Physiker entwickeln neue Methode der Kristallerzeugung
Wien (universität) - Egal ob in Metallkunde, Gemmologie (Edelsteinkunde) oder auch Elektrotechnik,
die Anwendungsgebiete von Kristallen sind breit gefächert. Ein Team um Christos Likos von der Fakultät
für Physik der Universität Wien hat nun in Zusammenarbeit mit dem National Institute of Standards and
Technology (NIST, USA) und der Princeton University (USA) eine neue Methode entwickelt, die das Wachstum von großen,
periodischen Kristallen verbessert. Die Ergebnisse dazu wurden aktuell im Fachmagazin ACS Nano publiziert.
Kristalle sind Festkörper, deren mikroskopisch kleine Bausteine regelmäßig in einer periodischen
Struktur angeordnet sind. Viele der Eigenschaften, die Kristalle so nützlich machen, basieren auf der detaillierten
und strukturierten Anordnung ihrer Bestandteile. Diese regelmäßige Kristallstruktur wirkt sich wiederum
in hohem Maße auf das Zusammenspiel der einzelnen Bausteine aus. In molekularen und atomaren Kristallen ist
die Kraft zwischen den Bausteinen von Natur aus vorgegeben. Die einzige Möglichkeit die Kristallstruktur umzuwandeln
besteht entweder darin, die äußeren Bedingungen (Temperatur, Druck, etc.) zu verändern, oder die
Partikel selbst auszutauschen.
Im Gegensatz dazu ist es möglich, im Bereich der Physik der Weichen Materie, in dem die Bausteine um ein Vielfaches
größer und komplexer sind als Atome, Bausteine mit extrem anpassungsfähigen Eigenschaften zu konzipieren
und anzufertigen. Darauf basierend haben Wissenschafter unter großem Aufwand an der Synthese von Kolloiden
gearbeitet, die selbst organisiert hochsymmetrische Strukturen mit den technologisch relevanten Eigenschaften bilden.
Als Beispiel gelten spezielle Kristallgitter, die interessante optische Eigenschaften aufweisen – die so genannten
Photonischen Kristalle.
Ein Beispiel für einen natürlichen Photonischen Kristall ist der Opal, dessen faszinierendes Farbenspiel
auf die Art zurückzuführen ist, wie das Licht mit den kleinen Strukturen der regelmäßig angeordneten,
kolloidalen Teilchen interagiert. Das farbenprächtige Schillern des Edelopals ist auf die Präsenz einer
Vielzahl kleiner Kristalle, so genannter Kristallite, zurückzuführen, die sich mit unterschiedlicher
Orientierung anordnen. "Zusätzlich ist die Anordnung in den kolloidalen Kristallen oft durch Polymorphologie
gestört: Verschiedenste Strukturen sind durch vergleichbare thermodynamische Stabilität charakterisiert,
die es erschweren eine bestimmte Form absichtlich zu erzeugen", erklärt Christos Likos von der Fakultät
für Physik der Universität Wien.
Das daraus resultierende Fehlen der weitreichenden Anordnungen ist für viele Anwendungen von Nachteil. Entsprechend
haben sich die Wissenschafter zur Aufgabe gemacht, Strategien zu entwickeln, die das Wachsen von großen,
monokristallinen Exemplaren verbessern. Mittels Computersimulationen ist es nun gelungen eine neue Methode zu entwickeln,
die es ermöglicht, technologisch relevante offene Kristalle zu bilden, die nicht polymorph sind. "Das
System kristallisiert spontan in einer Mischung von Kristallen. Die Kolloide fügen sich dabei so zusammen,
dass die konkurrierenden Strukturen unterschiedliche Hohlraumverteilungen aufweisen. Wir nutzen das aus, indem
wir die Größe von zusätzlich hinzugefügten Polymeren so anpassen, dass diese einzig und allein
mit der Leerraumsymmetrie des gewünschten Kristalls interagieren und sich gegen seine Konkurrenten stabilisieren",
so Lise-Meitner-Stipendiat Lorenzo Rovigatti, Mitglied der Gruppe um Christos Likos.
Die Ergebnisse des Forschungsteams dienen nicht nur dazu, Alternativen zu bereits existierenden Ansätzen aufzuzeigen,
sondern auch um in naher Zukunft die experimentelle Umsetzung von weitreichend geordneten offenen kolloidalen Kristallen
zu ermöglichen.
Das Projekt wurde vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) durch das Lise-Meitner Stipendium M 1650-N27
unterstützt.
Publikationen in "ACS-Nano"
Nathan A. Mahynski, Lorenzo Rovigatti, Christos N. Likos, and Athanassios
Z. Panagiotopoulos DOI 10.1021/acsnano.6b01854
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