Volksanwaltschaft – EU-Kraftakt zur
echten Krisenbewältigung nötig
erstellt am
18. 05. 16
11:00 MEZ2015: Rückgang an Beschwerden, Innenressort weiterhin Spitzenreiter
Wien (pk) - Wirtschaftskrise, Rekordarbeitslosigkeit, Flüchtlingsbewegungen – 2015 gab es viele Gründe für "Zukunfts- und Abstiegsängste" in der Bevölkerung, wie Volksanwalt Günther Kräuter in seinem Vorwort zum jüngsten Tätigkeitsbericht der Volksanwaltschaft ( III-235 d.B.) ausführt und anmerkt: "Ein europäischer Willens- und Kraftakt, der Wachstum und Beschäftigung erhöhen sowie gemeinsame Lösungen der Mitgliedsstaaten in der Asyl- und Flüchtlingspolitik garantieren könnte, steht aus". Österreichs Ombudsstelle versucht dennoch im Rahmen des Möglichen, die Menschen zu unterstützen. Dank der Bundesverfassung ist sie ermächtigt, Missständen in der Verwaltung nachzugehen und Verbesserungen herbeizuführen, so der aktuelle Vorsitzende Peter Fichtenbauer. Im Rahmen ihrer nunmehr dreijährigen Tätigkeit als Nationaler Präventionsmechanismus zur Sicherung der Menschenrechte habe die Volksanwaltschaft ebenfalls in vielen Bereichen ein Umdenken bewirkt, schildert Volksanwältin Gertrude Brinek anhand der Entwicklungen im Strafvollzug. Eine Reform der Sachwalterschaft verspricht sie sich noch vor dem Sommer.
Für 2015 weist die Volksanwaltschaft (VA) im Gegensatz zum Jahr davor einen Beschwerderückgang auf. Mit insgesamt 17.231 Beschwerden über die öffentliche Verwaltung gab es um 2.417 weniger als im Jahr 2014. Die ersten Plätze im Beschwerdeaufkommen nehmen aber weiterhin die Bereiche Inneres (28,16%), Soziales (28,01%) und Justiz (14,31%) ein. In 8.181 Fällen wurde ein formales Prüfverfahren eingeleitet, 7.850 davon schloss die Ombudsstelle ab. Gemeinsam mit 2.308 erledigten Verfahren aus den Jahren vor 2015 ergab sich ein Erledigungsgrad von 84,8%. Die Zahl von Missständen in der Verwaltung im Vorjahr beziffert der Bericht mit 1.812.
Im Rahmen der präventiven Menschenrechtskontrolle waren die Kommissionen der Volksanwaltschaft letztes Jahr insgesamt 501-mal im Einsatz. 439 der Besuche und Beobachtungen in öffentlichen und privaten Einrichtungen, die als Orte der Freiheitsentziehung gelten, erfolgten unangekündigt. Eingegangen wird im Bericht auch auf die in der Öffentlichkeit sehr kontrovers diskutierten Neubesetzungen in einigen Kommissionen. Die VolksanwältInnen erinnern dabei, "das Prinzip der Teilerneuerung von Kommissionsmitgliedschaften alle drei Jahre ist gesetzlich angelegt". Das System bleibe dadurch lernfähig.
Asylverfahren: Lange Wartezeit bei erster Instanz
Von den 1.496 Geschäftsfällen, die das Innenressort betrafen, bezogen sich 64% auf das Asyl-, Niederlassungs- und Fremdenpolizeirecht. Während Beschwerden über die Verfahrensdauer beim Bundesverwaltungsgericht, das für Rechtsmittel in Asylverfahren verantwortlich ist, im Berichtsjahr zurückgegangen sind, verdreifachten sich jene mit Bezug auf die erste Instanz, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Hauptgrund bildeten Asylanträge, die schon vor dem enormen Anstieg im Vorjahr anhängig waren. Die Volksanwaltschaft kann sich eine Besserung der Situation am BFA nur durch eine "erhebliche Personalaufstockung" vorstellen.
Appell für kleine Erstaufnahmezentren
Im Rahmen der nachprüfenden Kontrolle besuchten die Kommissionen der VA auch Einrichtungen des Bundes zur Betreuung von Asylwerbenden – Traiskirchen beispielsweise sechs Mal - und bewerteten diese als stark überlastet. Der Bericht schildert die drastische Lage vor Inkrafttreten des sogenannten Durchgriffsrechts am 1. Oktober 2015, mit dem das Innenministerium auch gegen den Willen von Ländern und Gemeinden Flüchtlingsquartiere auf Grundstücken des Bundes schaffen kann. Registriert wurde in den überbelegten Unterkünften vielfach Missstände, von mangelnder medizinischer Versorgung, gesundheitsgefährdenden und entwürdigenden Sanitäranlagen bis zu Einschränkungen bei Nahrungsmittelversorgung und Schlafplätzen, selbst für "besonders vulnerable Personen" wie Schwangere, Minderjährige oder Kranke.
Auch mit der Umsetzung des Durchgriffsrechts wurden nicht alle Probleme gelöst – vor allem für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF), die oft traumatisiert in den Erstaufnahmestellen einlangten, fehlte es weitgehend an fachlicher Betreuung und angemessener Unterbringung. Der Volksanwaltschaft ist es daher weiterhin ein großes Anliegen, schutzbedürftige Personen in mehreren kleinen Erstaufnahmezentren unterzubringen, schon um ethnische Konflikte zu vermeiden. Vermisst wird weiters eine entsprechende Nachbetreuung für Jugendliche nach Erfüllung des 18. Lebensjahres. Zu den besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen gehören auch Menschen mit Behinderung, für die nach wie vor keine Notfallpläne existieren.
Kritik an Bemessung von Rehabilitationsgeld
Mehrere Bedenken hegt die Volksanwaltschaft über die Ausgestaltung des Rehabilitationsgeldes, das 2014 für die Gruppe der unter 50-jährigen die befristete Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension ersetzt hat. Vielfach würden Missverständnisse bei den Behörden den Bezug der Unterstützungsleistung erschweren: So führe der Zugang zu medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen sowie zum Rehabilitationsgeld über einen negativen Bescheid des Pensionsversicherungsträgers. Höchst problematisch, auch aus verfassungsrechtlichen Gründen, sieht die VA, dass bei der Bemessung des Anspruchs auf Rehabilitationsgeld – anders als beim Krankengeld – Familienverhältnisse und Sorgepflichten unberücksichtigt bleiben. Zudem werde die Leistung nicht jährlich valorisiert.
24-Stunden-Pflege ausbaufähig
Benachteiligungen bei pflegebedürftigen Personen macht die Volksanwaltschaft in Zusammenhang mit der im Vorjahr erschwerten Gewährung von Pflegegeld aus, konkret bei Personen mit gleichbleibenden geringem Pflegebedarf. Während jene, die vor 2015 Zugang zur Leistung erhalten hatten, Pflegegeld bekämen, hätten Personen mit aktuell gleichwertigem Pflegebedarf keinen Anspruch mehr. Die heurige Erhöhung des Pflegegelds um 2% wertet die VA als unzureichend in Hinblick auf die höhere Teuerungsrate. Generell hält die Ombudsstelle fest, die öffentliche Hand solle mehr Mittel für die 24-Stunden-Betreuung daheim als für die stationäre Pflege aufwenden, gleichzeitig aber die Qualitätssicherung der häuslichen Pflege verbessern. Unsicherheiten gebe es auch bei der Vermittlung der 24-Stunden-Betreuungskräfte bzw. deren Anmeldung bei der gewerblichen Sozialversicherung, weil hier ein eigenes Gewerbe der Personenbetreuung fehle.
Menschen mit Behinderung haben Recht auf angemessene Entlohnung
Bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) ist Österreich aus Sicht der Volksanwaltschaft noch säumig, vor allem in arbeitsmarktpolitischer Hinsicht. In Beschäftigungstherapiewerkstätten tätige Personen etwa seien mangels Pensionsversicherung zeitlebens auf Sozialhilfe angewiesen und erhielten für ihre Arbeit nur Taschengeld. Laut BRK hat aber jeder Mensch, der arbeitet, "das Recht auf angemessene und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine menschenwürdige Existenz sichert". Weiters fordert die VA flächendeckend das gleiche Unterstützungsangebot für Menschen mit Behinderung, da die Bundesländer die Förderung von Persönlicher Assistenz für den Alltag sehr unterschiedlich auslegen. Beschwerden sind bei der Volksanwaltschaft auch über die lange Verfahrensdauer beim Sozialministeriumservice und beim Bundesverwaltungsgericht – etwa zur Ausstellung eines Behindertenpasses – eingegangen.
Gesundheitsmängel im Strafvollzug
Mit dem Gesundheitswesen in heimischen Gefängnissen ist es dem Volksanwaltschaftsbericht zufolge nicht zum Besten bestellt – zahlreiche Häftlinge hätten sich im Berichtsjahr über unzureichende medizinische Versorgung beklagt. Entgegen der Bestimmungen im Strafvollzugsgesetz, wonach für die Erhaltung der körperlichen und geistigen Gesundheit der Strafgefangenen Sorge zu tragen ist, gab es Mängel bei der medizinischen Versorgung, bei Aufenthaltsbedingungen und der Betreuung von InsassInnen mit schwerer Intelligenzminderung. Exemplarisch nennt die Ombudsstelle den Fall eines Mannes im Entwicklungsstand eines Kindes, dem ein verurteilter Rückfalltäter als "Buddy" zur emotionalen Unterstützung als Mitinsasse zugeteilt worden war. Wiewohl die VA das "Buddy System" für die Betreuung von Neuzugängen in Justizanstalten begrüßt, hinterfragt sie in diesem spezifischen Fall die Wahl durch den psychologischen Dienst. Als weitere Problemfelder nennt die Ombudsstelle mangelhafte Schutzmaßnahmen zur Minderung des Infektionsrisikos bei Erste-Hilfe-Leistungen, die Trennung von weiblichen Häftlingen von ihren Säuglingen, unausgewogene Speisepläne und lange Therapiewartezeiten.
Positiv wird einerseits vermerkt, durch die Forderungen der Kommissionen des Nationalen Präventionsmechanismus (NPM) der Volksanwaltschaft würden im Hygienebereich der Justizanstalten Mindeststandards sowie Schulungsmaßnahmen vorangetrieben. Andererseits hatten die Besuchskommissionen konkret in der Sonderkrankenanstalt der Justizanstalt Stein den Eindruck, das Personal kümmere sich weiterhin nicht ausreichend um pflegebedürftige Inhaftierte. Generell sei Personalmangel ein zentrales Problem in heimischen Gefängnissen, was sich unter anderem in rigiden Einschlusszeiten und unzureichender Beschäftigung für die Inhaftierten äußere.
Maßnahmenvollzug schrittweise umgestellt
Für den Maßnahmenvollzug hat das Justizministerium umfangreiche Reformen angekündigt (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 229 /2016). Als erster organisatorischer Schritt erfolgte die Einrichtung einer Clearingstelle, die therapeutische Maßnahmen koordinieren und Untergebrachte den passenden Institutionen zuweisen soll. Erhofft wird nun die rasche legistische Umsetzung der geforderten Änderungen in der Vollzugspraxis, beispielsweise zur Qualitätssicherung bei Nachsorgeeinrichtungen. Vorangegangen war den Reformbemühungen eine NPM-Sonderprüfung wegen eines seit vielen Jahren im Maßnahmenvollzug untergebrachten Insassen in der Justizanstalt Stein, der einer erschütterten Verwahrlosung ausgesetzt gewesen war (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 529 /2014). Derzeit führt die Staatsanwaltschaft Wien gegen Bedienstete der Justizanstalt Stein Ermittlungen wegen des Vergehens des Quälens oder Vernachlässigens eines Gefangenen. Zudem laufen Disziplinarverfahren.
Reform des Sachwalterschaftsrechts noch 2016
Wie in den Jahren davor wandte sich auch im Berichtsjahr eine Vielzahl an BürgerInnen mit Beschwerden oder Anfragen in Sachwalterschaftsbelangen an die Volksanwaltschaft. Da Sachwalterinnen und Sachwalter durch Gerichtsbeschluss bestellt bzw. abberufen werden, kann die Ombudsstelle in ihrer Rolle als Kontrollorgan der Verwaltung die erhoffte Hilfestellung zwar oft nicht bieten. Sie verweist die Hilfesuchenden aber an die zuständige Gerichtsabteilung und dokumentiert zudem in ihrem Bericht die Missstände anhand exemplarischer Fälle. Neben fehlendem Kontakt zwischen SachwalterIn und besachwalteter Person sowie deren Angehörigen war auch 2015 ein zentraler Kritikpunkt, dass Menschen in Sachwalterschaft oft finanziell äußerst "kurz" gehalten werden, selbst wenn ausreichend Geldmittel in einem Haushalt zur Verfügung stehen. An der von Betroffenen vehement eingeforderten Reform des Sachwalterrechts arbeitet derzeit eine Arbeitsgruppe im Justizministerium gemeinsam mit der Volksanwaltschaft, ein Gesetzesentwurf wird vor dem Sommer erwartet.
Wahrheitsanspruch der Menschenrechtskontrolle
Seit Juli 2012 hat die Volksanwaltschaft im Rahmen der präventiven Menschenrechtskontrolle 1.575 Einsätze verzeichnet. Als Nationaler Präventionsmechanismus (NPM) prüfen Kommissionen der Ombudseinrichtung, ob das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (OPCAT), sowie Regelungen der UN- Behindertenrechtskonvention eingehalten werden. Grundlage für die Besuche und Beobachtungen in Justizanstalten, Polizeianhaltezentren, Krankenhäusern, Jugend-, Alten- bzw. Pflegeheimen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung sowie von Exekutiveinsätzen (Zwangsakte) etwa bei Demonstrationen, ist eine verfassungsrechtliche Kompetenzerweiterung, die ab heuer auch die Begleitung von Abschiebeflügen umfasst. Ungebrochen ist die mehrfache Kritik an Abschiebevorgängen – zum Beispiel wegen Missachtung des Kindeswohls-, Verbesserungen werden bei der polizeilichen Handhabe von Demonstrationen vermerkt.
Der Nationale Präventionsmechanismus wurde 2015 hinsichtlich Prüfschwerpunkte und Methodik evaluiert, wobei man die – auf der VA-Website und im Anhang des Berichts nachzulesenden - Prüfschemata aktualisierte. Wichtige Faktoren dabei sind Besuchsvorbereitung und Gegenprüfung, um die Richtigkeit erhobener Umstände sicherzustellen.
Gewalt in Altenheimen
Als "Alarmsignal" bezeichnet die Volksanwaltschaft in ihrem NPM-Bericht, dass viele ältere Pflegekräfte in Heimen aufgrund ihrer Arbeitssituation frühzeitig aus dem Beruf ausscheiden. Supervisionen sollten daher in Betreuungsberufen an Bedeutung gewinnen. Überlastung und Unterbesetzung im Pflegepersonal seien außerdem ein Hauptrisikofaktor für Gewalt gegen die BewohnerInnen der Altenheime – von Vernachlässigung bis hin zu mechanischen und medikamentösen Freiheitsbeschränkungen, Stichwort Psychopharmaka. Die Weltgesundheitsorganisation definiert Gewalt auch als Einschränkungen oder Zwang, weswegen Normierungen der Essens- und Schlafenszeiten oder der Duschtage ebenfalls in diese Kategorie fallen. Dazu kommen laut Kommissionserhebungen finanzielle Ausbeutung oder aggressive Übergriffe wie Handgreiflichkeiten sowie entwürdigende Behandlungen, wenn die Intimsphäre der BewohnerInnen missachtet wird. Fallweise trafen die Kommissionen deutlich mangelernährte Personen in Heimen an und drängten auf frühzeitige Intervention, zumindest in Form von mehr pflegerischer Hilfe bei der Essensaufnahme. Meldeverstöße wurden im Zusammenhang mit elektronischen Überwachungssystemen registriert.
Aufgrund der steigenden Zahl Demenzkranker rät die Volksanwaltschaft dringend zu besserer Ausbildung von Pflegekräften im gerontopsychiatrischen Bereich, von der Sturzprävention bis zum Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten. Ziel sei, eine wertschätzende Pflege sicherzustellen, wobei auch eine wohnliche Atmosphäre und normale Tagesabläufe eine große Rolle spielen. Obwohl mit dem Inkrafttreten des Heimaufenthaltsgesetzes, gültig in Alten- und Pflegeheimen, Behinderteneinrichtungen, Tageszentren und Krankenanstalten, gestiegene Sensibilität in Hinblick auf mechanische Mittel zur Freiheitsbeschränkung bemerkt wird, erkennt die Volksanwaltschaft immer noch Defizite in mehreren Einrichtungen. In Krankenhäusern und Psychiatrien wurde zwar festgestellt, dass das Verbot von Netzbetten mittlerweile Wirkung zeigt, medikamentöse Freiheitsbeschränkungen werden in psychiatrischen Spitälern aber vielfacht als Teil der Therapie angesehen.
Betreuungseinrichtungen leiden an Personalnot
Generell verlangt die Volksanwaltschaft, die Aufenthaltsdauer psychiatrischer bzw. älterer PatientInnen in Krankenhäusern auf die medizinisch notwendige Zeit zu beschränken. Dafür müssten ausreichend extramurale Plätze geschaffen werden. Die Kontrollen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe zeigten ebenfalls, dass es für psychisch kranke Minderjährige nach wie vor zu wenige geeignete Plätze gibt. Auch wenn die jungen Menschen in sozialpädagogischen Wohngemeinschaften oder -heimen untergebracht sind, werde aufgrund des Personalmangels, besonders bei Kräften mit spezieller Ausbildung, das Angebot der Nachfrage nicht gerecht. Probleme gab es zudem mit dem Schutz der Privatsphäre in einigen besuchten Einrichtungen, wenn Rückzugsmöglichkeiten fehlten. Mehrfach wurde die Implementierung von Konzepten zum Schutz vor Gewalt und sexuellen Übergriffen eingemahnt. Bedenklich stellte sich oftmals der Umgang mit Sanktionen dar; so kamen Methoden wie Isolierung, Erniedrigung oder Eingriffe in die persönliche Integrität zur Anwendung. Als schwerwiegendes Beispiel wird ein Fall beschrieben, in dem ein Kind, nachdem es ins Bett gemacht hatte und sich weigerte, es neu zu beziehen, die Nacht halbnackt im Regen verbringen musste. Die Volksanwaltschaft hält dezidiert fest, dass entwürdigende Strafen verboten sind. Anstatt von Sanktionen müssten alternative "Wiedergutmachungsmodelle" etabliert werden.
Empfehlungen an den Gesetzgeber neu geordnet
Die im Vergleich zu den Vorjahren scheinbar niedrige Anzahl von Gesetzesvorschlägen an die Legislative – 19 – erklärt sich mit der Neugestaltung der Empfehlung im Berichtsteil zur Menschenrechtskontrolle. Die NPM-Empfehlungen sind nunmehr in Themenbereiche, unbenommen der zuständigen Ministerien, geordnet und nicht mehr eindeutig als "Legislative Anregungen" ausgewiesen. Zur Veranschaulichung: Vier Hauptgruppen – Einrichtungen, Rückführungen und Entlassungen, Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, Allgemeine Empfehlungen – gliedern sich weiter in dazugehörige Untergruppen wie bauliche Ausstattung oder Sicherungsmaßnahmen, in denen wiederum konkrete Forderungen zu einzelnen Teilbereichen aufgelistet sind. Dass Anhaltungen lückenlos dokumentiert sein müssen, ist etwa beim Punkt "Polizeianhaltezentren" zu lesen.
Bei den Legislativvorschlägen für Verwaltungsänderungen ist auch die Reaktion des jeweiligen Ressorts dazu vermerkt. Auf die Forderung, sogenannten Neuen Selbstständigen Zeiten vor ihrer Einbeziehung in die Pflichtversicherung beitragsfrei anzurechnen, erklärte beispielsweise das Sozialministerium, aus budgetären Gründen könne eine solche Berücksichtigung von Ausübungsersatzzeiten nicht erfolgen. Das Wissenschaftsministerium sieht keinen Änderungsbedarf zum Vorstoß der VA, dass ein Mobilitätstipendium auch jenen ÖsterreicherInnen gewährt wird, die nicht fünf Jahre lang ihren Lebensmittelpunkt im Inland hatten. Vier der Anregungen wurden jedoch umgesetzt, und zwar von den Ministerien für Soziales, Inneres und Verkehr.
Klein aber oho – über Österreichs Grenzen hinaus
Mit einem Budget von 10,48 Mio. € und 73 Planstellen – die Mitglieder der sechs NPM-Kommissionen und des Menschenrechtsbeirats zählen nicht zum Personalstand – ist die Volksanwaltschaft das kleinste oberste Organ der Republik, geht aus ihrem Bericht hervor. Dennoch zeigt die Ombudsstelle neben ihrer umfassenden Prüftätigkeit außerordentlichen Einsatz bei der Öffentlichkeitsarbeit. Die bürgernahe Kommunikation bei Sprechtagen (2015: 243) und der Kontakt via Telefon, Brief oder E-Mail spielen dabei die Hauptrolle. Forciert wird aber auch die öffentliche Menschenrechtsbildung und das Rechtsbewusstsein, sei es im Besucherzentrum VA.TRIUM, an Schulen und in Veranstaltungen oder über die Homepage. Als Sitz des Internationalen Ombudsmanninstituts nimmt die österreichische Volksanwaltschaft die Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen, der OSZE, dem Europarat, der EU und mit Partnerorganisationen ebenfalls sehr ernst, wie sie etwa mit ihren Aktivitäten beim Twinning Projekt der Europäischen Kommission zur Unterstützung der Ombudsmann-Einrichtung Mazedoniens zeigt.
Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at
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