Große, aber verhaltene Erwartungen in
 diesjährige Getreideernte in Österreich

 

erstellt am
23. 06. 16
11:00 MEZ

LK lehnt GVO-Züchtungen strikt ab - Gegen Patent auf Sorten und Züchtungsmethoden
Wien (lkö) - "Wie der Stand der Kulturen gezeigt hat, dürfen wir große Erwartungen in die heurige Ernte haben, doch die Erfahrung hat uns auch gelehrt, dass bis zur Ernte noch viel passieren kann", so verhalten optimistisch gaben sich heute die Präsidenten der Landwirtschaftskammern Österreich, Burgenland und Wien bei ihrer alljährlichen Pressekonferenz, die eine erste Vorabschätzung der bevorstehenden Ernte geben soll. Generell hofft, man, dass die aktuell guten Aussichten für eine überdurchschnittliche Erntemenge bis zuletzt bleiben. Was die Vermarktung betrifft, sei für Österreich entscheidend, ob gut bezahlte Qualitäten erreicht werden, sind sich die LK-Präsidenten einig.

Bei den Wintersaaten boten sich den Bauern in großen Teil des Bundesgebietes günstige Anbaubedingungen. Ein milder Winter mit moderatem Niederschlag verhinderte Auswinterungsschäden, sodass sich die Herbstsaaten günstig entwickeln konnten und auch für die spät bestellten Flächen noch brauchbare Wuchsbedingungen vorherrschten. Lediglich die Frostnächte Ende April führten zu Ausfällen bei Mais und Kürbis in Südösterreich, aber auch zu Schäden bei Raps und Gerste in weiten Anbaugebieten. Bei den anderen Ackerkulturen führten die darauffolgenden niedrigen Temperaturen zu einem verzögerten Wachstum. Bedingt durch den milden Winter und die feuchtwarme Witterung im weiteren Frühjahr kam es zu einem stärkeren Schädlingsdruck sowie stärkerem Auftreten von Pilzkrankheiten. Erneut zeigen die Weizenflächen deutliche Infektionen mit Gelb- und Braunrost sowie Mehltau, die eine Behandlung wirtschaftlich sinnvoll machten. Bei unbehandelten Flächen mit anfälligen Sorten ist wieder mit deutlichen Ertragseinbußen zu rechnen.

Großes Flächenplus bei Ölkürbis, Hartweizen und Dinkel
Ölkürbis (+22,6%), Hartweizen (+22%) und Dinkel (+24%) zählen zu den großen Gewinnern der diesjährigen Flächenverschiebungen. "Die Gründe beim Hartweizen sind, dass die heimischen Qualitäten auf dem Markt gut angenommen werden und die Preise in den vergangenen Jahren recht stabil waren. Bei dieser Kultur spielt aber auch das Erntewetter eine entscheidende Rolle", erläuterte Hermann Schultes, Präsident der LK Österreich. Die Weichweizenfläche hat trotz schwächerer Preise der letzten Ernte um 1,8% zugenommen. Sommergerste ist mit -19,9% hingegen der große Verlierer. Damit folgt diese Kultur einem langjährigen Abwärtstrend, während Wintergerste gemäß der Entwicklung der letzten Jahre erneut um 1,7% zulegte. Die Roggenfläche schrumpfte heuer abermals um 5,4%, während Triticale wiederum einen Zuwachs von 2,1% verbuchen kann. "Das zeigt uns, dass die Ethanolproduktion in Pischelsdorf doch Auswirkungen auf die Anbaupraxis hat", so Schultes. Unerwartete Zugewinne (5,7%) verbucht Ölraps. Damit wird ein Abwärtstrend, der seit 2014 aufgrund zunehmender Schädlingsprobleme seit dem Verbot der neonicotinoiden Beizmittel herrschte, durchbrochen. Die aktuelle Fläche liegt trotzdem weiterhin um 25% unter dem Niveau von 2014.

Aufgrund der schlechten Anbauerfahrungen im sehr trockenen Sommer des Vorjahres ist heuer auch die Sojafläche um 12% kleiner ausgefallen.

LK Österreich für patentfreie Sorten und Züchtungsmethoden
Schultes verwies in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung bisheriger heimischer Pflanzenzüchtungen "zur Sicherung der Erträge und damit der Versorgungssicherheit in Zeiten des fortschreitenden Klimawandels" und betonte ausdrücklich, dass "gentechnisch veränderte Organismen in Österreich unerwünscht sind" und die LK Österreich sich daher "strikt gegen eine Patentierung von Sorten wie auch von moderner biologischer Züchtung" ausspricht. Alle Sorten und Wege in der Pflanzenzucht, die außerhalb der gültigen EU-Gentechnik-Gesetzgebung entwickelt werden, sowie ihre Produkte sollen somit auch die Teilnahme kleiner und mittelständischer Unternehmen in Österreich sowie Europa am Züchtungsfortschritt ermöglichen.

"Es geht uns um eine klare Abgrenzung zu den nicht erwünschten Methoden der klassischen gentechnischen Veränderung, worüber derzeit auf europäischer Ebene diskutiert wird", so der Präsident. Bisher hat Österreich mit dem Sortenschutz ein sehr gut funktionierendes System, das es einem Züchter erlaubt, jedwedes "Material", auch eingeführte Sorten eines Mitbewerbers, für seine Züchtungsarbeit zu verwenden (sogenanntes Züchterprivileg). Ebenso kann und darf ein Landwirt das von ihm produzierte Saatgut auf seinem Betrieb selbst verwenden (Landwirteprivileg). Das diskutierte EU-Patentrecht will diese beiden Privilegien kippen. Beides sei jedoch unverzichtbar, so Schultes, "das Züchterprivileg ist Grundvoraussetzung für die Anpassung und Verbesserung der in der Landwirtschaft verwendeten Sorten an den Standort und die Region". Die LK tritt daher dafür ein, die EU-Regelung über die "absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt" als Messlatte anzulegen und fordert, dass jede Pflanzenzüchtungsmethode wissenschaftlich diskutiert und einzeln beurteilt wird.

Hautzinger: Für Bauern Planbarkeit und für Bevölkerung hochqualitative Lebensmittel sichern
Im Burgenland hat der Frost Ende April beim blühenden Winterraps und lokal auch bei Wintergerste und Mais kleinere Schäden verursacht. Laut LK-Präsident Franz Stefan Hautzinger seien die Bestände "durchwegs zufriedenstellend" und er "sehr zuversichtlich" für eine überdurchschnittliche Getreideernte über dem 10- und 20-jährigen Durchschnitt (geschätzte 305.000 t, was einem Plus von 7% gegenüber 2015 entspräche). Im Vorjahr sei der Drusch zu diesem Zeitpunkt bereits angelaufen, "doch auch in den Frühdruschgebieten des Burgenlands ist die Pflanzenentwicklung dieses Jahr noch nicht so weit, die Abreife kann nun aber sehr rasch erfolgen".

Hautzinger verwies gleichzeitig auf den Umstand, dass die Lebensmittelproduktion auf Agrarflächen zu 80% wetterabhängig ist und damit Ernteerfolge nicht planbar seien. Daher sei die kürzlich erfolgte Reform des Katastrophenfonds- und des Hagelversicherungsgesetzes mit einer Ausweitung um zusätzliche Risiken "ein großer Durchbruch" für die heimische Landwirtschaft. "Dass vor Kurzem auch die burgenländische Landesregierung der 25%igen Subventionierung der Versicherungssumme zugestimmt hat, womit auch die gleich hohen Bundesmittel ausgelöst werden, freut uns besonders, denn damit werden die burgenländischen Bauern endlich ihren Berufskollegen aus anderen Bundesländern gleichgestellt. Damit wird die wirtschaftliche Planbarkeit für unsere Betriebe stark erhöht", so Hautzinger.

Er unterstrich weiters die Forderungen seines Kollegen Schultes nach mehr Mitteln für die Forschung, um den österreichischen Bauern weiterhin Getreidesorten anbieten zu können, "die nicht nur höhere Qualitäten und Erträge liefern, sondern auch wirkungsvollere Resistenzen oder Toleranzen gegen Krankheiten und Schädlinge bringen". Ebenso notwendig sei eine bessere Überwachung der Bestände.

Windisch: Hohe Niederschlagsmenge wirkt sich positiv aus
Wiens Ackerbauern gehen aufgrund des regelmäßigen und ausreichenden Regens im laufenden Wirtschaftsjahr von einer quantitativ guten bis sehr guten Ernte aus. "Durch die überdurchschnittlich starken Niederschläge hat sich das Getreide hervorragend entwickelt. Bestände, die vor jener Regenfront im Oktober angebaut wurden, weisen eine sehr üppige Bestockung auf, die allerdings mancherorts die Durchlüftung stören, was den Krankheitsdruck für das Stroh erhöht. Ausgehen können wir heuer von hohen Tonnagen, doch wie sich das finanziell auswirkt, ist noch unklar", fasste Präsident Franz Windisch die Erwartungen für das Erntejahr 2016 zusammen. "Insgesamt kann man jetzt schon sagen, dass mit einer quantitativ überdurchschnittlichen Menge zu rechnen ist. Die eingefahrenen Qualitäten hängen noch vom Witterungsverlauf der nächsten Wochen, der Reifephase und dem anschließenden Druschwetter ab."

Hartweizenfläche mit +46%, Wintergerstenfläche legt um 33% zu
Der Getreideanbau spielt in Wien neben Hackfrüchten und Feldgemüse eine sehr wichtige Rolle. Winterweichweizen als stärkste Kultur verzeichnet heuer wieder einen Flächenanstieg von 15%. Ein sehr starkes Plus von 46% gibt es bei Hartweizen, "verursacht durch die große Preisdifferenz von 100 Euro, die im Vorjahr zu Qualitätsweizen bestanden hat", erläuterte Windisch. Die Sommerbraugerstenfläche ist trotz schwieriger Produktionsbedingungen (Eiweißgehalt) stabil geblieben. Immer mehr Landwirte nutzten jedoch den alternativen Anbau von Winter- als Braugerste, sodass sich hier ein Flächenplus von 33% ergibt, das aber aufgrund einzelner noch nicht geräumter Lager dazu führen kann, dass Lagerraum eventuell knapp wird. Der Anstieg der Triticale- und Roggenfläche sei auf die stetig steigende Zahl an Umstellungsbetrieben auf Bio zurückzuführen.

Blaimauer: Witterungsverlauf wirkt sich positiv auf neue Sortengenerationen aus
"Die Bedingungen zur Herbstaussaat 2015 waren für Winterkörnerraps und Wintergetreide ideal. Günstige Auflaufbedingungen und ausreichend Niederschläge haben sie gut in einen sehr milden Winter gehen lassen. Bei Winterkörnerraps hat sich der Schädlingsdruck in Grenzen gehalten, was infolge ausreichender Niederschläge sowie einer außerordentlich langen Blühphase und mit mäßigen Temperaturen während der Abreife sehr gute Erträge erwarten lässt", erklärte Johann Blaimauer, Bereichsleiter Saatgut und Holz der Raiffeisen Ware Austria (RWA).

Auch bei Getreide haben die Bestände gut bestockt und aufgrund des zeitigen Vegetationsbeginns besonders massige Bestände entwickelt, was zumindest eine überdurchschnittliche Strohmasse voraussagen lässt. Eine sehr aggressive Gelbrost- und Septoriabefallsphase konnte von der neuen Sortengeneration aufgrund vorhandener Resistenz gut pariert werden.

"Durch den mäßigen Temperaturverlauf und eine gute Niederschlagsverteilung kann von einer optimalen Kornfüllungsphase ausgegangen werden. Vor allem die späten Sorten werden die längere Vegetationsdauer vorteilhaft nutzen und das besonders hohe genetische Ertragspotenzial weitgehend ausschöpfen können. Bei Qualitätsweizen wird der tatsächlich zu realisierende Proteingehalt von einer ausreichenden, der hohen Ertragserwartung entsprechenden, späten Stickstoffabgabe abhängen", so der RWA-Experte abschließend.

 

 

 

Weitere Informationen:
http://www.lk-oe.at

 

 

 

 

 

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