Lehrlingsstudie 2016 zeigt Österreichs Lehrlinge zwischen Familienplanung und Freizeitkonsum
– Ausgewogene Work-Life-Balance wird immer wichtiger
Wien (bmfj) - Im Mai 2016 wurden vom Institut für Jugendkulturforschung 500 österreichische Lehrlinge
im Rahmen einer repräsentativen Studie zu den Themenfeldern Familienbild, Geschlechterverständnis und
Freizeitverhalten befragt. Die Neuheit der Studie besteht auch darin, dass die Aussagen der Befragten nun aufgrund
ihrer Zugehörigkeit zu den unterschiedlichen Ausbildungsbranchen dargestellt werden können.
„Was mich als Familienministerin besonders freut: 84 Prozent der Befragten Lehrlinge planen eine Familie zu gründen.
Die Familie ist damit das wichtigste biographische Strukturelement für die Zukunftsplanung dieser Gesellschaftsgruppe“,
so Karmasin. Bei den Geschlechtern sei der Wunsch nach Familiengründung gleich stark ausgeprägt. In der
Tourismus- und Freizeitwirtschaft (74%) und in der überbetrieblichen Lehrausbildung (76%) ist der Familienwunsch
deutlich niedriger, in den Sparten Gewerbe und Handwerk am höchsten (89%).
„Wir wissen aus vergleichbaren Untersuchungen aus dem europäischen Ausland, dass der Familienwunsch eng mit
der Planbarkeit der eigenen Biographie zu tun hat. Je höher die biographische Planungssicherheit des einzelnen
ist, die stark mit einem sicheren Normalarbeitsverhältnis und einem ausreichend hohen Einkommen zusammenhängt,
desto größer der Wunsch nach der Familiengründung“, erklärt Karmasin und weiter „ein weiterer
wesentlicher die Entscheidung für die Familie begünstigender Faktor ist ein flächendeckendes, qualitativ
hochwertiges Angebot an Kinderbetreuungsplätzen. Hier haben wir bereits im Zuge unserer Ausbauoffensive viel
geleistet und tausende neue Plätze geschaffen.“
Die überwiegende Mehrheit plane Kinder in die Welt zu setzen, die Realisierung der Planung wird aber im hohen
Maße in die zweite Hälfte des dritten Lebensjahrzehnts verlagert. Galten die Lehrlinge bisher als Gruppe,
in der Familiengründung und die Geburt der Kinder vergleichsweise früher erfolgt, so beginnt sich nun
auch in dieser Gruppe eine Trendwende zum Aufschub des Kinderwunsches abzuzeichnen. Unterstützt wird diese
Hypothese durch die vorliegende Untersuchung, in der 49% der Befragten ihren Kinderwunsch erst im Alter zwischen
26 und 30 Jahren realisieren wollen. Deutliche Unterschiede bestehen jedoch zwischen den Geschlechtern: Während
die männlichen Lehrlinge zu 52% Kinder erst zwischen dem 26- und 30-igsten Lebensjahr planen, wollen 46% Prozent
der weiblichen Lehrlinge schon in der Alterspanne von 21 bis 25 Jahren Kinder bekommen.
Die Studie zeige auch deutlich, dass das Thema „Work-Life-Balance“ nun auch im Lehrlingssegment angekommen ist.
„Vor allem die weiblichen Lehrlinge haben sich deutlich von traditionellen Rollenbildern verabschiedet und fordern
nun genau so wie ihre bildungshöheren Geschlechtsgenossinnen eine geschlechtergerecht verteilte Partizipation
an Familien- und Arbeitswelt“, erklärt Jugendforscher und Studienautor Mag. Bernhard Heinzlmaier. 87 Prozent
der befragten weiblichen Lehrlinge wollen nicht in eine Entscheidung zwischen Arbeit und Familie hineingedrängt
werden. Sie wollen in ihrem Leben beides miteinander verbinden können.
„Ich freue mich sehr darüber, dass auch bei den Lehrlingen das Thema Partnerschaftlichkeit eine wichtige
Rolle spielt. 74% der weiblichen Lehrlinge und immerhin auch 62% der männlichen streben in der Kindererziehung
eine Teilung der Karenzzeit an“, freute sich die Jugendministerin.
Am wenigsten geneigt, auf das „moderne Experiment“ der geteilten Familienarbeit einzugehen seien laut Studie die
Lehrlinge der „Überbetrieblichen Lehrausbildung“. Unter ihnen sind es nur 57%, die sich eine geteilte Karenzeit
vorstellen können. Auch dieses Beispiel belege, dass für die Akzeptanz eines posttraditionellen Familienentwurfes
ein Mindestmaß an beruflicher und sozialer Stabilität notwendig sei.
Das konservativste Familienbild findet sich in der Gruppe der Lehrlinge in Gewerbe und Handwerk. Unter ihnen sind
fast 50% der Auffassung, dass die Frau bei den Kindern bleiben sollte, bis diese selbständig sind und weitere
37% meinen, dass die Frau sich generell um den Haushalt kümmern sollte, während die Männer die Aufgabe
haben, das Geld zu verdienen.
66% der befragten Lehrlinge sind der Auffassung, dass die außerfamiliären Betreuungsangebote in Österreich
ausreichend dafür sind, dass sie es den Eltern ermöglichen, neben der Kinderbetreuung weitgehend ungehindert
zu arbeiten.
Die Freizeitidentität der Lehrlinge
Dass vor allem die Identitätsentwürfe der Lehrlinge stärker von ihrem Freizeitleben als von
ihrem Berufsleben abhängen, wissen wir aus diversen aktuellen Studien. Obwohl sich auch Lehrlinge im Beruf
selbstverwirklichen wollen, geben 92% von ihnen an, dass es ihnen besonders wichtig ist, neben dem Beruf über
ausreichend Freizeit zu verfügen. Die Jugendlichen sind ganz offensichtlich im Gegensatz zu früheren
Generationen nicht mehr bereit, auf den Großteil des privaten Lebens im Austausch für den Berufserfolg
zu verzichten. Der moderne Lehrling will beides: Berufserfolg und ein erfülltes Freizeitleben.
Lehrlingscoaching des BMWFW
Jugendministerin Karmasin verwies anlässlich der Studienpräsentation auch auf das Coaching-Programm
des BMWFW, das unter dem Titel http://www.lehre-statt-leere.at
Lehrlinge individuell begleitet und dabei unterstützt ihre Lehre erfolgreich abzuschließen. „Eine abgebrochene
Lehre kann eine vergebene Chance für die weitere Lebensplanung sein. Deswegen begrüße ich jede
Maßnahme die dazu führt, dass weniger Lehren abgebrochen werden“, so Karmasin abschließend.
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