Der Weiterverarbeitung und Direktvermarktung landwirtschaftlicher Produkte galt die Aufmerksamkeit
einer tibetischen Delegation, die Südtirol besucht hat.
Tibet/Bozen (lpa) - Eine tibetische Delegation aus Dharamsala in Indien war Ende Mai auf Einladung des Amtes
für Kabinettsangelegenheiten in Südtirol zu Besuch. Die zwei Agrartechniker Dhondup Tsering und Tenzin
Losel vom Innenministerium der tibetischen Exilregierung in Dharamsala haben während ihres zweiwöchigen
Südtirol-Aufenthalts sechs landwirtschaftliche Modellbetriebe kennengelernt, darunter den Pflegerhof in St.
Oswald, der für den Kräuteranbau bekannt ist, und den Afingsbruckhof im Sarntal, der im vergangenen Jahr
den Innovationspreis der Südtiroler Bauernjugend gewonnen hat.
Die Agrartechniker fanden die vielseitigen Weiterverarbeitungsmöglichkeiten landwirtschaftlicher Produkte
interessant, durch die Mehrwert geschaffen und somit auch Landwirten höhere Einkünfte garantiert werden
können. Aber auch der Direktverkauf vom Produzenten an den Konsumenten könnte Nachahmung finden, so die
Fachleute. Wie der Direktverkauf ohne Umwege funktioniert, konnten sie z.B. bei Biokistl in Lana erfahren. Im Land-
und forstwirtschaftlichem Versuchszentrum Laimburg, das aktiv am Pilotprojekt in Indien beteiligt ist und technisches
Know-how zur Verfügung stellt, erhielten sie auch Einblicke in die verschiedenen Lagertechniken und Bewässerungssysteme.
Das Land unterstützt seit zwei Jahren in Bylakuppe in Südindien, einer der 39 tibetischen Siedlungen
in Indien, ein landwirtschaftliches Pilotprojekt. Dieses umfasst Maßnahmen zur Einführung der Tropfenbewässerung,
Fortbildung, Produktion von verbessertem Saatgut sowie den Aufbau von Vorzeigegärten. Den ca. 100.000 Exiltibetern
in Indien sind der Schutz der Natur und eine nachhaltige Wirtschaftsweise ein besonderes Anliegen: der biologischen
Anbau, der heute 15 Prozent der Landwirtschaft darstellt, soll in den nächsten Jahren konsequent ausgebaut
werden, "um auch den zukünftigen Generationen eine intakte Natur zu hinterlassen", wie die Tibeter
in Gesprächen mit der Amtsdirektorin Elisabeth Spergser von dem für Entwicklungszusammenarbeit zuständigen
Landesamt wissen ließen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden enge Kontakte mit Vandana Shiva und ihren Ausbildungsstätten
in Nordindien (sie werden ebenfalls vom Land Südtirol unterstützt) geknüpft: Vandana Shiva, die
bereits mehrmals in Südtirol zu Gast war, setzt sich weltweit für eine nachhaltige Landwirtschaft und
einer Gemeinwohlökonomie ein.
|