Van Rompuy in der Diplomatischen Akademie Wien
Wien (yield) - Ein mit Elizabeth Baroness Symons of Vernham Dean, Herman Van Rompuy und Wolfgang Schüssel
hochkarätig besetztes Panel diskutierte auf Einladung der globalen Anwaltskanzlei DLA Piper und der Diplomatischen
Akademie Wien am Abend des 06.06. über den momentanen Zustand der Europäischen Union, aktuelle Herausforderungen
– wie etwa das bevorstehende Brexit-Referendum oder die schwelende Flüchtlingskrise – und mögliche Lösungsansätze
auf Unions-Ebene.
Im Festsaal der Diplomatischen Akademie Wien verfolgten rund 100 Gäste aus Politik und Wirtschaft sowie aus
dem diplomatischen und juristischen Bereich die unter dem Motto „State of the Union“ stehende Panel-Diskussion.
Bereits die Eröffnungsreden der beiden Gastgeber David Christian Bauer, Country Managing Partner von DLA Piper
in Österreich, und Botschafter Hans Winkler, Direktor der Diplomatischen Akademie, nahmen Bezug auf die besondere
Komplexität der momentanen politischen Gemengelage. Ein Grundtenor, der auch die nachfolgende Diskussion rund
um die Themengebiete Brexit, Russland-Sanktionen, Flüchtlingskrise sowie die heimische Bundespräsidentenwahl
beherrschen sollte:
Herman Van Rompuy, ehemaliger Belgischer Premierminister und Präsident des Europäischen Rats, zeigte
sich zu Beginn der Diskussion vorsichtig optimistisch, was den generellen Zustand der Union betrifft. Die EU stehe
zwar vor großen Herausforderungen, ist aus solchen jedoch stets gestärkt hervorgegangen. Wenige Jahre
nach der Finanzkrise sei die Wirtschaft etwa wieder auf dem Weg der Besserung und Europa „nicht mehr der kranke
Mann der Weltwirtschaft“. Auch die Flüchtlingskrise und die Tatsache, dass die europäischen Außengrenzen
weitgehend geschlossen sind, beweise, dass die Entscheidungsprozesse auf europäischer Ebene zwar manchmal
langwierig seien, aber im Endeffekt funktionieren und Resultate bringen. Dies sei auch dringend notwendig. „Wir
brauchen ein Europa der Resultate“, so Van Rompuy, die Bürger erwarten diese zurecht. Was aktuell am europäischen
Parkett zu beobachten ist, sei „keine Krise der Union, sondern eine Krise der Demokratien.“ Viele Staaten und Demokratien
seien aktuell unter starkem Druck, Polarisierung und Fragmentierung der europäischen Landschaft nehmen zu,
und das obwohl die akuten Probleme europäische Antworten erfordern. Eine Diskussion über eine weitere
Integration der Union bis hin zu den Vereinigten Staaten von Europa ist für Van Rompuy momentan nicht angebracht,
träumen wäre jedoch zumindest erlaubt.
Wolfgang Schüssel, Bundeskanzler a.D., präsentierte sich – wenig überraschend – nicht nur als glühender
Europäer, sondern ebenfalls als Optimist. Dass die vergangenen Jahrzehnte die goldenen Jahrzehnte der Union
gewesen seien, und jetzt plötzlich nur mehr Krisen dominieren würden, sei schlicht und einfach nichtzutreffend.
„Das Problem Europas ist, dass es momentan einfach zu viele Probleme gleichzeitig hat“, so Schüssel. Europa
müsse sich darauf konzentrieren, Stabilität zu exportieren, und nicht Instabilität zu importieren,
es solle Hoffnung geben und nicht Angst machen. „Wir müssen uns der emotionalen und kulturellen Gründe
für Europa besinnen und brauchen die Union weniger im Detail, sondern mehr in den großen Fragen“, führt
Schüssel weiter aus. Ein großes Problem der Union sei es aktuell auch, dass viele nationale Politiker
aus einer Art Selbstbewusstseinsverlust heraus, auf Referenden als Allheilmittel setzen. Dies sei nicht nur unnötig,
sondern auch ein Spiel mit dem Feuer. Ein Ausscheiden Großbritanniens aus der EU könnte ähnliche
Forderungen in ganz Europa und somit ein Erdbeben auslösen.
Elizabeth Baroness Symons of Vernham Dean, britische Oberhaus-Abgeordnete und ehemalige Staatsministerin, ist der
Meinung, dass die britische Regierung von UKIP beinahe zum Referendum gezwungen wurde. Die Diskussion über
die Zukunft des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union werde auf der Insel vor allem von den
drei Themen Wirtschaft, Migration und politische Unabhängigkeit bestimmt. Speziell zum letzten Punkt hätten
viele Briten teils abenteuerliche Ideen. Je näher das Referendum kommt, desto emotionaler werden die Debatten
in Großbritannien geführt. Beunruhigend, so Symons, ist vor allem auch die tiefe Kluft zwischen den
Generationen in UK. Während sich 72 Prozent der 18- bis 29-Jährigen für den Verbleib Großbritanniens
aussprechen, sind lediglich 33 Prozent der über 60-Jährigen für einen Verbleib. Ein Brexit würde,
so die Meinung von Symons, zwangsläufig zu einem weiteren Referendum um die Einheit und Zukunft des Vereinigten
Königreichs führen, da die Unabhängigkeitsbestrebungen im pro-europäischen Schottland wiederaufleben
würden.
Über DLA Piper
DLA Piper ist eine der weltweit größten und führenden Anwaltskanzleien. Mit Büros in mehr
als 30 Ländern in Europa, Asien, Australien, dem Nahen Osten sowie Nord- und Zentralamerika bietet DLA Piper
ein umfassendes Rechtsberatungsangebot. In Österreich ist die Kanzlei durch DLA Piper Weiss-Tessbach mit einem
Büro in Wien (etwa 65 Juristen) vertreten.
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