Verfassungsausschuss macht Weg für Änderung des Bundesministeriengesetzes und für
neues Signaturgesetz frei
Wien (pk) - Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser wird künftig auch für Frauen- und Gleichstellungsangelegenheiten
zuständig sein. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats machte am 14.06. den Weg für eine entsprechende
Änderung des Bundesministeriengesetzes frei. Demnach wandern die Kompetenzen für diesen Bereich vom Bildungsministerium
in das Gesundheitsressort. Hintergrund ist die vor kurzem erfolgte Regierungsumbildung, in deren Zuge Sonja Hammerschmid
die Agenden von Bildungs- und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek übernommen hat. Zustimmung zur Kompetenzverschiebung
kam von den Koalitionsparteien, den NEOS und vom Team Stronach, auch ein neues Signatur- und Vertrauensdienstegesetz
erzielte dieselbe Mehrheit.
Erstmals vertraten Kanzleramtsminister Thomas Drozda und Staatssekretärin Muna Duzdar im Verfassungsausschuss
die Regierung. Laut Duzdar verfügen derzeit 660.000 Personen über eine Handysignatur, mit stark steigender
Tendenz.
Basis für die Änderung des Bundesministeriengesetzes bildete ein gemeinsamer Antrag der Koalitionsparteien
( 1705/A), wobei sowohl ÖVP-Abgeordnete Maria Fekter als auch die SPÖ-Abgeordneten Gisela Wurm und Andreas
Schieder es ausdrücklich begrüßten, dass Gesundheitsministerin Oberhauser künftig die Frauenagenden
übernimmt. Die Gleichstellungspolitik sei bei Oberhauser in guten Händen, meinte Fekter. Schieder wies
auf die Erfahrungen Oberhausers als ÖGB-Frauenchefin hin. Man müsse auch "Geld mitzuschaufeln",
gab Fekter zu bedenken, dafür werde der Budgetausschuss sorgen.
Abgelehnt wurde die Initiative von den Grünen und der FPÖ. Es gehe nicht um die Person Oberhausers, bekräftigte
Aygül Berivan Aslan (G), von der sie sich "einen guten Kurs" erwartet, sie hält aber ein eigenständiges
Frauenministerium mit mehr Kompetenzen für notwendig, um die Gleichstellung von Frauen in Österreich
voranzutreiben. Diese gehe "im Schneckentempo voran", kritisierte sie. Aslan verwies etwa auf die nach
wie vor bestehende Einkommensschere und den geschlechtersegregierten Arbeitsmarkt. Österreich sei bei entsprechenden
Rankings immer wieder Schlusslicht in der EU.
Seitens der FPÖ äußerte Günther Kumpitsch Zweifel daran, dass die Kompetenzverschiebung notwendig
ist, nachdem es "in eineinhalb Jahren" ohnehin Neuwahlen geben werde. Schließlich seien damit auch
Kosten verbunden.
Sowohl Wurm als auch Kanzleramtsminister Drozda hielten Aslan entgegen, dass die vorgesehene Kompetenzverschiebung
keine definitive Absage an ein eigenes Frauenministerium sei. Für Wurm bleibt die Schaffung eines eigenständigen
Ministeriums nach wie vor ein langfristiges Ziel. Es sei aber nicht sinnvoll, im Zuge der Regierungsumbildung größere
Änderungen in der Struktur der Regierung vorzunehmen, sagte Drozda. Er hält Oberhauser für eine
der erfahrensten Frauenpolitikerinnen in Österreich, zudem erhalte die neue Bildungsministerin durch die Kompetenzverschiebung
die Möglichkeit, sich ganz auf die Bildungspolitik zu konzentrieren.
Unterstützung erhielten die Koalitionsparteien von NEOS-Abgeordnetem Nikolaus Scherak. Ein eigenes Frauenministerium
würde bedeuten, dass man ein anderes Ministerium abschaffen oder ein zusätzliches Ministerium einrichten
müsste, skizzierte er. Letzteres wäre in Zeiten angespannter Budgets aber schwierig. Scherak hält
Oberhauser zudem für eine geeignete Frauenministerin.
In Kraft treten soll die Kompetenzverschiebung am 1. Juli. Ein entsprechender Abänderungsantrag der Koalitionsparteien
wurde bei der Abstimmung mitberücksichtigt.
Neuer Rechtsrahmen für elektronische Signaturen und ähnliche Dienste
Ebenfalls mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, NEOS und Team Stronach billigte der Verfassungsausschuss die
Anpassung des österreichischen Rechtsrahmens für elektronische Signaturen und ähnliche Vertrauensdienste
an neue EU-Vorgaben, wobei auch hier von den Abgeordneten noch geringfügige Abänderungen vorgenommen
wurden. Ziel ist eine Steigerung der Effektivität öffentlicher und privater Online-Dienstleistungen,
des elektronischen Geschäftsverkehrs und des elektronischen Handels in der EU. Außerdem werden mit dem
Gesetzespaket ( 1145 d.B.) das E-Government-Gesetz aktualisiert und die Nutzung von elektronischen Registern optimiert,
um Unternehmen und BürgerInnen zu entlasten. Geändert werden insgesamt 23 Gesetze, gleichzeitig wird
das alte Signaturgesetz durch ein neues Signatur- und Vertrauensdienstegesetz (SVG) ersetzt.
Im Konkreten wird das österreichische Recht mit der EU-Verordnung über elektronische Identifizierung
und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt (eIDAS-VO) in Einklang gebracht. Dabei
geht es etwa um die Pflichten von Signatoren und Siegelerstellern hinsichtlich der sorgfältigen Verwahrung
von Daten, das vorläufige Aussetzen eines qualifizierten Zertifikats, die Ausstellung qualifizierter Zertifikate
durch einen Vertrauensdiensteanbieter, Haftungsregelungen und die wechselseitige Anerkennung von national etablierten
elektronischen Identifizierungsmethoden. Als Aufsichtsstelle über Vertrauensdiensteanbieter wird die Telekom-Control-Kommission
festgelegt.
Kleine Verbesserungen bringt die Gesetzesnovelle auch im Sinne des Konsumentenschutzes. So können Unternehmen,
die elektronisch signierte Dokumente grundsätzlich akzeptieren, künftig nicht mehr per versteckter Klausel
in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) festlegen, dass dies für einzelne Bereiche wie Vertragskündigungen
nicht gilt. Will ein Unternehmen darauf beharren, dass die Kündigung eines Vertrags in Papierform zu übermitteln
ist, muss es das im Interesse der Transparenz ausdrücklich mit dem Kunden vereinbaren. Alternativ zur qualifizierten
elektronischen Signatur können Unternehmen auch eine andere vergleichbar einfache elektronische Authentifizierung
anbieten, wobei in den Erläuterungen des von den Koalitionsparteien eingebrachten Abänderungsantrags
als Beispiel etwa das TAN-Verfahren beim Online-Banking genannt wird.
Als Inkrafttretenstermin des Gesetzespakets fixierte der Ausschuss grundsätzlich den 1. Juli, wobei durch
einen speziellen Passus sichergestellt ist, dass es zu keiner rückwirkenden Geltung von Strafbestimmungen
kommen kann.
Grüne für einheitliche technische Standards in der EU
Auch zu dieser Novelle äußerten sich FPÖ und Grüne kritisch. Er begrüße es grundsätzlich,
dass die Digitalisierung vorangetrieben werde und dass die unmittelbar geltende EU-Verordnung im Sinne der Rechtssicherheit
in ein eigenes Gesetz gegossen werde, sagte Harald Stefan (F). Seiner Meinung nach hätte man einzelne Paragraphen
des neuen Signaturgesetzes aber exakter formulieren und ein paar Dinge besser regeln können. So sprach er
sich dafür aus, bei der Ausstellung von Zertifikaten einen strengeren Maßstab anzulegen, um etwaigen
Missbrauch – Stichwort Internetbetrug – zu vermeiden. Einzelne Bestimmungen erachtet er überdies als systemwidrig.
Die Grünen lehnen das Gesetz weniger aus inhaltlichen Gründen ab, sondern vielmehr aus grundsätzlichen
Überlegungen, wie Justizsprecher Albert Steinhauser ausführte. Seiner Auffassung nach gehört das
Thema elektronische Signatur in Österreich und auf EU-Ebene gänzlich neu diskutiert. Es brauche eine
einheitliche europäische Lösung und keine technischen "Insellösungen" für kleine
Länder wie Österreich. Durch die EU-Verordnung müssten national anerkannte Signaturen zwar auch
von allen anderen EU-Ländern rechtlich anerkannt werden, Steinhauser fürchtet allerdings, dass dies letztendlich
aber an der technischen Umsetzung scheitern wird. Für ihn ist es schwer vorstellbar, wie die heimische Handysignatur
im internationalen Geschäftsverkehr funktionieren soll.
Steinhausers Einwand, wonach die Handysignatur selbst in Österreich nur von einer verhältnismäßig
kleinen Bevölkerungsgruppe genutzt wird, hielt Staatssekretärin Duzdar entgegen, dass bereits 660.000
Handysignaturen ausgestellt wurden, mit stark steigender Tendenz. Ein Vereinheitlichungsprozess in der EU wäre
ihrer Meinung nach sinnvoll, das müsse man aber auf europäischer Ebene diskutieren. Ein Vertreter des
Bundeskanzleramts machte geltend, dass mit der EU-Verordnung das Auseinanderlaufen technischer Standards verhindert
werden soll.
Durch die Novelle des E-Government-Gesetzes sind Behörden laut Duzdar künftig verpflichtet, Urkunden
von BürgerInnen nur einmalig anzufordern.
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