Belvedere: Meisterwerke im Fokus – „Therese Bloch-Bauer“ erstmals seit 1908 öffentlich
ausgestellt
Wien (belvedere) - In der 14. Ausstellung der Reihe Meisterwerke im Fokus widmet sich das Belvedere dem
äußerst vielseitigen Fin-de-Siècle-Künstler Max Kurzweil. Seine Biografie liest sich beinahe
wie die Vorlage zu einer Novelle aus dem Wien um 1900, und auch sein Werk, das sich stilistisch vom Impressionismus
über den Symbolismus bis hin zum Expressionismus bewegt, zeugt von einem besonders leidenschaftlichen Temperament.
Hundert Jahre nach seinem Tod und fünfzig Jahre nach der letzten Einzelausstellung im Belvedere zeigt die
Schau Max Kurzweil – Licht und Schatten vom 11. Mai bis 4. September 2016 neben bekannten Hauptwerken zahlreiche
bisher unbekannte oder nur selten ausgestellte Gemälde und Grafiken Kurzweils. Das Bildnis der Therese Bloch-Bauer,
Schwester der von Klimt porträtierten Adele, ist dabei eine sensationelle Wiederentdeckung, denn das Gemälde
wird erstmals seit 1908 öffentlich zu sehen sein.
„Mit einer Ausstellung zu Max Kurzweil setzt das Belvedere die erfolgreiche Reihe Meisterwerke im Fokus mit
einem herausragenden österreichischen Künstler fort, der nahezu in Vergessenheit geraten ist. Tatsächlich
handelt es sich in jeder Hinsicht um eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Gerade das Porträt
der Therese Bloch-Bauer, einer der Höhepunkte der Ausstellung, beweist, welches Talent und welche Raffinesse
den Arbeiten Kurzweils zugrunde liegen. Er muss endlich als einflussreiche Größe der österreichischen
Kunstgeschichte, insbesondere der Wiener Secession, verstanden werden“, so die Direktorin des Belvedere und des
21er Haus, Agnes Husslein-Arco.
Licht und Schatten – eine Lebensgeschichte wie eine Novelle
„Kaum eine Persönlichkeit verkörpert den Geist der Wiener Moderne um 1900 so typisch wie Max Kurzweil“,
so der Kurator der Ausstellung, Markus Fellinger. Obwohl oder gerade weil Kurzweil nie im Mittelpunkt der Wiener
Kunstszene stand, als wortkarg und verschlossen galt und keinen revolutionären Impetus an den Tag legte, könnte
seine Lebensgeschichte durchaus aus der Feder von Arthur Schnitzler stammen. Sie beinhaltet alles, was für
eine spannende Novelle nötig ist: ein junger Mann aus dem wohlhabenden Großbürgertum, Dragoneroffizier,
aber auch Lebemann und erfolgreicher Kunstmaler, verheiratet mit einer jungen Französin, deren Schönheit
für Aufsehen sorgt, die aber in Wien nicht glücklich ist, an Heimweh und Depressionen leidet. Die Ehe
bleibt kinderlos, und auch Kurzweil selbst ist häufig niedergeschlagen und antriebslos. Kurzweil schwankt
ständig zwischen einem ungezwungenen Künstlerleben und den Konventionen seiner großbürgerlichen
Herkunft. Die meiste Zeit bereits getrennt von seiner Frau lebend, beginnt er in fortgeschrittenem Alter eine Affäre
mit einer seiner Schülerinnen. Die Liaison wird von deren Vater entdeckt und verboten. Der im Ersten Weltkrieg
als Kriegsmaler zum Militär eingerückte Kurzweil trifft sich mit seiner Geliebten während eines
Diensturlaubs ein letztes Mal in seinem Wiener Atelier, wo sich beide mit Kurzweils Dienstpistole das Leben nehmen.
Vom Impressionismus zu Symbolismus und Expressionismus
Kurzweil studiert Malerei an der Wiener Akademie der bildenden Künste und der Académie Julian in
Paris. Ab 1893 verbringt er die Sommer in der bretonischen Hafenstadt Concarneau, wo er 1895 Marthe Guyot, die
Tochter des Vizebürgermeisters, heiratet. Licht und Farbe erhalten nun in seinen Werken zunehmend einen Eigenwert
und sprechen als symbolische Mittel mit. Gilt sein Interesse anfangs noch der Genremalerei in der Tradition des
französischen Naturalismus, wendet Kurzweil sich zunehmend dem Impressionismus zu. Seine Begabung verschafft
ihm bereits in jungen Jahren Erfolge in den Ausstellungen des Künstlerhauses. Als Gründungsmitglied der
Secession beschäftigt er sich zugleich mit symbolistischen und esoterischen Themen, lernt wohl von Emil Orlik
die Kunst des japanischen Farbholzschnitts und macht sich vor allem als Porträtist einen Namen. Sehr früh
entstehen auch Bilder in der Auseinandersetzung mit dem noch jungen Expressionismus.
Kurzweil ist vor allem als Porträtist der Wiener Gesellschaft bekannt. Sein Bildnis der Therese Bloch-Bauer,
Schwester der von Klimt gemalten Adele, wird in der Ausstellung erstmals seit 1908 öffentlich zu sehen sein.
Intime Porträts seiner französischen Frau Martha bilden einen weiteren Höhepunkt, ebenso die impressionistischen
Landschaften aus der Bretagne, Italien und Dalmatien. Das expressive Spätwerk, insbesondere die Aktbilder,
zeugen von einem leidenschaftlichen Temperament, das der aus wohlhabenden Verhältnissen stammende Gentleman
nur im Geheimen auslebte.
Die Ausstellung ist vom 11. Mai bis 4. September 2016 im Oberen Belvedere zu sehen.
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