Sloweniens Altpräsident Milan Kucan: Frieden, Sicherheit und humane Zukunft verteidigen
- LH Kaiser sprach Mahn-Worte im Sinn von „Wehret den Anfängen“ und „Nie wieder“: Nein zu Hass, Hetze und
Menschenverachtung – Städtepartner Klagenfurt - Dachau legen Kranz nieder
Loibl/Dachau/Klagenfurt (lpd) - Das Mauthausen Komitee Österreich organisiert und koordiniert jedes
Jahr auf internationaler und nationaler Ebene Gedenk- und Befreiungsfeiern in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen.
Weiters gibt es Gedenkveranstaltungen an Orten ehemaliger Außenlager des KZ Mauthausen, darunter auch auf
dem Loibl. Die Internationale Gedenkveranstaltung in Erinnerung an das KZ Loibl Nord auf der Kärntner Seite
des Loibltunnels auf dem ehemaligen Appellplatz fand am 11.06. zum 21. Mal, wiederum mit Kranzniederlegung und
Gedenkreden, statt.
Unter den vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die Peter Gstettner vom Mauthausen Komitee Kärnten/ Koroška
begrüßte, befanden sich Zeitzeugen und Angehörige von KZ-Opfern, viele Vertreter von Opferverbänden
aus dem In- und Ausland, Botschaftsvertreter sowie Ehrengäste, allen voran der erste Staatspräsident
Sloweniens, Milan Kucan und Landeshauptmann Peter Kaiser sowie Landesrat Rolf Holub.
Gekommen waren auch Daniel Simon aus Paris (Botschaft der „Amicale de Mauthausen“), Zeitzeuge Dušan Stefancic,
weiters Militärkommandant Walter Gitschtaler, Superintendent Manfred Sauer, der slowenische Botschafter Andrej
Rahten, der slowenische Generalkonsul Milan Predan, Klagenfurts Vizebürgermeister Jürgen Pfeiler, Ferlachs
Vizebürgermeister Christian Gamsler und der Bürgermeister von Dachau Kai Kühnel.
Landeshauptmann Peter Kaiser verstand seine Grußworte als Mahnworte und spielte auf die Störaktion und
Hetze an der Uni Klagenfurt an, die er schärfstens verurteilt hatte. Man dürfe nicht zur Tagesordnung
übergehen, wenn dort gestört werde, wo Wissen, Verständnis und Integration vermittelt werden und
dann ein Polizeieinsatz gegenüber Chaoten notwendig werde. Auch die Kärntner Wasserrettung habe viele
Hass-Postings im Internet erhalten, das dürfe nicht Normalität werden, appellierte Kaiser. „Die Veränderung
der Sprache zur Verniedlichung von Hetze und Menschenverachtung zeigt, wie notwendig Aufklärung und Mahnung
sind und wie sehr der Ruf „Wehret den Anfängen“ Geltung hat“, sagte Kaiser.
Es gehe darum, Aufklärung, Zeitzeugentätigkeit zu übernehmen, Ge- und Bedenkkultur gegen das Vergessen
und gegen das Verdrängen zu pflegen, damit jeder verstehen könne, was durch Demagogie und Hetze geschehen
könne. Kärnten habe Gedenkkultur entwickelt, erinnerte der Landeshauptmann an Stätten bzw. Gedenktafeln
etwa am Landhaus oder an der Burg in Klagenfurt. „Demokratie ist täglich neu zu lernen“, zitierte Kaiser den
Philosophen Oskar Negt und rief dazu auf, sich als Lehrer zu Demokratie und Menschlichkeit zu erweisen. In diesem
Sinne gelten die Worte „Niemals vergessen“ und „Wehret den Anfängen“. Zu jeder Zeit sei es unsere Aufgabe,
gegen extremistische Ideologien aufzutreten und für Menschlichkeit einzutreten.
Landesrat Rolf Holub wies darauf hin, dass es in Kärnten eine Bewusstseinsveränderung gegeben habe. Gedenken
und Gedenkkultur dürften nicht vernachlässigt werden. Nun spüre er allerdings Stimmungen, die die
Menschenrechte beschneiden möchten. Dagegen sei entschieden anzugehen, so Holub. Er dankte Peter Gstettner
für sein Engagement und wolle ihn weiter unterstützen.
Der erste Staatspräsident Sloweniens, Milan Kucan, stellte die Frage, ob Faschismus und Nationalsozialismus
wirklich endgültig beseitigt seien. Er sagte, es sei Zeit, Widerstand zu leisten, Zeit für einen antifaschistischen
Pakt als Gegengewicht zur derzeitigen Heuchelei und Blindheit. Die Aufgabe der Politik sei es, die Freiheit zu
verteidigen, ebenso die Sicherheit und für eine humane Zukunft einzutreten.
Daniel Simon (vom Amicale de Mauthausen, Paris) ortet den Vormarsch der Extremrechten. Er erinnerte an den Schwur
von KZ-Überlebenden, der so laute: „Der vieljährige Aufenthalt im Lager hat in uns das Verständnis
der Völker vertieft. Es lebe die internationale Solidarität!“. Nichts dürfe über dem Wert der
menschlichen Brüderlichkeit stehen, so Simon.
Der Zeitzeuge Dušan Stefancic, Überlebender der KZ Dachau, Natzweiler, Mauthausen/gusen, sagte, dass die Überlebenden
der KZ heute kaum mehr in der Lage seien, ihren Kampf gegen rechtsextremes Gedankengut fortzuführen. „Sie
werden daher ihr Vermächtnis und ihren Auftrag für eine offene und tolerante Gesellschaft an die europäische
Jugend weitergeben“. Er bedauerte, dass wir in Zeiten leben, in denen die menschliche Solidarität schwindet.
Peter Gstettner erinnerte an die Geschichte und den furchtbaren, grausamen Tod vieler Menschen am Loibl. Er sprach
auch seinen Wunsch an die Politik aus, am Loibl eine internationale Erinnerungsstätte auf- bzw. ausbauen zu
wollen. Maximilian Hopfgartner, Adin Mulic und Paul Weintögl vom Österr. Auslandsdienst sprachen über
ihre Motivation, sich für einen Gedenk-, Sozial- oder Friedensdienst im Ausland einzusetzen.
Musikalisch umrahmt wurde die Gedenkveranstaltung vom Chor Rož aus St. Jakob im Rosental. Hingewiesen wurde auch
auf die Kunstinstallation „Die Rückkehr der Steine“ von Georg Planer aus Gmünd, die nahe dem Tunnel bei
der Auffahrt zum Appellplatz zu sehen ist, und auf die Fahnen zum Thema „Arbeit macht frei“ vom Atelier Kalian
(Kirschentheuer).
Am Loiblpass mussten von 1943 bis 1945 Deportierte vieler Nationen aus dem KZ Mauthausen den Tunnel graben, durch
den heute die Autos fahren. Die Veranstaltung will alljährlich ein deutliches Zeichen gegen das Vergessen
und Verdrängen setzen, um diesen NS-Verbrechensort stärker im kulturellen Gedächtnis der Bevölkerung
zu verankern. Sie will Grenzen überschreiten und Generationen und Völker verbinden.
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Städtepartner Klagenfurt - Dachau legen Kranz nieder
Für die Städtepartner Klagenfurt und Dachau nahmen Vizebürgermeister Jürgen Pfeiler
und Bürgermeister Kai Kühnel am Gedenken der grauenhaften Ereignisse unter dem Nazi-Regime. teil.
"Baustelle des Todes" wurde das Außenlager des KZ Mauthausen am Loiblpass genannt, gebaut wurde
der Loibltunnel. Rund 1.600 Zwangsarbeiter wurden hier gequält, gedemütigt, ermordet. 40 Menschen aus
verschiedensten Ländern wie Polen oder Frankreich starben direkt im Loibl-Lager durch Entbehrungen, Misshandlungen
der KZ-Aufseher, Herzinjektionen des Lagerarztes, wurden erschossen, erschlagen, ihre Leichen einfach verbrannt.
Andere Zwangsarbeiter wurden nach Mauthausen zurück transportiert und dort ermordet.
Beim Tunnel-Portal gibt es heute die Gedenktafeln für diese Opfer der Nazi-Diktatur. Hier legten auch heuer
wieder vor der Internationalen Gedenkveranstaltung viele Delegationen, an der Spitze Landeshauptmann Dr. Peter
Kaiser, Kränze nieder.
Die Partnerstädte Klagenfurt und Dachau, die ja auch über eine Gedenkpartnerschaft verbunden sind und
bei solchen Anlässen zusammen auftreten, erinnerten mit einem gemeinsamen Kranz an die Opfer. Der Delegation
gehörten Vizebürgermeister Jürgen Pfeiler, die Klagenfurter Gemeinderäte Judith Michael und
Gerhard Leitner sowie Bürgermeister Kai Kühnel aus Dachau an.
Für Vizebürgermeister Jürgen Pfeiler sind solche Gedenk-veranstaltungen heute wichtiger denn je:
"Wir müssen die Grauen der Nazi-Zeit immer wieder bewusstmachen, sie dürfen nie vergessen werden.
Nur so ist es möglich den Anfängen zu wehren. In einer Zeit wo unsere Universität, ein Ort des freien
Geistes, der Forschung und der Lehre von rechten Kräften gestürmt wird, wo Menschen, die Flüchtlingskindern
Schwimmen beibringen, beschimpft und bedroht werden, müssen wir sehr wachsam sein".
Dementsprechend auch die Kranzschleife der beiden Städte: "Gegen das Vergessen".
Organisiert wird die Feier am Loibl übrigens von Univ. Prof. Dr. Peter Gstettner, dem Vorsitzenden des Gedenkbeirates
der Stadt Klagenfurt. Die Gedenkrede hielt heuer Milan Ku?an, der erste Staatspräsident Sloweniens.
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