Prioritätenprogramm für den Standort
Wien (pdi) - Der Bundesvorstand der Industriellenvereinigung (IV) hat am 16.06. Präsident Mag. Georg
Kapsch sowie den bisherigen IV-Vizepräsidenten Ing. Hubert Bertsch und KR Mag. Otmar Petschnig das Vertrauen
für eine bis 2020 laufende zweite Amtsperiode an der Spitze der Industriellenvereinigung ausgesprochen. Als
Vizepräsident neu in das Präsidium wurde Dr. Axel Greiner, Vorsitzender des Familiengesellschafterrates
der Greiner Gruppe und Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich, gewählt. Im Rahmen
der Sitzung des IV-Bundesvorstandes präsentierten die Mitglieder des IV-Präsidiums das Arbeitsprogramm
der Industriellenvereinigung „Prioritäten 2016-2020“, in dem die wesentlichen Handlungsfelder und Maßnahmen
angeführt sind, um den Arbeits- und Wirtschaftsstandort Österreich wieder in Richtung Wachstum und mehr
Beschäftigung zu lenken. „Österreich muss in den kommenden Wochen und Monaten seine letzte Chance für
die notwendige standortpolitische Trendumkehr nützen: Wir brauchen Mut und Durchsetzungswillen und müssen
Mentalität, Einstellungen und Strukturen ändern, um dem globalen Wettbewerb gewachsen zu sein“, betonte
Kapsch.
Dafür seien neue Denkansätze, innovative, unkonventionelle Lösungswege und gemeinsame Bemühungen
notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs zu verbessern und das Vertrauen von Unternehmen und
Investoren in den Standort wiederherzustellen. „Während andere Staaten ihre Wettbewerbsfähigkeit stetig
verbessern und sich auf die Herausforderungen der Digitalisierung einstellen, drohen wir endgültig den Anschluss
zu verlieren – mit negativen Folgen für Investitionen, Wachstum und Beschäftigung für unser Land“,
so Kapsch. Die IV hat daher fünf konkrete Handlungsfeder definiert, in denen konkrete Maßnahmen umgesetzt
werden müssen:
1. Arbeitsrecht den neuen globalen Realitäten anpassen
Österreich braucht ein Arbeitsrecht und eine Arbeitsmarktpolitik, die positive Beschäftigungsanreize
setzen. Die gesetzliche Tageshöchstarbeitszeit von zehn Stunden ist nicht praktikabel und muss bei insgesamt
gleichbleibender Gesamtarbeitszeit in einem ersten Schritt zumindest bei Gleitzeit auf 12 Stunden Maximalarbeitszeit
angehoben werden. Künftig soll insgesamt nicht mehr gearbeitet, sondern lediglich ermöglicht werden,
dann zu arbeiten, wenn Arbeit anfällt. Zudem müssen mehr Entscheidungskompetenz und Regelungen unmittelbar
auf Betriebsebene durch Betriebs- oder Einzelvereinbarungen ermöglicht werden.
2. Kapitalmarkt beleben
Das Finanzierungsangebot für österreichische Unternehmen muss rasch verbessert werden, sowohl an der
Börse als auch vorbörslich und über die Kreditwirtschaft. Aus diesem Grund fordert die Industrie
u.a. eine praxisnahe, effiziente und kostentransparente Umsetzung von Kapitalmarktregulierungen. Zudem darf es
bei der Umsetzung von EU-Recht kein weiteres „Gold Plating“ geben.
3. Energiepolitik mit Innovation statt Subvention
Österreichs Energiesystem muss innovationsorientiert und kosteneffizient gestaltet werden. Neben einer leistungsfähigen
Infrastruktur sowie einer F&E-Offensive für den Standort sollte der regulatorische Ordnungsrahmen des
Energiesystems nach marktwirtschaftlichen Kriterien gestaltet werden. Energiedienstleistungen müssen im Wettbewerb
sowohl langfristig wohlstandsfördernd als auch mit geringsten Umweltauswirkungen erbracht werden.
4. Radikale Senkung von Steuern, Abgaben und Lohnnebenkosten
Österreich hat mit 43,6 Prozent eine wesentlich höhere Steuer- und Abgabenquote als Deutschland (39,3
Prozent) oder die Schweiz (27,8 Prozent). Was geschieht mit der Differenz? Die beiden Vergleichsländer haben
bei einer deutlich niedrigeren Abgabenquote ein besseres Bildungssystem, kein schlechteres Gesundheitssystem und
auch keine höhere Armutsgefährdung. Zudem hat Österreich mit 52 Prozent die fünfthöchste
Steuer- und Abgabenlast für Unternehmen in Europa und liegt um 10 Prozentpunkte höher als im EU-Durchschnitt.
Die IV fordert daher u.a. eine Halbierung der KÖSt auf nicht entnommene Gewinne sowie für einen konkreten
Pfad zur Lohnnebenkostensenkung in Richtung des deutschen Niveaus von rund 22 Prozent.
5. Rückbau der Regulierung und Steigerung der Effizienz im Staatsgefüge
Statt neue Einnahmequellen zu suchen, sollte der Staat wie ein verantwortungsvolles Unternehmen die Ausgaben verringern
und die Abgabenzahler entlasten, Unternehmer wie Arbeitnehmer. Die gravierendsten Reform-Baustellen liegen weiterhin
im Gesundheitswesen, im Pensionsbereich, in der öffentlichen Verwaltung und in den föderalen Strukturen,
im Bereich der Bildung, der Forschung und nicht zuletzt der Integration. Österreich braucht „Entbürokratisierung
jetzt!“ und eine grundlegende Reform des Föderalismus.
„Das sind neben den aktuellen europäischen Herausforderungen und der internationalen Wettbewerbspolitik die
wesentlichen Themen, über die wir diskutieren müssen, um aus dem Investitions- und Wachstumstal herauszukommen.
Mit untauglichen Rezepten aus dem vergangenen Jahrhundert, etwa Maschinensteuer oder Arbeitszeitverkürzung,
vergiften wir hingegen das Investitionsklima im Land. Damit wird die Arbeitslosigkeit weiter angefacht“, so der
IV-Präsident. Würde die Arbeitszeit von 38,5 auf 35 Wochenstunden bei gleichem Lohn verringert, erhöhten
sich die Personalkosten um weitere zehn Prozent. Das Beispiel Frankreich zeige, dass Arbeitszeitverkürzung
ein Irrweg sei und Arbeitsplätze koste. Eine Wertschöpfungsabgabe bestrafe diejenigen, die im Inland
investieren. Folge wären Werksverlagerungen und der Verlust von Arbeitsplätzen in Österreich. „Unser
Land braucht eine zukunftsorientierte Diskussion, bei der zuerst darüber gesprochen werden muss, wie wir künftig
Wachstum generieren können. Wir müssen gemeinsam einen größeren Anteil der globalen Wertschöpfung
nach Österreich holen. Die Verteilungsdebatte kann erst der zweite Schritt sein“, so Kapsch.
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