Die Regierungschefs der Arge Alp haben am 30.06. in Bezau in Vorarlberg
getagt. Für Südtirol nahm LH-Stellvertreter Theiner an der Konferenz teil.
Bezau/Bozen (lpa) - Im Mittelpunkt der jährlichen Arge-Alp-Regierungschefkonferenz unter Vorarlbergs
Vorsitz standen die Themen Flüchtlingskrise, Klimawandel und die Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen
im Alpenraum, berichtet Landeshauptmannstellvertreter Richard Theiner. Er vertrat Landeshauptmann Arno Kompatscher
in Bezau, der zur Ministerratssitzung nach Rom eingeladen wurde, wo die Verabschiedung einer Durchführungsbestimmg
auf der Tagesordnung steht. Darüber hinaus gaben die Regierungschefs der Alpenländer grünes Licht
für die Durchführung neuer Projekte. Schließlich übergab Vorarlberg den Vorsitz an Bayern.
Drei Resolutionen: Flüchtlinge, Klimaschutz, Beschäftigung
Kein anderes Thema hat die letzten Monate so dominiert wie die Flüchtlingsthematik, sagte der scheidende Arge-Alp-Vorsitzende
und Landeshauptmann von Vorarlberg, Markus Wallner: "Es ist ein Thema, das – aufgrund der geographischen Lage
– besonders auch die Arge-Alp-Regionen betrifft. Die massenhafte und unkontrollierte Einreise auch in Arge-Alp-Regionen
im Jahr 2015 hat die wahre Dimension der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, vor denen
wir stehen, deutlich gemacht. Aus Sicht Vorarlbergs war deshalb eine Arge-Alp-Regierungschefkonferenz 2016, die
sich dieser Thematik nicht stellt, nicht vorstellbar."
Vorarlberg hat deshalb eine Resolution zu den Herausforderungen der Flüchtlingskrise vorgelegt. In dieser
Resolution fordern die Regierungsvertreter der Arge-Alp-Regionen die Europäische Union auf, eine nachhaltige
Strategie und ein Bündel an effektiven Maßnahmen zu entwickeln, wie die Sicherung der EU-Außengrenze
oder die Einrichtung von Registrierungszentren, um die unkontrollierten Flüchtlingsbewegungen in den Arge-Alp-Raum
wirkungsvoll zu steuern. Einig sind sich die Regierungschefs der Arge Alp über die Notwendigkeit ein auf Dauer
angelegten Systems einzurichten, das es im Bedarfsfall ermöglicht, die Verantwortung für die Flüchtlinge
solidarisch unter den Staaten aufzuteilen.
Die große Bedeutung der Integration, die auf der Anerkennung der Gesetze, lokalen Gepflogenheiten, auf Sprachkompetenz
etc. beruht, wurde allerseits hervorgehoben. Dazu seien aber auch zwischen nationaler und regionaler Ebene abgestimme
Integrationskonzepte ebenso notwendig wie Maßnahmen, um den Fluchtursachen in den Herkunftsländern der
Flüchtlinge vorzubeugen. Die Arge-Alp-Mitgliedsregionen wollen dabei im Rahmen ihrer Entwicklungszusammenarbeitspolitik
einen Beitrag leisten.
"Gefordert wird mehr Solidarität, eine nachhaltige Strategie, die schnellere Abwicklung der Asylverfahren,
die Entwicklung von Integrationskonzepten und vor allem die Bekämpfung der Fluchtursachen und der Ausbau der
Entwicklungszusammenarbeit", fasste Landesrat Theiner die Inhalte der Resolution zusammen.
Als weiteres Schwerpunktthema liegt Südtirols Umweltlandesrat die zukunftsorientierte Klimaschutzpolitik für
den Alpenraum besonders am Herzen. "Als alpine Regionen sind wir vom Klimawandel besonders betroffen. Die
Klimaerwärmung ist in den Alpen nachweislich größer. Deshalb begrüßt die Arge Alp das
UN-Klimaübereinkommen", so der Landesrat. Allerdings genügten die anlässlich des UN-Klimagipfels
von Paris vorgelegten nationalen Klimaaktionspläne nicht, um die Erderwärmung deutlich unter zwei Grad
Celsius zu senken. Die Arge Alp tritt deshalb in ihrer Resolution dafür ein, dass die EU ihren Klimaschutz-Beitrag
von mindestens 40 Prozent CO2-Reduktion bis 2030 im Vergleich zu 1990 frühzeitig im Sinne der Pariser Klimakonferenz
überprüft und darauf hinarbeitet, dass das Ziel von 1,5 Grad Celsius erreicht wird. Dies sind deutlich
ambitioniertere Ziele als das bisherige Energieeffizienzziel bzw. das Ziel für erneuerbare Energien. Die nationalen
Energie- und Klimapläne sollen ab 2050 zu Netto-Nullemissionen und einem umfassenden Ausstieg aus fossilen
Energieträgern führen."In Südtirol haben wir bereits wichtige Vorarbeit geleistet", so
Landesrat Theiner, der besonders auf den Einsatz erneuerbarer Energiequellen und die Klimahauspolitk verwies. Verbesserungsbedarf
gäbe es im Bereich des Individualverkehrs.
Informationen zum Klimaschutz erhielten die Regierungschefs aus erster Hand: Der österreichische Umweltminister
Andrä Rupprechter berichtete von der UN-Klimakonferenz und über deren Bedeutung für die Arge Alp.
Ein weiteres zentrales Thema der heutigen Konferenz und zugleich der Schwerpunkt des Vorarlberger Vorsitzjahres
war die Beschäftigung. Dazu wurde die Resolution "Beschäftigung im Alpenraum" unterzeichnet.
Die Mitgliedsländer sprechen sich darin für eine Reduzierung von Bürokratie und Verwaltungsaufwand
für Unternehmen aus. Sie werten Forschung als wichtige Grundlage besonders für exportorientierte Unternehmen
und plädieren - gegenüber den Staaten und der EU - für eine gezielte Förderung von Forschungskooperationen
und Forschungsinfrastrukturen. Weitere Punkte der Resolution sind der vereinfachte Zugang zu Finanzmitteln für
Unternehmensgründerinnen und –gründer sowie Start ups, die verstärkte Investition in Aus- und Weiterbildung
mit Spielräumen für Bildungsinitiativen sowohl auf regionaler wie auch schulischer Ebene sowie der Ausbau
der Infrastruktur im Alpenraum - vom öffentlichen Personenverkehr bis zur Breitbandinfrastruktur -, um die
Attraktivität des Standorts zu sichern.
Neue strategische Ausrichtung
Die Arge Alp sieht sich als die wichtigste Vertretung für Alpenthemen und als Symbol der Selbstbestimmung
der Regionen. Sie fungiert als Plattform für Vernetzung, aber auch zur Abwicklung von Projekten. Die Bevölkerung
soll aus der Existenz der Arge Alp einen konkreten Nutzen ziehen. Um dieser Rolle verstärkt gerecht zu werden,
sollen die Arge Alp-Aktivitäten stärker fokussiert werden, indem eine mittelfristige – drei bis fünf
Jahre umfassende – strategische Ausrichtung der Arge Alp auf spezifische Themen erfolgt. Dies sollen Themen sein,
deren Behandlung gerade in der Arge Alp einen Mehrwert für die Mitgliedsregionen bringt. Dabei können
Themen mit übereinstimmenden Landeshaltungen – wie beispielsweise in den verabschiedeten Resolutionen erkennbar
– aufgegriffen werden. Als spezifische oder Leitthemen, die derzeit relevant sind, hat der Leitungsausschuss folgende
identifiziert: Klimawandel und seine Auswirkungen auf diverse Bereiche; Migration und Integration und Mobilität.
Diese Themen werden unter Vorsitz Bayerns konkretisiert.
Neue Projekte beschlossen
Die Regierungschefkonferenz hat auch die Durchführung neuer bzw. die Fortsetzung bewährter Projekte
beschlossen: Auf Antrag des Kantons Graubünden wird das Projekt Arge Alp Sport bis zum Jahr 2022 fortgesetzt.
Die Arge Alp Sportveranstaltungen vereinten wie kein anderes Projekt alle Mitgliedsländer der Arge Alp, waren
sich die Regierungschefs einig. Sie förderten die grenzüberschreitenden Kontakte der jungen Sportlerinnen
und Sportler und die Zusammenarbeit der Sportverbände der Arge Alp-Länder. Gemeinsame Veranstaltungen
gibt es für neun Sportarten (darunter Fußball, Ski fahren, Leichtathletik und Sportklettern). Insgesamt
rund 1700 Sportlerinnen und Sportler nehmen pro Jahr daran teil.
Neu bewilligt wurde die Europäische Talent Akademie Lindau, ein Projekt der außerschulischen Begabtenförderung,
an der 60 Jugendliche (10. und 11. Jahrgangsstufe / Schulstufe) aus den Arge-Alp-Mitgliedsländern teilnehmen
können. Die Akademie hatte das Ziel, besonders begabten, wissbegierigen, leistungsbereiten und vielseitig
interessierten Jugendlichen einen kulturübergreifenden Austausch zu ermöglichen und in einer Gemeinschaft
Gleichgesinnter ihr Wissen über Natur- und Geisteswissenschaften, Kunst und Kultur zu erweitern und zu vertiefen.
Neu eingerichtet werden soll zudem ein gemeinsames Recherche-Portals der Arge-Alp-Archive. Geplant und genehmigt
und in Auftrag gegeben ist eine Studie, die sich mit dem Einfluss von Gletscher-Randklüften auf Felsstürze
beschäftigt. Das Projekt läuft über drei Jahre.
Übergabe Vorsitz an Bayern
Nach einjährigem Vorsitz übergibt das Land Vorarlberg turnusmäßig den Stab weiter an den Freistaat
Bayern. "Der Freistaat Bayern blickt mit Freude seinem Vorsitz in der Arge Alp entgegen", sagt Staatsministerin
Beate Merk: "Die von Vorarlberg angestoßene strategische Neuausrichtung für die Arge Alp wird Bayern
in 2016/2017 fortführen. Gerade mit Blick auf den Vorsitz Bayerns in 2017 im Rahmen der EU-Alpenstrategie
(EUSALP) wird das Ziel Bayerns sein, hier auch Synergien mit der Arge Alp auszuschöpfen. Neben der Durchführung
partnerschaftlicher Projekte soll sich aus Sicht Bayerns die Arge Alp auch im kommenden Jahr mit den großen
politischen Herausforderungen für den Alpenraum beschäftigen."
In der Arbeitsgemeinschaft Alpenländer (ARGE ALP) arbeiten in den vier Staaten Deutschland, Italien, Österreich
und Schweiz folgende Länder, Provinzen bzw. Kantone mit einer Gesamtbevölkerungszahl von rund 26 Millionen
Menschen zusammen: Bayern, Graubünden, Lombardei, Salzburg, St. Gallen, Südtirol, Tessin, Tirol, Trient
und Vorarlberg. .
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