Verein Pro Niederösterreich lud zur Diskussion mit zahlreichen Experten und schreibt neuen
Preis für Freiwillige aus
St. Pölten (pronoe) - Am 31.05. fand im Cityhotel in der Landeshauptstadt St. Pölten auf Initiative
des Vereins Pro Niederösterreich unter dem Titel „Die Zukunft des Ehrenamtes“ eine Enquete mit hochrangigen
Vortragenden über die Zukunft des Freiwilligenwesens und seine Rolle in der Gesellschaft statt. Pro NÖ-Präsidentin
LHStv. Mag. Karin Renner, auf deren Initiative diese Veranstaltung zurückgeht, konnte auch einen neuen Ehrenpreis
von Pro NÖ vorstellen. Unter dem Titel „Wir sind Niederösterreicher“ wird in Zukunft einmal im Jahr das
Engagement von Menschen, die im Ehrenamt Besonderes geleistet haben, gewürdigt. Bislang noch nicht engagierte
Menschen möchte der Verein animieren, sich freiwillig zu engagieren. Der Preis wird in drei Kategorien - Zukunft,
Verantwortung und Gesellschaft - verliehen, zudem gibt es einen Sonderpreis für besondere Innovationen im
Ehrenamt. Ausschreibungsunterlagen werden in Kürze auf der Homepage von Pro NÖ http://pronoe.at/ veröffentlicht.
In Zuge der Enquete legten neben LHStv. Mag. Karin Renner Probst KR Mag. Maximilian Fürnsinn vom Stift Herzogenburg,
ASBÖ-Bundesgeschäftsführer MR Reinhard Hundsmüller, NÖ Landesbranddirektor Dietmar Fahrafellner
MSc, NÖ Pensionistenverbandspräsident Prof. Dr. Hannes Bauer, NÖ-Volkshilfe-Präsident Prof.
Ewald Sacher und Jugendforscher Mag. Bernhard Heinzlmaier ihre Sicht der Dinge über die Zukunft des Ehrenamts,
aber auch die Wünsche und Anforderungen an Politik und Gesellschaft zur Absicherung dieser so wichtigen Säule
des menschlichen und sozialen Zusammenlebens dar.
Für Prälat Mag. Maximilian Fürnsinn sind die Freiwilligen „das Salz der Suppe in der Kirche“! „Freiwillige
sind der Kitt der Gesellschaft, ohne Freiwilligkeit und Ehrenamt würde es in der Gesellschaft kälter
werden. Die Gesellschaft und die Kirche leben von den Freiwilligen und der Bereitschaft der Menschen, sich einzubringen.
Viele Bereiche, wie Sozialdienste, Lebensberatung, Gemeinschaftsbildung, Fest- und Freizeitgestaltung sowie Bildungsangebote
wären ohne Ehrenamtliche gar nicht denkbar. Allein in der Diözese St. Pölten engagieren sich rund
60.00 Menschen, die im Durschnitt rund 2,5 Stunden pro Woche tägig sind. Das bedeutet eine Arbeitsleistung
von 7,3 Millionen Stunden und entspricht ungefähr 3.650 Vollzeitbeschäftigten oder Lohnkosten von rund
160.000 Millionen Euro pro Jahr. Ehrenamtliche sind wahre Schätze - mit denen muss man sorgsam umgehen, auch
Freiwillige bringen persönliche Bedürfnisse in ihre Arbeit mit und besonders wichtig ist auch die persönliche
Wertschätzung. Viele Engagierte wollen auch ein persönliches, positives Ergebnis oder Erlebnis haben,
möchten nicht nur Sinn und Freude stiften, sondern auch Freude erhalten. Daher gilt es, das Ehrenamt regelmäßig
vor den Vorhang zu holen und Danke zu sagen“, so Fürnsinn.
ASBÖ-Bundesgeschäftsführer Reinhard Hundsmüller legte in seinen Ausführungen einen besonderen
Focus auf die steigenden Herausforderungen und Anforderungen von Freiwilligen vor allem im Rettungs- und Sanitätsdienst.
„Freiwillige sind das Rückgrat der Gesellschaft, 49 % der Männer und 42 % der Frauen sind ehrenamtlich
tätig, sie leisten ein Engagement in der Höhe von rund 6 Milliarden Euro des jährlichen BIP Österreichs.
Besonders die Arbeit im Rettungs- und Sanitätsdienst braucht eine Topausbildung. Die Rettungsdienststellen
müssen rund um die Uhr besetzt sein, viele Freiwillige haben neben ihrem Engagement aber natürlich auch
noch ihre Familie und ihren Beruf. Der Willen, sich freiwillig zu engagieren, geht teilweise zurück. Wir brauchen
Angebote für verschiedene Altersgruppen und Interessen, wir wollen auch kurzzeitiges Engagement ermöglichen
und wir brauchen eine gesunde Balance zwischen den Anforderungen der Rettungsorganisation und den Wünschen
der Ehrenamtlichen“, so Hundsmüller, der auch seine Wünsche an die Politik ausspricht: „Eine bessere
Absicherung der Freiwilligen in Haftungs- und Regressfragen, die Absetzbarkeit von Aufwendungen für die freiwillige
Tätigkeit sowie eine generelle Regelung für die Freistellung im Katastrophenfall sind hier wichtige Anliegen,
die uns bewegen.“
„Helfende Hände gehören gepflegt und nicht gefesselt!“, umreißt Landesfeuerwehrkommandant Dietmar
Fahrafellner, der Chef der größten Freiwilligenorganisation des Bundeslandes, den Freiwilligen Feuerwehren
mit rund 98.000 Mitgliedern, die gesellschaftlich, aber auch sicherheitspolitische Wichtigkeit des Freiwilligenwesens.
Die 1.719 freiwilligen und 88 Betriebsfeuerwehren, denen mittlerweile auch 6.291 Frauen angehören, leisteten
im Jahr 2015 66.000 Einsätze mit 8,5 Millionen Arbeitsstunden. Nicht eingerechnet ist der Zeitaufwand bei
der Organisation von Festen, bei der Nachwuchspflege, bei Wettbewerben, Ausbildung oder der Pflege von Gerätschaften
und der Feuerwehrhäuser.
„Eine große Herausforderung für uns ist die Überalterung. Die Rekrutierung unseres Nachwuchses
ist mittlerweile zur Schwerarbeit geworden, die Gesellschaft ist im Umbruch, Egoismus und Konsum zählen im
Computerzeitalter, wo die Jugend mehr Zeit vor ihrem Computer verbringt als mit Freuden. Wir gehen massiv in die
Schulen, das bedeutet auch viel Arbeit, wir öffnen die Feuerwehrhäuser und gehen zu den Menschen. Wir
müssen aber auch die Anforderungen an unsere Freiwilligen im Auge behalten. Die Ausbildung ist zeitintensiv,
wir dürfen die möglichen Freiwilligen nicht durch überbordende Lehrpläne abschrecken“, so Fahrafellner.
„Engagement kennt keine Altersgrenzen. In einem Land zu leben, in dem 3,3 Millionen Menschen sich freiwillig engagieren,
ist bemerkenswert, Das Jahr der Freiwilligen 2012 war ein wichtiger Impuls für das freiwillige Engagement,
es hat nicht nur ein Gesetz, sondern auch ein neues Selbstverständnis für Engagement und Freiwilligkeit
gebracht. Inzwischen ist jeder überzeugt, dass diese wichtige Säule für den gesellschaftlichen Zusammenhalt
gebraucht wird“, so der Präsident des NÖ Pensionistenverbands Prof. Dr. Hannes Bauer. „Mitbestimmen und
mitgestalten zu dürfen, ist wichtig für das Freiwilligenengagement. Gerade die ältere Generation,
mit fast 2 Millionen Menschen über 60, ist jene gesellschaftliche Gruppe, die besonders für die Freiwilligenarbeit
zur Verfügung steht. Viele Pensionistinnen und Pensionisten erkennen diese Möglichkeit, freiwilliges
Engagement ist ein wichtiger Baustein im Leben vieler älterer MitbürgerInnen. Es ist auch für sie
eine besondere Bestätigung, das Gefühl der Solidarität und das Verantwortungsbewusstseins nicht
nur zu erhalten, sondern auch weitergeben zu können.
Von der NÖ Volkshilfe wurde die Aktion „Mut zur Hilfe“ gestartet. Sinn und Zweck ist es, neue Freiwillige
zu gewinnen, die die derzeit rund 1.500 Hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der NÖ Volkshilfe
bei ihrer Arbeit unterstützen. „Die Initiative war ein Erfolg, unsere Ehrenamtlichen sind ein unverzichtbarer
Bestandteil der Vereinsarbeit geworden. Vielfach bedarf es nur eines Anstoßes oder Impulses, Menschen zu
überzeugen, dass sie eine ehrenamtliche Tätigkeit übernehmen können. Es ist uns beispielsweise
mit unseren Sozialombudsleuten in Niederösterreich gelungen, wichtige Anlaufstellen für viele Menschen
zu schaffen. Unsere Ombudsleute sind in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft hellhörig und helfen Menschen bei
Problemen, Anfragen oder auch nur kleinen Wünschen unterschiedlichster Art. Immer wieder gelingt es auch,
Ehrenamtliche bei projektbezogenen Aktionen, wie beispielsweise bei Katastrophenfällen oder auch in der Flüchtlingsbetreuung,
zu gewinnen. So manche bleiben uns dann auch weiter erhalten und bringen sich ein. Auch wir in der Volkshilfe sehen
es von besonderer Wichtigkeit, dass die Freiwilligen aus ihrem Engagement einen Benefit erfahren“, so Volkshilfe
NÖ-Präsident Prof. Ewald Sacher.
„Es hat schon Zeiten gegeben, wo ehrenamtliches Arbeiten angesehener war“, meint Jugendforscher Mag. Bernhard Heinzlmaier.
Durch die Veränderung der Qualität sozialer Sicherungssysteme, dem Bedeutungszuwachs der Erwerbstätigkeit
und der Unterordnung des Familienlebens unter die Ausbildung und die Anforderungen des Arbeitsmarktes haben sich
hier bereits über viele Jahre Prioritäten verschoben.“ Junge Menschen haben immer weniger Zeit und Energie
für das Ehrenamt, da ihre Ausbildung und dann ihr Beruf immer mehr Zeit und Energie in Anspruch nehmen. Der
Konsum ersetzt das Bedürfnis nach Freiheit, immer mehr wollen den Lebenssinn über den Konsum verwirklichen.
Den Konsum bzw. die Fähigkeit zu konsumieren, verlieren zu können, versetzt viele Menschen in Angst.
Freiheit und persönliche Interessen werden daher hintangestellt, um das zu verhindern", sieht Heinzlmaier
zweifellos große Herausforderungen für die Freiwilligenorganisationen, auch in Zukunft genug jugendlichen
Nachwuchs für die Freiwilligenarbeit gewinnen zu können.
„Das Ehrenamt ist eine wesentliche Stütze der Gesellschaft, es kann nicht genug Anerkennung geben und wir
können gar nicht genug Respekt vor jenen zeigen, die sich jeden Tag engagieren und auch ihre Gesundheit und
ihr Leben aufs Spiel setzen, wenn sie beispielsweise bei Feuerwehr und Rettungsorganisationen Einsätze absolvieren.
Freiwilligenarbeit und Freiwilligenengagement machen unsere Gemeinschaft um vieles reicher und lebenswerter. Das
ist nicht allein in Geld oder in Statistiken zu messen, das Positive an der Freiwilligenarbeit sehen und spüren
wir jeden Tag zu den unterschiedlichsten Gelegenheiten und Anlässen. Beim Samariterbund, dem Roten Kreuz und
anderen Rettungs- und Sozialdiensten, bei den Feuerwehren, beim Zivilschutz, der Katastrophenhilfe und in der Alten-
bzw. Behindertenbetreuung ist ehrenamtliches Engagement unabdingbar für das Funktionieren unserer Gesellschaft.
Auch in kaum einer sozialen Einrichtung des Landes wäre es möglich, den Betrieb ohne freiwillige MitarbeiterInnen
aufrecht zu erhalten. Ebenso gilt den Funktionärinnen und Funktionären der tausenden niederösterreichischen
Vereine, von den Sportvereinen bis hin zu den Kulturvereinen, vom Dorfverschönerungsverein bis hin zu Vereinen,
die Traditionen pflegen, unser Dank. Von Seiten der Politik müssen wir jedenfalls die Anliegen der Freiwilligenorganisationen
ernst nehmen und Lösungen und passende Rahmenbedingungen anbieten. Das Freiwilligenwesen muss abgesichert
werden, sonst droht unsere Gesellschaft, wie bereits erwähnt, ärmer und kälter zu werden. Das wollen
wir auf jeden Fall verhindern", so Pro NÖ-Präsidentin LHStv. Mag. Karin Renner.
|