Stärkeres Wachstum in risikoreichem Umfeld

 

erstellt am
23. 06. 16
11:00 MEZ

WIFO-Prognose für 2016 und 2017
Wien (wifo) - Nach dem geringen Wachstum im Jahr 2015 dürfte die österreichische Wirtschaft 2016 und 2017 kräftiger expandieren. Die Vorlaufindikatoren geben zwar weiterhin keine nennenswerten Hinweise auf eine deutliche Konjunkturbelebung. Allerdings steigen aufgrund von Sonderfaktoren die Konsumausgaben der privaten und öffentlichen Haushalte beträchtlich und stützen so das gesamtwirtschaftliche Wachstum. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte in den Jahren 2016 und 2017 real um jeweils 1,7% zunehmen.

Nach einer trägen Entwicklung in den letzten vier Jahren gewann das Wirtschaftswachstum in Österreich zuletzt wieder an Schwung. Getragen wird es von einer Belebung der Binnen- nachfrage, die von der günstigen Beschäftigungssituation und den steigenden Einkommen der privaten Haushalte gestützt wird. Die Exportwirtschaft erhält dagegen wegen der zögerli- chen Entwicklung des Welthandels nur begrenzte Impulse. 2017 dürfte sie aber stärker Tritt fassen und einen Ausgleich für die dann nicht mehr ganz so kräftige Expansion der Binnen- nachfrage bilden.

Unter diesen Bedingungen dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt 2016 und 2017 um jeweils 1,7% zunehmen. Diese im Vergleich mit den letzten Jahren durchaus hohen jährlichen Zu- wachsraten sollten jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass die zugrundelie- gende Konjunkturdynamik 2016 noch gering ist. Vielmehr basiert das kräftige Wachstum heuer zu einem wesentlichen Teil auf verschiedenen Sonderfaktoren (Kalendereffekt, Steuerreform, Flüchtlingszustrom); ohne diese würde das BIP nur geringfügig stärker wachsen als im Vorjahr.

Wesentlich dynamischer dürfte die Konjunktur aus heutiger Sicht erst 2017 verlaufen; trotz des Auslaufens der Sonderfaktoren im Laufe des Jahres 2016 wird die Wirtschaft daher weiterhin kräftig wachsen. Dennoch dürfte am Ende des Prognosehorizonts die Normalauslastung noch nicht übertroffen werden, die Produktionslücke (Output-Gap) wird auch Ende 2017 noch ne- gativ sein. Vor allem der Außenhandel sollte vor dem Hintergrund einer Belebung des Welt- handels und der Weltkonjunktur stärker zum heimischen Wachstum beitragen. In den USA wird das Wachstum vor allem im Jahr 2017 wieder stärker anziehen, und ähnlich dürfte sich die Erholung im Euro-Raum fortsetzen. Zudem sollten die Rohstoffpreise die Talsohle bereits durch- schritten haben, sodass sich die Perspektiven für die Schwellenländer allmählich wieder bes- sern. Somit wird aufgrund der Steigerung der heimischen Exporte 2017 der Außenhandel wie- der deutlich stärker zum Wachstum beitragen.

Ein möglicher Volksentscheid zugunsten eines Austritts Großbritanniens aus der EU sollte keine unmittelbaren Folgen für die heimische Exportwirtschaft nach sich ziehen, da für den tatsäch- lichen Austritt eine Übergangsfrist zur Neuordnung der Beziehungen von bis zu zwei Jahren vorgesehen ist. Mögliche Turbulenzen auf den Finanz- und Devisenmärkten könnten aber bereits zuvor negative Effekte auslösen, die in dieser Prognose aufgrund der hohen Unsicher- heit jedoch nicht berücksichtigt wurden.

Trotz des höheren Wachstums im Prognosezeitraum sollte der Preisdruck nur mäßig zunehmen. Nach einer Teuerungsrate von 0,9% im Jahr 2015 wird der Verbraucherpreisindex (VPI) 2016 um 1,1% und 2017 um 1,8% steigen. Schwankungen der Rohölnotierungen bilden weiterhin ein Risiko insbesondere für die Inflationsprognose, das aber insgesamt ebenso wie die Risiken für das Wirtschaftswachstum ausgeglichen erscheint.

Über den gesamten Prognosehorizont ist mit einer weiteren deutlichen Ausweitung des Ar- beitskräfteangebotes zu rechnen. Das Wachstum der Beschäftigung kann diese Zunahme des Arbeitskräfteangebotes trotz vorteilhafter Entwicklung der Realwirtschaft nicht vollständig aufnehmen, sodass ein weiterer Anstieg der Arbeitslosenzahlen zu erwarten ist. Die Arbeitslo- senquote wird 2016 auf 9,2% und im Jahr 2017 weiter auf 9,6% steigen.

 

 

 

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