Anschober: Erstmals in Österreich wird umfassend die zentrale Fluchtursache Klimaveränderung
von FachexpertInnen thematisiert
Linz (lk) - Rund 250 Interessierte beschäftigen sich beim 9. Umweltkongress des Landes OÖ im Linzer
Schlossmuseum am 21.06. erstmals umfassend mit dem Thema „Klimawandel und Migration – die neuen Flüchtlinge“.
Es geht darum, Zusammenhänge aufzuzeigen, rechtliche Lücken aufzudecken und mögliche Maßnahmen
zu diskutieren.
Landesrat Rudi Anschober: „Klimawandel als Fluchtursache wird aktuell noch drastisch unterschätzt. Obwohl
schon jetzt mehr Flüchtlinge wegen dem klimabedingten Wegfall ihrer Lebensgrundlagen flüchten als wegen
Gewalt allein, nehmen wir es nicht so wahr, da klimabedingte Migration bisher regional begrenzt ist und binnenorientiert
stattfindet. Auch für die Krisenregion Syrien gilt mittlerweile unter WissenschafterInnen als gesichert, dass
die extreme, klimabedingte Dürre in der sonst so fruchtbaren Daara-Ebene als Mitursache für Konflikt
und Flucht gesehen werden muss. Dies zeigt uns: Wenn wir jetzt den Klimavertrag von Paris nicht umsetzen und somit
dem Klimawandel Einhalt gebieten, kommt es zwangsläufig zu einem massiven Anstieg der Flüchtlings- und
Migrationsbewegungen. Und der Klimawandel trifft die Schutzlosesten auf unserem Planeten am meisten, jene, die
auch Anpassungsstrategien oft nicht finanzieren können.“
Prof. Dr. Manfred Stock, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung: „Wir sind mittendrin im Klimawandel und
aktuell in einer Trainingsphase für die Herausforderungen der Zukunft. Aktuell sind wir bei rund 1°C Erwärmung
gegenüber der vorindustriellen Periode, im Weltklimavertrag von Paris ist eine Erhöhung um maximal 2°C
festgehalten. Dies einzuhalten ist schwierig genug, aber wenn wir nichts tun, sind die Auswirkungen des Klimawandels
nicht mehr beherrschbar. Wir müssen jetzt handeln, damit das Unvorhersehbare vermieden wird – wir können
und müssen das schaffen. Schon seit 1980 sind die klimabedingten Fluchtsituationen stark spürbar. Auch
in Syrien hat die globale Politik versagt und sowohl die kriegerische Auseinandersetzung als auch die finanzielle
Unterstützung für die regionalen Flüchtlinge in den Lagern der Region übersehen. Was wir brauchen
ist weltweiter Klimaschutz, Anpassungsmaßnahmen samt globaler Unterstützung dafür und gesteuerte
Migration, z.B. für Inselstaaten.“
Vera Künzel, Germanwatch e.V.: „In internationalen Abkommen über Migration gibt es eine Schutzlücke
für Menschen, die klimabedingt flüchten müssen. Davon besonders betroffen sind Menschen des globalen
Südens, die nicht nur vom Klimawandel besonders stark betroffen sind, sondern, die sich auch Anpassungsmaßnahmen
oftmals nicht leisten können. Im Zuge des zähen Prozesses hin zur Beachtung dieser klimabedingten Flucht
wurde von Norwegen und der Schweiz die Nansen-Initiative gestartet, eine freiwillige Schutz-Agenda mit Prinzipien
zum Schutz von Klimaflüchtlingen. Statt einer weltweiten Schutzregel handelt es sich hierbei um nationale
Übereinkommen. In einem weiteren Schritt wurde dazu eine Plattform zur Implementierung der Schutz-Agenda gegründet,
bei der auch die EU mitmacht.“
Mag.a Dr.in Monika Mayerhofer, Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte: „Klimawandel als Fluchtursache
wäre über die Menschenrechte lösbar, etwa mit dem Recht auf Leben, Gesundheit, Ernährung oder
Wasser, aber diese finden in den Klimaverträgen zu wenig Beachtung. Besonders betroffen von den Klimawandel-Folgen
sind Menschen in ohnehin prekärer Lage. Es werde unterschiedliche Formen der Migration entstehen, nachdem
die Lebensgrundlagen – durch den Klimawandel zerstört – woanders gesucht werden müssen. Die Genfer Flüchtlingskonvention
sagt dazu nichts, vorhandene Ansätze etwa in Europa werden zu wenig beachtet. Was es hier braucht, sind legale
Wege und rechtliche Werke für Arbeitsmigration.“
LR Anschober abschließend: „Zusammenfassend gibt es drei Kernaussagen, die wir politisch rasch umsetzen müssen:
1. Klimaschutz entscheidet über das Ausmaß der Fluchtbewegung – entsprechender Klimaschutz ist machbar,
das zeigt OÖ vor, und bei der Konferenz der LandesumweltreferentInnen letzte Woche wurde eine konkrete Strategie
samt Evaluierung zur Ausarbeitung bis Jahresende vereinbart. 2. Schutzstandards für Klimaflüchtlinge.
3. Kooperation mit Regionen, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, aber am wenigsten leisten können
– sowohl finanziell als auch mittels Know-how, z.B. über Gesundheitssystem, Klimawandel-Anpassungsstrategie,
etc.“
Neue Ausstellung für Jugendliche im Linzer Schlossmuseum wird heute Abend eröffnet: CHANGE >>
LebensWerte im KlimaWandel
Mit dem Pariser Weltklimavertrag soll der Klimawandel auf ein für Mensch und Natur verträgliches Maß
beschränkt werden. Wie das gelingen kann, zeigt die Ausstellung „CHANGE >> LebensWerte im KlimaWandel“
im Linzer Schlossmuseum von 21. Juni 2016 bis 31. Dezember 2017. Besonders Schulgruppen und junge Menschen sind
herzlich eingeladen, an den interaktiven Stationen die Auswirkungen des eigenen Lebensstils auf den Klimawandel
zu erkunden. Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit des Umweltressorts des Landes Oberösterreich mit dem
Klimabündnis Oberösterreich in Kooperation mit dem Landesmuseum.
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