Räumliche Konzepte von Ilse Haider, Reinhart Mlineritsch, Barbara Reisinger –
Fotografie, Objekte, Installationen in der Stadtgalerie Lehen von 10.6. - 22.7. 2016
Salzburg (stadtgalerie lehen) - In der Ausstellung "Bild.Raum" stellen sich Ilse Haider, Barbara
Reisinger und Reinhart Mlineritsch die Frage nach Zwei- sowie Dreidimensionalität von Kunst. Das Fotografieren,
die Produktion von Bildern, das Sichtbarmachen von Strukturen und der Transfer in skulpturale Objekte sind wesentliche
Bestandteile der gezeigten Arbeiten.
Seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts ist es Künstlerinnen und Künstlern ein Anliegen, die tradierten
Genrezuordnungen, den Begriff der klassischen Skulptur zu erweitern, die Grenzen der Kategorisierungen auszuloten
und zu überschreiten.
Das Landschaftsbild erweitert sich zur Installation mit Versatzstücken aus der Natur, die Porträtfotografie
bezieht mehrteilige Ansichten und Momente der Bewegung in das Abbild mit ein, die "straight photography"
sucht sich Themen und Motive, die weit über die bloße Abbildfunktion und Dokumentation hinausgehen.
Den hier präsentierten künstlerischen Ansätzen eignet ein spezifisches Potenzial, den Gesetzmäßigkeiten
ihrer Produktionsmodi und der Eindimensionalität ihrer Sichtweise etwas Anderes, Neues entgegenzusetzen: die
Erweiterung des Bildes in die räumliche Dimension.
Ilse Haider formuliert ihre fotografischen Bilder als dreidimensionale Objekte im Raum. Die ihr eigene Technik
basiert auf dem Dialog von Trägermaterial, meist Holz oder Peddigrohr, und aufgebrachter Fotoemulsion, die
das Bild in fraktaler Auflösung erscheinen lässt. Erst der Betrachter - und dieser vorzugsweise in Bewegung
begriffen - leistet die Arbeit des Zusammensehens und ergänzt das Fotobild zu einem Fotoobjekt. Ilse Haiders
Skulpturen entwickeln sich entlang eines Narrativs, das Geschichten in Objekte transferiert: ikonenhafte Gesichter,
antike Statuen, wirbelnde Szenen werden mittels fotografischer Reproduktion zu mitteilsamen Monumenten ihrer eigenen,
ambivalenten Identität.
Barbara Reisinger kombiniert - angeregt von Materialstudien während eines kürzlichen China-Aufenthaltes
- Gewachsenes mit Artifiziellem, Konstruiertes mit Organischem. Sie entwickelt seit Jahrzehnten den Werkstoff Keramik
in neue, unerforschte Richtungen und hat nun mit den aktuellen Objekten eine weitere Facette dieser Gestaltungsmöglichkeiten
vorgelegt: gefundene Baumstämme werden ihren zart modellierten Hohlobjekten zugeführt, sie können
gleichsam in eine neue, eine Kunst-Welt weiterwachsen. Die bildliche Rhetorik von Barbara Reisinger arbeitet mit
dem Aufeinandertreffen von Natur und Kunst, mit der Kombinatorik von gewachsenen, schrundigen Oberflächen
mit gestalteten aus gebranntem Ton.
Reinhart Mlineritsch ist derjenige, der am konsequentesten einer klassischen Bildkunst verhaftet bleibt: er ist
Fotograf, und fühlt sich nach wie vor der analogen Bildtechnik zugehörig. Seine Fotografie verdankt sich
nicht einem schnellen Bilder-Erbeuten und ist im Gegensatz zu einer heutigen, digitalen, beliebigen Bilderflut
von langsamer und bedächtiger Art. Die genau komponierten Bilder entstehen in Stadtperipheriezonen, auf ausgedehnten
Reisen und Naturerkundungen. Die Fotografien sind immer in mehrfacher Weise codiert: sie erzählen über
stille Landschaften und verlassene Gebäude, über Eingriffe in die Natur und zufällige Nachbarschaften
und sie sind mittels Diagonalen und Hell-Dunkel-Kontrasten ausgeklügelte Raum-Bilder mit Einsichten in perspektivisch
angelegte Tiefenräume.
Margit Zuckriegl
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