Österreichischer Forschungs- und Technologiebericht 2016 zeigt Stärken und Schwächen
des Innovationssystems auf
Wien (pk) - Die Frage, wo Österreich derzeit mit seinen Ausgaben für Forschung und Entwicklung
im internationalen Vergleich steht und wie seine Innovationskraft einzuschätzen ist, beschäftigte einmal
mehr den Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie. Ausgangspunkt der Debatte war der Österreichische
Forschungs- und Technologiebericht 2016. Der Bericht weist nach, dass Österreich heuer in internationalen
Innovationsrankings teilweise aufholen kann, trotzdem aber noch weit hinter dem Ziel des "Innovation Leader"
zurückbleiben wird. Verstärkte Anstrengungen werden notwendig sein, um vor allem die Unternehmensforschung
noch weiter zu erhöhen. Der Bericht wurde schließlich einstimmig vertagt, da die Beratungen darüber
im nächsten FIT-Ausschuss im Herbst 2016 wieder aufgenommen werden sollen.
Eine Maßnahme, um mehr Mittel der Privatwirtschaft in die Forschung zu lenken, ist die Forschungsprämie,
die Betrieben einen steuerlichen Anreiz geben soll, mehr Mittel für Forschung bereitzustellen. Nach mehreren
Änderungen sehen die Abgeordneten nun eine Evaluierung für angebracht. Ein Fünf-Parteienantrag von
SPÖ, ÖVP, FPÖ, NEOS und Team Stronach fordert die Evaluierung der Forschungsprämie bis 2017.
Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen. Ein älterer Antrag der Grünen zu einer Evaluierung wurde abgelehnt.
In diesem ging es auch um eine stärkere Begünstigung von Ein-Personen-Unternehmen und KMU. Ein FPÖ-Antrag
zum Thema gilt hingegen als miterledigt.
Österreich mit F&E-Ausgaben im Spitzenfeld, Weg zum Innovation Leader weiter steinig
Wolfgang Polt und Jürgen Streicher (Joanneum Research) sowie Karl-Heinz Leitner (Austrian Institute of Technology)
präsentierten den Abgeordneten den Österreichischen Forschungs- und Technologiebericht 2016 ( III-275
d.B.). Ein Schwerpunkt des Berichts ist heuer eine Zwischenbilanz der Strategie für Forschung, Technologie
und Innovation (FTI-Strategie) der Bundesregierung. Die Experten kommen hier zu dem Ergebnis, dass die FTI-Strategie
in einigen Bereichen wesentliche Impulse zu Veränderungen gesetzt hat und einige Fortschritte mit ihr erzielt
werden konnten. So wird beispielsweise damit gerechnet, dass Österreich auch 2016 mit seinen Ausgaben für
Forschung- und Entwicklung (F&E) eine F&E-Quote von etwa über 3% des BIP erreichen wird und damit
über dem EU-Durchschnitt bleibt. Erfolge lassen sich auch daran ablesen, dass Österreich in den Innovationsrankings
Plätze gut machen konnte.
Wie der Bericht aber auch betont, sind weitere substanzielle Anstrengung notwendig, wenn Österreich sein Ziel,
in die Gruppe der Innovation Leader aufzusteigen, nicht aus den Augen verlieren will. Die Erreichung der angestrebten
F&E-Quote von 3,76% sei fraglich. Die Herausforderung bleibe dabei weiterhin die Steigerung des Beitrags des
privaten Sektors zur F&E-Quote. Ohne eine Steigerung in diesem Bereich seien die angestrebten Ziele kaum zu
erreichen. Der Vergleich mit den Innovation Leaders zeige, dass diese Länder sehr viel stärkere Schwerpunktsetzungen
und Profilbildungen im Forschungs- und Hochschulbereich zeigten, so die Experten. Zudem sei der Anteil privater
Mittel auch in der Grundlagenforschung dort deutlich höher. Das beruhe aber teilweise auf Voraussetzungen,
die sich nicht einfach kopieren lassen - wie etwa Privatstiftungen, die sich erst über lange Zeiträume
aufbauen lassen.
In der Diskussion des Berichts mit den Abgeordneten zeichnete sich ab, dass nur teilweise Zufriedenheit mit der
Umsetzung der FTI-Strategie herrscht. Generell wurde die Aussage bekräftigt, dass weitere Anstrengungen notwendig
sind. Philip Kucher (S) und Eva-Maria Himmelbauer (V) zeigten sich grundsätzlich zufrieden über Erfolge
in der Umsetzung der FTI-Strategie. Für Kucher sind auch Maßnahmen zur Erhöhung des Unternehmensanteils
an der Forschung gefragt sowie eine Fokussierung auf die so genannte Industrie 4.0. Himmelbauer thematisierte die
Notwendigkeit, den Rechtrahmen für innovative Start-ups zu verbessern, was von Katharina Kucharowits (S) aufgegriffen
wurde, die auf die Notwendigkeit der Vereinfachung der Gewerbeordnung für Start-ups hinwies. Die Frage des
adäquaten Rechtsrahmens für innovative Unternehmen warf auch Ulrike Königsberger-Ludwig (S) in Zusammenhang
mit so genannten Sozialen Unternehmen auf. Diese agierten derzeit oft nur auf Basis des Vereinsrechts, gab sie
zu bedenken. Johann Hell (S) interessierte sich für die Entwicklungen im Bereich des automatisierten Fahrens.
Sigrid Maurer (G) legte den Schwerpunkt auf den Hochschulbereich. Die Rolle der FHs müsse stärker beachtet
und Ungleichbehandlung von Einrichtungen bei der Forschungsförderung behoben werden. Auch sei das Tenure Track-Modell
auszubauen. Ihr Fraktionskollege Matthias Köchl sprach sich für ein niederschwelliges Angebot zu Forschungsförderung
für ErfinderInnen, die abseits des üblichen Wissenschaftsbetriebs arbeiten, aus. Claudia Gamon (N) forderte
einmal mehr ein Forschungsförderungsgesetz ein, das Forschungseinrichtungen mehr Sicherheit geben soll, und
eine bessere Frauenförderung im Forschungsbereich.
Gerhard Deimek (F) regte einen höheren Beitrag der Länder zur Forschungsförderung an. FPÖ-Mandatar
Axel Kassegger zeigte sich grundsätzlich unzufrieden mit der FTI-Strategie, sie bestehe seiner Ansicht nach
vor allem aus Konzepten und zu wenig aus konkreten Maßnahmen. Vieles, von dem man wisse, dass man es in Angriff
nehmen sollte, werde zwar ausführlich diskutiert, aber nur schleppend umgesetzt, meinte er. Ulrike Weigerstorfer
(T) sagte in Bezug auf die Verbesserungen in den Innovationsrankings, diese seien zwar erfreulich, doch sei auch
zu fragen, ob diese nicht nur auf andere Berechnungsmethoden zurückzuführen seien.
Leichtfried: Industrie muss sich den Herausforderungen stellen
Bundesminister Jörg Leichtfried nützte seinen ersten Auftritt im Ausschuss dafür, die Schwerpunkte,
die er im Bereich der Innovation und Technologie sieht, zu präsentieren. Österreich verfüge über
Firmen mit hoher Innovationskraft und hoher Exportrate, die komplexe technische Lösungen anbieten können.
Diese Bereiche müsse man weiter stärken. Was automatisiertes Fahren angeht, so sei das Thema im größeren
Kontext der Entwicklung der Elektromobilität, der Verkehrssicherheit und der Zukunft des öffentlichen
Verkehrs zu sehen. Die Industrie 4.0 sei eine Tatsache im Zusammenhang der Digitalisierung und Automatisierung.
Man nehme hier nicht nur ein Schlagwort auf, betonte Leichtfried in Reaktion auf kritische Anmerkungen von Abgeordnetem
Köchl. Österreich habe sowohl Firmen, die hier Vorreiter seien, als auch leider solche, die sich mit
dem Thema nicht auseinandersetzen wollen. Unternehmen, die sich mit diesen Fragen nicht jetzt beschäftigen,
müssten jedoch in wenigen Jahren mit großen Wettbewerbsnachteilen rechnen, warnte Leichtfried. Ein weiteres
großes Zukunftsthema sind für Leichtfried klimaschonende Energiegewinnung und Produktionsweisen. Als
eine wichtige Herausforderung sieht es Leichtfried, eine bessere Kooperationen von Grundlagenforschung und Industrie
zu erreichen.
Staatssekretär Harald Mahrer unterstrich den Befund, dass Österreich in Bereichen der Smart Industries
durchaus auf Erfolge verweisen kann. Als Beispiel erfolgreicher Schwerpunktsetzung in Österreich verwies Mahrer
auf die Life Sciences Industries. Betriebe siedelten sich deshalb an, weil sie in Österreich hochqualifizierte
MitarbeiterInnen finden können. Was die Erreichung der Ziele der FTI-Strategie betrifft, konzedierte Mahrer,
dass größere Anstrengungen unternommen werden müssen. Er wies auch den Vorwurf zurück, es
handle sich bei ihr nur um "geduldiges Papier", alle Strategien seien mit konkreten Maßnahmen unterlegt.
Forschungsprämie soll evaluiert werden
Die Abgeordneten des Forschungsausschusses sprachen sich am 23.06. einstimmig für eine Evaluierung der Forschungsprämie
aus, die einen steuerlichen Anreiz für Betriebe schafft, mehr für Forschung auszugeben. Die Forderung
einer Evaluierung der Prämie bis 2017 wird in einem gemeinsamen Antrag (1776/A(E)) der Abgeordneten Eva-Maria
Himmelbauer (V), Philip Kucher (S), Gerhard Deimek (F), Claudia Angela Gamon (N) und Ulrike Weigerstorfer (T) erhoben.
Nach zweimaliger Erhöhung sei nun der richtige Zeitpunkt, die Forschungsprämie zu evaluieren, bekräftigte
Angelika Winzig (V) das parteiübergreifende Anliegen.
Der Vorschlag der Grünen, in der Evaluierung auch das Jahr 2010 zu berücksichtigen, sei bei der Antragstellung
nicht möglich gewesen, grundsätzlich befürwortet die Oppositionsfraktion aber die Forderung, erklärte
Ruperta Lichtenecker (G) den Standpunkt ihrer Fraktion.
Auch Gerhard Deimek (F) hat vor einiger Zeit einen Antrag auf Evaluierung der Forschungsprämie gestellt (460/A(E)).
Dieser wurde mit dem parteiübergreifenden Antrag miterledigt.
Die Grünen fordern eine Evaluierung prinzipiell seit längerem, Ruperta Lichtenecker (G) verbindet sie
mit der Forderung nach der Erhöhung der Forschungsprämie für Ein-Personen-Unternehmen und KMUs (337/A(E)).
Die Anhebung wäre ein essentieller Ansatz, es gehe darum, dass die Prämie für KMUs über jene
großer Unternehmen hinausgehen soll, appellierte sie. Philip Kucher (S) wertete es als widersinnig, einerseits
eine Evaluierung durchzuführen und andererseits die Prämie erhöhen zu wollen. Die Idee der Ausschussobfrau
fand schließlich keine Mehrheit.
NEOS und Grüne drängen auf raschere Umsetzung der FTI-Strategie
Ruperta Lichtenecker (G) und Claudia Gamon (N) zweifeln daran, dass Österreich angesichts der ihrer Ansicht
nach viel zu geringen Ausgaben für die Wissenschaft die Ziele der heimischen FTI-Strategie erreichen und die
entsprechenden Wachstumsvorgaben der EU bis 2020 erfüllen kann. Als Antwort erwartet sich Gamon ein Forschungsfinanzierungsgesetz,
mit dem die FTI-Strategieziele in den nächsten vier Jahren tatsächlich erreicht werden können (1596/A(E)).
In diesem Sinne fordert auch Lichtenecker von der Regierung einen terminlich abgestimmten Maßnahmenplan zur
budgetären Bedeckung der FTI-Strategie und die Formulierung eines Forschungsfinanzierungsgesetzes (1592/A(E)).
Beide Anträge wurden von SPÖ und ÖVP in die Warteschleife geschickt.
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