Internationale Gedenkveranstaltung beim
 Loibltunnel: Erinnerung und Mahnung

 

erstellt am
13. 06. 16
11:00 MEZ

Sloweniens Altpräsident Milan Kucan: Frieden, Sicherheit und humane Zukunft verteidigen - LH Kaiser sprach Mahn-Worte im Sinn von „Wehret den Anfängen“ und „Nie wieder“: Nein zu Hass, Hetze und Menschenverachtung – Städtepartner Klagenfurt - Dachau legen Kranz nieder
Loibl/Dachau/Klagenfurt (lpd) - Das Mauthausen Komitee Österreich organisiert und koordiniert jedes Jahr auf internationaler und nationaler Ebene Gedenk- und Befreiungsfeiern in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen. Weiters gibt es Gedenkveranstaltungen an Orten ehemaliger Außenlager des KZ Mauthausen, darunter auch auf dem Loibl. Die Internationale Gedenkveranstaltung in Erinnerung an das KZ Loibl Nord auf der Kärntner Seite des Loibltunnels auf dem ehemaligen Appellplatz fand am 11.06. zum 21. Mal, wiederum mit Kranzniederlegung und Gedenkreden, statt.

Unter den vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die Peter Gstettner vom Mauthausen Komitee Kärnten/ Koroška begrüßte, befanden sich Zeitzeugen und Angehörige von KZ-Opfern, viele Vertreter von Opferverbänden aus dem In- und Ausland, Botschaftsvertreter sowie Ehrengäste, allen voran der erste Staatspräsident Sloweniens, Milan Kucan und Landeshauptmann Peter Kaiser sowie Landesrat Rolf Holub.

Gekommen waren auch Daniel Simon aus Paris (Botschaft der „Amicale de Mauthausen“), Zeitzeuge Dušan Stefancic, weiters Militärkommandant Walter Gitschtaler, Superintendent Manfred Sauer, der slowenische Botschafter Andrej Rahten, der slowenische Generalkonsul Milan Predan, Klagenfurts Vizebürgermeister Jürgen Pfeiler, Ferlachs Vizebürgermeister Christian Gamsler und der Bürgermeister von Dachau Kai Kühnel.

Landeshauptmann Peter Kaiser verstand seine Grußworte als Mahnworte und spielte auf die Störaktion und Hetze an der Uni Klagenfurt an, die er schärfstens verurteilt hatte. Man dürfe nicht zur Tagesordnung übergehen, wenn dort gestört werde, wo Wissen, Verständnis und Integration vermittelt werden und dann ein Polizeieinsatz gegenüber Chaoten notwendig werde. Auch die Kärntner Wasserrettung habe viele Hass-Postings im Internet erhalten, das dürfe nicht Normalität werden, appellierte Kaiser. „Die Veränderung der Sprache zur Verniedlichung von Hetze und Menschenverachtung zeigt, wie notwendig Aufklärung und Mahnung sind und wie sehr der Ruf „Wehret den Anfängen“ Geltung hat“, sagte Kaiser.

Es gehe darum, Aufklärung, Zeitzeugentätigkeit zu übernehmen, Ge- und Bedenkkultur gegen das Vergessen und gegen das Verdrängen zu pflegen, damit jeder verstehen könne, was durch Demagogie und Hetze geschehen könne. Kärnten habe Gedenkkultur entwickelt, erinnerte der Landeshauptmann an Stätten bzw. Gedenktafeln etwa am Landhaus oder an der Burg in Klagenfurt. „Demokratie ist täglich neu zu lernen“, zitierte Kaiser den Philosophen Oskar Negt und rief dazu auf, sich als Lehrer zu Demokratie und Menschlichkeit zu erweisen. In diesem Sinne gelten die Worte „Niemals vergessen“ und „Wehret den Anfängen“. Zu jeder Zeit sei es unsere Aufgabe, gegen extremistische Ideologien aufzutreten und für Menschlichkeit einzutreten.

Landesrat Rolf Holub wies darauf hin, dass es in Kärnten eine Bewusstseinsveränderung gegeben habe. Gedenken und Gedenkkultur dürften nicht vernachlässigt werden. Nun spüre er allerdings Stimmungen, die die Menschenrechte beschneiden möchten. Dagegen sei entschieden anzugehen, so Holub. Er dankte Peter Gstettner für sein Engagement und wolle ihn weiter unterstützen.

Der erste Staatspräsident Sloweniens, Milan Kucan, stellte die Frage, ob Faschismus und Nationalsozialismus wirklich endgültig beseitigt seien. Er sagte, es sei Zeit, Widerstand zu leisten, Zeit für einen antifaschistischen Pakt als Gegengewicht zur derzeitigen Heuchelei und Blindheit. Die Aufgabe der Politik sei es, die Freiheit zu verteidigen, ebenso die Sicherheit und für eine humane Zukunft einzutreten.

Daniel Simon (vom Amicale de Mauthausen, Paris) ortet den Vormarsch der Extremrechten. Er erinnerte an den Schwur von KZ-Überlebenden, der so laute: „Der vieljährige Aufenthalt im Lager hat in uns das Verständnis der Völker vertieft. Es lebe die internationale Solidarität!“. Nichts dürfe über dem Wert der menschlichen Brüderlichkeit stehen, so Simon.

Der Zeitzeuge Dušan Stefancic, Überlebender der KZ Dachau, Natzweiler, Mauthausen/gusen, sagte, dass die Überlebenden der KZ heute kaum mehr in der Lage seien, ihren Kampf gegen rechtsextremes Gedankengut fortzuführen. „Sie werden daher ihr Vermächtnis und ihren Auftrag für eine offene und tolerante Gesellschaft an die europäische Jugend weitergeben“. Er bedauerte, dass wir in Zeiten leben, in denen die menschliche Solidarität schwindet.

Peter Gstettner erinnerte an die Geschichte und den furchtbaren, grausamen Tod vieler Menschen am Loibl. Er sprach auch seinen Wunsch an die Politik aus, am Loibl eine internationale Erinnerungsstätte auf- bzw. ausbauen zu wollen. Maximilian Hopfgartner, Adin Mulic und Paul Weintögl vom Österr. Auslandsdienst sprachen über ihre Motivation, sich für einen Gedenk-, Sozial- oder Friedensdienst im Ausland einzusetzen.

Musikalisch umrahmt wurde die Gedenkveranstaltung vom Chor Rož aus St. Jakob im Rosental. Hingewiesen wurde auch auf die Kunstinstallation „Die Rückkehr der Steine“ von Georg Planer aus Gmünd, die nahe dem Tunnel bei der Auffahrt zum Appellplatz zu sehen ist, und auf die Fahnen zum Thema „Arbeit macht frei“ vom Atelier Kalian (Kirschentheuer).

Am Loiblpass mussten von 1943 bis 1945 Deportierte vieler Nationen aus dem KZ Mauthausen den Tunnel graben, durch den heute die Autos fahren. Die Veranstaltung will alljährlich ein deutliches Zeichen gegen das Vergessen und Verdrängen setzen, um diesen NS-Verbrechensort stärker im kulturellen Gedächtnis der Bevölkerung zu verankern. Sie will Grenzen überschreiten und Generationen und Völker verbinden.

     

Städtepartner Klagenfurt - Dachau legen Kranz nieder
Für die Städtepartner Klagenfurt und Dachau nahmen Vizebürgermeister Jürgen Pfeiler und Bürgermeister Kai Kühnel am Gedenken der grauenhaften Ereignisse unter dem Nazi-Regime. teil.

"Baustelle des Todes" wurde das Außenlager des KZ Mauthausen am Loiblpass genannt, gebaut wurde der Loibltunnel. Rund 1.600 Zwangsarbeiter wurden hier gequält, gedemütigt, ermordet. 40 Menschen aus verschiedensten Ländern wie Polen oder Frankreich starben direkt im Loibl-Lager durch Entbehrungen, Misshandlungen der KZ-Aufseher, Herzinjektionen des Lagerarztes, wurden erschossen, erschlagen, ihre Leichen einfach verbrannt. Andere Zwangsarbeiter wurden nach Mauthausen zurück transportiert und dort ermordet.

Beim Tunnel-Portal gibt es heute die Gedenktafeln für diese Opfer der Nazi-Diktatur. Hier legten auch heuer wieder vor der Internationalen Gedenkveranstaltung viele Delegationen, an der Spitze Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser, Kränze nieder.

Die Partnerstädte Klagenfurt und Dachau, die ja auch über eine Gedenkpartnerschaft verbunden sind und bei solchen Anlässen zusammen auftreten, erinnerten mit einem gemeinsamen Kranz an die Opfer. Der Delegation gehörten Vizebürgermeister Jürgen Pfeiler, die Klagenfurter Gemeinderäte Judith Michael und Gerhard Leitner sowie Bürgermeister Kai Kühnel aus Dachau an.

Für Vizebürgermeister Jürgen Pfeiler sind solche Gedenk-veranstaltungen heute wichtiger denn je: "Wir müssen die Grauen der Nazi-Zeit immer wieder bewusstmachen, sie dürfen nie vergessen werden. Nur so ist es möglich den Anfängen zu wehren. In einer Zeit wo unsere Universität, ein Ort des freien Geistes, der Forschung und der Lehre von rechten Kräften gestürmt wird, wo Menschen, die Flüchtlingskindern Schwimmen beibringen, beschimpft und bedroht werden, müssen wir sehr wachsam sein".
Dementsprechend auch die Kranzschleife der beiden Städte: "Gegen das Vergessen".
Organisiert wird die Feier am Loibl übrigens von Univ. Prof. Dr. Peter Gstettner, dem Vorsitzenden des Gedenkbeirates der Stadt Klagenfurt. Die Gedenkrede hielt heuer Milan Ku?an, der erste Staatspräsident Sloweniens.

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Die Nachrichten-Rubrik "Österreich, Europa und die Welt"
widmet Ihnen der
Auslandsösterreicher-Weltbund

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin "Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at