Wie kann man verhindern, dass die Masten von Betonpumpen gefährlich zu schwingen beginnen?
Eine Kooperation von TU Wien und Industriepartnern hat dieses Problem gelöst.
Wien (tu) - Dutzende Meter weit wird auf Baustellen der Beton gepumpt, vom Fahrmischer bis zum Einbringungsort.
Lange Betonförderleitungen werden von Masten getragen, die aus mehreren beweglichen Mastelementen bestehen.
Wenn Beton durch die Leitungen gepumpt wird, können diese Mastelemente in bestimmten Situationen stark zu
schwingen beginnen – dann muss die Pumpleistung reduziert werden. Im schlimmsten Fall kann die Situation für
Personen, die am Endschlauch arbeiten, sonst gefährlich werden.
Die Unternehmen TTControl, HYDAC und SCHWING haben gemeinsam mit der TU Wien nun ein elektronisches Schwingungsdämpfungssystem
entwickelt, das dieses Problem löst.
Wenig Gewicht macht schwingungsanfällig
„Über die Mastelemente, die mit Gelenken verbunden sind, wird auf der Baustelle der Beton gepumpt – wenn es
sein muss auch 60 Meter senkrecht nach oben“, sagt Johannes Henikl. Er entwickelte im Rahmen seiner Dissertation
bei Prof. Andreas Kugi am Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik (ACIN) an der TU Wien Regelungssysteme
für solche Anlagen, nun arbeitet er beim deutschen Betonpumpenhersteller SCHWING. „Man versucht, das Gewicht
der Mastelemente gering zu halten, um möglichst hohe Reichweiten zu erzielen und gleichzeitig die gesetzlichen
Vorgaben an das zulässige Gesamtgewicht von Autobetonpumpen einzuhalten.“, erklärt Henikl. „Allerdings
kann geringeres Gewicht auch geringere Stabilität bedeuten. Die Steifigkeit der Mastelemente wird reduziert
und der Mast wird schwingungsanfällig.“
Eine Betonpumpe liefert keinen perfekt kontinuierlichen Strom von Beton. Wenn die Pumpe einen Rhythmus vorgibt,
der im ungünstigsten Fall genau der Eigenfrequenz des Mastes entspricht, dann kann der Mast stark in Schwingungen
geraten. „Es kann dann rasch zu Schwingungen mit einer Auslenkung von ein bis zwei Metern am Endschlauch kommen“,
sagt Johannes Henikl. „Damit lässt sich natürlich nicht arbeiten, normalerweise versucht man in dem Fall
sofort, die Pumpleistung zu senken und den Mast wieder zu stabilisieren.“
Viel besser ist es allerdings, ein automatisches Regelungssystem zu integrieren, das solche Probleme von Anfang
an verhindert und die Schwingungen gar nicht erst entstehen lässt – und genau das ist nun, durch die Zusammenarbeit
der TU Wien mit mehreren Firmenpartnern, gelungen.
Erst das Modell, dann die Steuerung
„Zunächst muss man das System physikalisch wirklich gut verstehen“, erklärt Henikl. „Wir haben am Computer
ein Modell erstellt, die auftretenden Schwingungen analysiert und überlegt, wie man die einzelnen Gelenke
des betonfördernden Mastes am besten ansteuern kann, um Schwingungen zu dämpfen.“ So gelang es, ein Regelungskonzept
zu entwickeln, das sich auf relativ einfache Weise umsetzen lässt. Ein neues Hydrauliksystem zur Ansteuerung
der hydraulischen Aktuatoren war dafür nötig und verschiedene Sensoren mussten an den Armen und Gelenken
des Auslegers eingebaut werden. „Die Anforderungen an ein solches System sind hoch – schließlich muss es
mit den rauen Umgebungsbedingungen auf der Baustelle zurechtkommen“, sagt Henikl. „Das muss man bei der Planung
von Anfang an systematisch berücksichtigen.“
Nach mehreren Jahren Arbeit hat sich das Schwingungsdämpfungssystem nun in verschiedenen Praxistests bestens
bewährt. „Besonders wichtig ist, dass sich das System in unterschiedlichsten Szenarien als sehr robust erweist“,
berichtet Johannes Henikl. „Durch den Aufwand, den wir bei der genauen Modellierung und der mathematischen Analyse
des Systems betrieben haben, konnten wir ein regelungstechnisches Konzept entwickeln, das nicht nur in einer bestimmten
Betriebssituation gute Ergebnisse liefert, sondern in jeder beliebigen Stellung des Auslegers gut funktioniert.
Zudem ist es verhältnismäßig einfach auf weitere Maschinentypen übertragbar.“ Die Schwingungsbewegungen
des Mastes können dadurch größtenteils eliminiert werden und der Endschlauch kann sicherer und
präziser geführt werden, so dass auch in schwierigen Situationen eine hohe Pumpleistung erzielt werden
kann. Der Betrieb einer Autobetonpumpe wird dadurch noch einfacher und sicherer.
Das Projekt wurde von der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG unterstützt. Beteiligt
waren neben dem Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik (ACIN) der TU Wien auch die Schwing GmbH,
die TTControl GmbH und HYDAC International.
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