Dieser
Argumentation schloss sich auch die anwesende Vertreterin der Wirtschaftskammer an.
Aus dem Justizministerium erfuhr man, dass in Europa davon rund 2.000 Unternehmen betroffen wären, in Österreich
zwischen 15 und 25. Darunter befinden sich aber auch Banken, die bereits der Veröffentlichungspflicht unterliegen.
Stefan Schennach (S/W) hinterfragte die Meinung des Finanzministeriums insofern, als sich zu diesem EU-Vorschlag
große Länder wie Frankreich, Großbritannien und Italien positiv geäußert haben.
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