EU-Ausschuss des Bundesrats begrüßt Vorhaben zur stärkeren Außengrenzsicherung
Brüssel/Wien (pk) - Zur Rettung des Schengenraums braucht die Europäische Union ein besseres Außengrenzen-Management.
Mit dieser Meinung ist die Europäische Kommission nicht alleine, auch im EU-Ausschuss des Bundesrats stimmten
am 31.05. grundsätzlich alle Fraktionen zu, die Kontrolle von Grenzübertritten in den Unionsraum sei
zu modernisieren und zu verbessern, um illegale Migration zu unterbinden und Terroristen und Schwerkriminelle besser
zu identifizieren. Kern des Kommissionsvorschlags dazu ist, biometrische Daten in einem schnell zugänglichen
Informationssystem automatisch zu speichern, wenn Drittstaatsangehörige ein- oder ausreisen. Derzeit werden
Einreisende beim Überqueren der Schengen-Außengrenzen lediglich manuell kontrolliert. Ein weiterer Verordnungsentwurf
schreibt Methoden zur Überwachung des elektronischen Grenzmanagements-Systems vor, damit es nicht missbräuchlich
genutzt wird. Umfasst davon sind auch IT-basierte Möglichkeiten zur Verwendung eines Self-Service-Systems
für Grenzübertrittskontrollen.
Wer kommt, soll besser kontrolliert werden
Mit dem Verordnungsvorschlag über ein Einreise-/Ausreisesystem (EES) sollen die Grenzkontrollverfahren für
Nicht-EU-BürgerInnen, die in die EU reisen, beschleunigt und erleichtert werden. Ziel der Modernisierung des
Außengrenzen-Managements ist, durch bessere Kontrollen den Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der Situation
zu helfen, wenn sie mit einer steigenden Zahl von Personen konfrontiert sind, die in die EU einreisen und aus der
EU ausreisen. Als Teil des umfassenden Pakets "Intelligente Grenzen (Smart Borders)", soll der Legislativvorschlag
zur Erhöhung der inneren Sicherheit und zur wirksameren Bekämpfung von Terrorismus und organisierter
Kriminalität dienen.
Aufgrund des vorgeschlagenen Einreise-/Ausreisesystems wird es auch möglich sein, wirksamer zu kontrollieren,
ob die zulässige Dauer bei Kurzaufenthalten eingehalten wird, Grenzkontrollen stärker zu automatisieren
und Dokumenten- und Identitätsbetrug leichter aufzudecken. In dem System sollen alle Nicht-EU-BürgerInnen
registriert werden, die für einen Kurzaufenthalt (von höchstens 90 Tagen in einem Zeitraum von 180 Tagen)
in den Schengen-Raum einreisen dürfen.
Erfasst werden der Name des bzw. der Reisenden, die Art des Reisedokuments, biometrische Daten sowie der Zeitpunkt
und der Ort der Ein- und der Ausreise. Dies wird Bona-fide-Reisenden den Grenzübertritt erleichtern. Außerdem
können Personen ermittelt werden, die die zulässige Aufenthaltsdauer überschritten haben oder sich
ohne gültige Ausweispapiere im Schengen-Raum aufhalten. Einreiseverweigerungen werden ebenfalls in dem System
erfasst.
In dem vorgeschlagenen System sollen alphanumerische und biometrische Daten - eine Kombination aus vier Fingerabdrücken
und dem Gesichtsbild - gespeichert werden. Wie die Kommission versichert, sind angemessene Datenschutzgarantien
und strenge Zugangsregeln vorgesehen. Das System besteht aus einer zentralen Datenbank mit nationalen Netzzugangspunkten.
Zwischen dem Einreise-/Ausreisesystem und dem Visa-Informationssystem (VIS) wird Interoperabilität hergestellt.
Auch die Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europol sollen unter genau festgelegten Bedingungen
Zugang zum Einreise-/Ausreisesystem haben. Das soll zu einer Erhöhung der Sicherheit im Kampf gegen Terrorismus
und organisierte Kriminalität führen.
Zum Paket "Intelligente Grenzen" gehört auch ein überarbeiteter Vorschlag für eine Verordnung
zur Änderung des Schengener Grenzkodexes unter Berücksichtigung der technischen Änderungen, die
sich aus dem vorgeschlagenen Einreise-/Ausreisesystem ergeben. Diese Änderungen beinhalten, dass Selbstbedienungssysteme
und elektronische Grenzkontrollen ("e-Gates") für Drittstaatsangehörige eingerichtet werden,
und ermöglichen damit die automatisierte Erledigung bestimmter Schritte des Kontrollverfahrens und die Einführung
nationaler Registrierungsprogramme für Reisende durch Mitgliedstaaten, die solche Programme umsetzen möchten.
Das Einreise-/Ausreisesystem wird das derzeitige System des manuellen Abstempelns von Reisepässen ersetzen,
das zeitaufwändig ist, keine verlässlichen Daten zu Grenzübertritten liefert, die Aufdeckung von
Aufenthaltsdauer-Überschreitungen nicht ermöglicht und keine Lösung für den Fall bietet, dass
Reisedokumente verloren gehen oder vernichtet werden, begründet die EU-Kommission ihren Vorschlag.
Die Pläne der EU wurden von den Bundesrätinnen und Bundesräten durchwegs begrüßt. Wie
Stefan Schennach (S/W) dazu bemerkte, zahlt es sich aus, wenn sich die Parlamente eingehend mit den E-Vorlagen
befassen und ihre Stellungnahmen dazu abgeben. Denn der im Jahr 2013 vorgelegte Entwurf wurde schlussendlich zurückgezogen
und nach grundlegender Überarbeitung neu vorgelegt. Der nunmehrige Vorschlag bedeute einen riesigen Sprung,
denn nun würden die Datenschutzbehörden mit der Kontrolle beauftragt. Schennach trat daher mit Nachdruck
dafür ein, dem Ganzen eine Chance zu geben.
Der im Ausschuss anwesende Vertreter des Innenministeriums wies gegenüber Edgar Mayer (V/V) darauf hin, dass
jeder Drittstaatsangehörige erfasst wird, egal ob dieser zu Land, Wasser oder Luft einreist. Die Daten der
Reisepässe sowie vier Fingerabdrücke werden beim erstmaligen Grenzübertritt in den Schengenraum
erfasst, was durchaus zu Wartezeiten führen könne, räumte er ein.
Personen, die die Grenze illegal überschritten haben, werden nicht im EES erfasst, erläuterte er nach
einer Wortmeldung von Ferdinand Tiefnig (V/O). Bei einem etwaigen Aufgriff solcher Personen würden diese einer
fremdenpolizeilichen Behandlung wie bisher unterzogen werden. Es werde auch weiterhin möglich sein, zwei Reisepässe
zu haben, bestätigte er Bundesrat Ewald Lindinger (S/O), beide Pässe würden im System gespeichert.
Monika Mühlwerth (F/W) äußerte Skepsis hinsichtlich der Zugriffsmöglichkeiten der Fluglinien
auf die Daten. Diese Bedenken räumte der Vertreter des Innenresorts insofern aus, als er daran erinnerte,
dass jedes Beförderungsunternehmen verpflichtet sei, sich zu vergewissern, ob jemand zur Einreise berechtigt
ist oder nicht. Da es in Zukunft keinen Stempel mehr im Pass gibt, könnten die Unternehmen die nötige
Prüfung nicht vornehmen, weshalb die Einsichtnahme in die Daten notwendig sei. Die Daten würden automatisch
nach fünf Jahren gelöscht, ein Rechner überprüfe auch, ob die zulässige Aufenthaltsdauer
bereits überschritten ist, bemerkte er auf Anfragen von Ana Blatnik (S/K) und Stefan Schennach (S/W).
Was die Kosten betrifft, so würden diese für das System von der EU getragen, informierte der Experte
den Ausschuss. Die Nationalstaaten müssten für zusätzliche Personalkosten, die Anschlüsse an
das System und die Zugriffsmöglichkeiten für die Strafverfolgungsbehörden aufkommen.
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