Wien (meduniwien) - Migräne ist die weltweit dritthäufigste Erkrankung und liegt unter mehr als 300
Erkrankungen an sechster Stelle, was die krankheitsbedingte Belastung betrifft. „Auslöser von Migräneattacken
zu erkennen ist ein wichtiger, zugleich aber schwieriger Schritt in der Migränebehandlung“, erklärt Christian
Wöber, Leiter des Spezialbereiches Kopfschmerz an der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni
Wien. Alleiniges Befragen der Betroffenen bringt kein verlässliches Ergebnis, vielmehr bedarf es detaillierter
Aufzeichnungen in einem Tagebuch und einer komplexen statistischen Analyse, um die Migräne personalisiert
behandeln zu können. Genau das wurde nun in einer Studie nachgewiesen.
Die Arbeitsgruppe Kopfschmerz der MedUni Wien ist eine der weltweit führenden Gruppen, die Migräneauslöser
erforschen und hat daher auch das Interesse des US-amerikanischen Start-Ups „Curelator“ bei der Entwicklung einer
App für das Erfassen von Migräneauslösern geweckt. Aus der Kooperation zwischen MedUni Wien und
dem Unternehmen ist nun eine erste, kürzlich im Top-Journal „Cephalalgia“ publizierte Studie hervorgegangen.
In dieser Studie wurden Daten der MedUni Wien verwendet, um eine völlig neue Herangehensweise an die Analyse
von Migräneauslösern zu untersuchen. Erstmals wurden die Auslöser für eine Migräneattacke,
nicht für ein Kollektiv, sondern individuell für jeden einzelnen Patienten bzw. jede einzelne Patientin
ermittelt. Wöber:
„Einzelfall-Analysen erlauben personalisierte, also auf individuelle Gegebenheiten Bedacht nehmende Medizin. Die
Notwendigkeit dieser bisher in medizinischen Studien wenig gebräuchlichen Herangehensweise wurde kürzlich
auch im Top-Journal Nature hervorgehoben.“
Individueller Zusammenhang zwischen Migräneauslöser und -attacke
Bei der aktuellen Studie in Cephalalgia wurden daher Einzelfallanalysen mit der Analyse der Gesamtgruppe aller
StudienteilnehmerInnen verglichen. Das überraschende und zugleich praxisrelevantes Ergebnis: Unter 326 PatientInnen,
die 90 Tage lang ein detailliertes Tagebuch geführt hatten, ließen sich mittels Einzelfallanalysen bei
87 Prozent der Betroffenen mögliche Migräneauslöser nachweisen. Im Durchschnitt waren es vier mögliche
Auslöser pro StudienteilnehmerIn. „Unerwartet war“, so der MedUni Wien-Experte, „dass das individuelle Profil
möglicher Auslöser außerordentlich variabel und in 85 Prozent der PatientInnen einzigartig war.
Jeder der 33 untersuchten Migräneauslöser stand zumindest bei einzelnen PatientInnen mit Migräneattacken
in Zusammenhang.“ In der Gesamtanalyse aller 326 ProbandInnen war dies hingegen nur für acht Faktoren der
Fall.
Das bedeutet: Bei der überwiegenden Mehrzahl der PatientInnen fanden sich individuelle Auslöser, die
in der Gesamtanalyse aller PatientInnen nicht identifiziert werden konnten. Wöber erklärt: „Die neue
Analyse erlaubt somit erstmals für jede einzelne Patientin und jeden einzelnen Patienten Informationen über
den Zusammenhang zwischen Migräneattacken und einem breiten Spektrum möglicher Migräneauslöser,
und ist somit ein Schritt in Richtung personalisierte Migränebehandlung.“
Fünf Forschungscluster an der MedUni Wien
Insgesamt sind fünf Forschungscluster der MedUni Wien etabliert. Dort werden in der Grundlagen- wie in der
klinischen Forschung vermehrt Schwerpunkte gesetzt. Die Forschungscluster umfassen medizinische Bildgebung, Krebsforschung/Onkologie,
kardiovaskuläre Medizin, medizinische Neurowissenschaften und Immunologie. Das vorliegende Paper fällt
in den Bereich des Clusters für medizinische Neurowissenschaften.
Cephalalgia
“Towards improved migraine management: determining potential trigger factors
in individual patients.” Peris F, Donoghue S, Torres F, Mian A, Wöber C. Cephalalgia 2016, May 14.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27179352
|