Vögel bringen mehr Neuronen in kleineren Gehirnen unter
Wien (universität) - Als "Spatzenhirn" bezeichnet zu werden, sollte man künftig als
Kompliment gelten lassen: Ein internationales Team von Kognitionsbiologen um Tecumseh Fitch von der Universität
Wien hat herausgefunden, dass Vögel trotz ihres kleinen Gehirns relativ gesehen signifikant mehr Neuronen
aufweisen als jene von Säugetieren. Mehr Neuronen bedeuten auch mehr Gehirnleistung, was insbesondere bei
Raben und Papageien, die für ihre Klugheit bekannt sind, überproportional ausgeprägt ist. Ihre Ergebnisse
publizieren die ForscherInnen aktuell in der renommierten Fachzeitschrift PNAS.
Dass Vögel kluge Tiere sind, haben ForscherInnen in den letzten Jahren immer wieder bewiesen: Raben und Häher
wissen, wenn sie jemand beim Verstecken von Futter beobachtet hat, und suchen ein neues Versteck, wenn der Beobachter
weg ist; Elstern erkennen ihr eigenes Spiegelbild, und Neukaledonische Krähen stellen komplizierte Werkzeuge
her und verwenden sie. Papageien sind neben Menschen die einzigen, die ohne Training zu einem Takt tanzen können,
einige trommeln sogar mit Stöcken auf Bäume. Graupapageien können hunderte Wörter erlernen
und sie sinnvoll einsetzen: Aber wie können Vögel solche geistigen Meisterleistungen mit einem vergleichsweise
kleinen Gehirn vollbringen?
Ein Team von WissenschafterInnen aus Tschechien, den USA und Österreich um Tecumseh Fitch vom Department für
Kognitionsbiologie der Universität Wien hat die Antwort gefunden: Vögel haben eine effizientere neurale
Architektur, die es ermöglicht, mehr Neuronen in kleineren Gehirnen unterzubringen als es bei Säugetieren
der Fall ist. Neuronen sind individuelle Gehirnzellen, die die kognitiven Berechnungen durchführen. Mehr Neuronen
heißt daher höhere "Rechenleistung". Zusätzlich sind bei Gehirnen besonders kluger Vögel
wie Raben und Papageien unverhältnismäßig mehr Vorderhirnneuronen an der komplexen Kognition beteiligt.
Ein Team um Pavel Nemec von der Karls Universität in Prag setzte eine neue Technik zur Zählung der Neuronen
in den Gehirnen von 28 Vogelarten ein. Das verblüffende Ergebnis: Bei Singvögeln und Papageien liegt
eine sehr hohe Anzahl an Neuronen in viel höherer Dichte als bei Säugetieren vor. Die neue Technik, die
von Suzana Herculano-Houzel von der Vanderbilt Universität in den USA entwickelt wurde, wurde bisher nur an
Säugern angewandt und ermöglicht ein schnelles und präzises Zählen der Neuronen.
"Menschliche Gehirne und jene von anderen Säugern lagern ihre Neuronen in den sogenannten Neokortex ein,
ähnlich einer Schichttorte", erklärt Co-Autor Tecumseh Fitch vom Department für Kognitionsbiologie
der Universität Wien. "Diese Torte kann jedoch maximal sechs Schichten haben. Bei einer Erhöhung
der Neuronenzahl kann daher nur zur Seite hin erweitert werden. Dies geht jedoch mit einer Zunahme der Distanzen
zwischen den einzelnen Neuronen einher, dessen Verbindungen untereinander sehr viel Platz einnehmen". Beim
Menschen benötigen diese Verbindungen (weiße Substanz des Kortex) fast die Hälfte des Platzes.
Vögel haben im Gegensatz dazu eine nukleare Architektur, die eine effizientere Einlagerung der Neuronen ermöglicht.
"In Vogelgehirnen sind die Neuronen wie Rosinen im Pudding verteilt und sie können dort eingebaut werden,
wo sie nötig sind – ohne viel Platz für lange Verbindungen zu verschwenden", erklärt der Kognitionsbiologe
und vergleicht die Architektur des Vogelgehirns mit einem neuartigen Computerchip mit einer höheren Anzahl
von Transistoren auf einer kleineren Silikonunterlage. Da evolutionär gesehen auf verbesserte Flugfähigkeiten
durch eine Verringerung des Fluggewichtes selektiert wurde, ist es sehr wahrscheinlich, dass hier der Weg eines
effizienteren, kompakteren und damit auch leichteren Gehirns eingeschlagen wurde.
Co-Autoren bei dieser Studie sind Seweryn Olkowicz, Martin Kocourek, Radek Lucan und Michal Porteš von der Karls
Universität in Prag.
Publikation in "PNAS": Birds
have primate-like numbers of neurons in the forebrain: Seweryn Olkowicz, Martin Kocourek, Radek Lucan, Michal Porteš,
W. Tecumseh Fitch, Suzana Herculano-Houzel, Pavel Nemec. In PNAS Online Early Edition Doi: 10.1073/pnas.1517131113
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