Beim Symposium der Marshallplan-Jubiläumsstiftung stand die Frage nach der Zerbrechlichkeit
der Demokratie Europas im Mittelpunkt
Wien (foggensteiner) - „Die Marshallplan-Jubiläumsstiftung unterstützt den akademischen Wissenstransfer
zwischen Österreich und den USA mit rund einer Million Euro pro Jahr“, sagte Dr. Wolfgang Petritsch, Präsident
der Marshallplan-Jubiläumsstiftung, beim Symposium am 08.06. Sie finanziert und vergibt jährlich rund
110 Fellowships sowie drei Stiftungsprofessuren. Einer dieser Fellows der Marshallplan-Jubiläumsstiftung war
Dr. Vedran Dzihic, mittlerweile Senior Researcher am Österreichischen Institut für internationale Politik
(oiip). Der renommierte Südosteuropa-Experte hielt beim gestrigen Symposium Marshallplan-Jubiläumsstiftung
im Wiener Institut für die Wissenschaften vom Menschen seine kritische Keynote.
Demokratie als „loosing game“?
Dzihic reflektierte, dass die Themen Finanz- und Flüchtlingskrise, Grexit und Brexit oder Terrorismus die
Zerbrechlichkeit der Demokratie in Europa zeigen. Vor allem in den letzten zwanzig Jahren habe sich die Definition
von Demokratie stark verändert: „Heute kann nicht mehr nur zwischen Demokratie und Autokratie unterschieden
werden. Zwischen diesen beiden Konzepten hat sich eine neue Grauzone an Regierungsmodellen gebildet.“ Widersprüchliche
Trends würden ein Bild von einem eher geteilten Europa porträtieren, wo die Demokratie durch illiberale
Tendenzen in Frage gestellt wird. Vor allem in einigen Ländern in Ost- und Südosteuropa wären heute
Illiberalismus und Nationalismus en vogue. Dzihic sprach über Chancen und Lösungswege für eine europäische
Demokratie. Der Begriff Demokratie müsse neugedacht und mit neuen Bedeutungen gefüllt werden.
Auf den Vortrag von Dzihic folgte ein spannender Austausch zwischen dem Südosteuropa-Experten, Petritsch und
Prof. Shalini Randeria, Rektorin des Instituts für die Wissenschaften vom Menschen.
Überreichung der Marshallplan Fellowships
Den feierlichen Abschluss der Veranstaltung bildete die Verleihung der Fellowships durch Petritsch und die
US-amerikanische Botschafterin in Österreich H.E. Alexa Wesner. In der Geschichte der Marshallplan-Jubiläumsstiftung
wurden bis dato insgesamt 513 Marshallplan Scholarships, 81 Berkeley Program Fellowships, 16 Professorships in
New Orleans sowie zwölf Johns Hopkins Fellowships vergeben.
Transatlantisches Netzwerk
Mit diesem Wissenstransfer setzt die Marshallplan-Jubiläumsstiftung die lange Tradition transatlantischer
Beziehungen fort. Im Vordergrund steht das Bemühen, die Interaktion von Wissenschaftlern auf beiden Seiten
des Atlantiks zu unterstützen und zu intensivieren. Der Wissenstransfer basiere laut Petritsch auf den ursprünglichen
Anliegen des Marshallplans: Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft und Ausbau der transatlantischen Beziehungen.
Die Marshallplan-Jubiläumsstiftung ist eingebettet in ein Netzwerk unterschiedlicher Akteure in beiden Ländern
und pflegt mit diesen ein kooperatives Verhältnis. „Indem wir aktiv eine Führungsrolle im amerikanisch-österreichischen
Wissenstransfer auch öffentlich sichtbar wahrnehmen, erinnern wir an die großen historischen Erfolge
der amerikanisch- österreichischen Freundschaft“, sagte Petritsch abschließend.
Über die Marshallplan-Jubiläumsstiftung
Die österreichische Marshallplan-Jubiläumsstiftung (Austrian Marshall Plan Foundation) fördert
den wissenschaftlichen Austausch von Studierenden und Forschenden aus Österreich und den USA mit dem Ziel,
Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu vertiefen sowie wissenschaftliche Zusammenarbeit zu fördern.
Jährlich werden Stipendien an österreichische Studierende mit exzellenter Studienleistung für Forschungsaufenthalte
in den USA vergeben.
Der Marshallplan (European Recovery Program) war ein Wirtschaftswiederaufbauprogramm der USA, das nach dem Zweiten
Weltkrieg Westeuropa mit Krediten, Rohstoffen, Lebensmitteln und Waren versorgte.
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