Neuer Ressortchef will sich für Budgeterhöhungen mit Fokus auf zeitgenössischer
Kultur einsetzen
Wien (pk) - Seine Schwerpunkte im Bereich von Kunst- und Kulturpolitik erläuterte der neue Kulturminister
Thomas Drozda in einer Aussprache mit den Mitglieder des Kulturausschusses des Nationalrats. Drozda kündigte
einen deutlichen Fokus auf zeitgenössisches Kunst- und Kulturschaffen an. Zweiter langfristiger Schwerpunkt
werde der Bereich Kultur und Integration sein. Grundsätzlich hielt er fest, dass in einem Land wie Österreich,
das sich stark über Kunst und Kultur definiere, der Staat seine Förderaufgaben auch wahrnehmen müsse.
Er wolle sich daher für eine stabile Basisfinanzierung für Kunst und Kultur einsetzen und eine Valorisierung
erreichen.
Drozda betonte, dass er sich besonders um die kleinen Kulturinitiativen kümmern wolle. Das sei angesichts
der Budgeterhöhungen für die Bundestheater nur gerecht, meinte er. Arbeitsstipendien, die teilweise seit
15 Jahren nicht mehr angepasst wurden, werden erhöht. Bei den Freien Gruppen ist ein Ausbau in zwei Etappen
beabsichtigt. Geplant sind auch zehn neue Arbeitsateliers. Alle Erhöhungen sollen über Budgeterhöhungen
abgedeckt werden. Zum Thema "Kunst und Integration" wurden die Mittel für Projekteinreichungen unter
dem Titel "zusammen:wachsen" erhöht. Das Interesse der Kultureinrichtungen daran sei sehr groß,
berichtete der Ressortchef.
Eine weitere Schwerpunktsetzung soll unter dem Titel "Transparenz und Professionalisierung" bei den Bundesmuseen
und der Österreichischen Nationalbibliothek stattfinden. Für sie wird ein gemeinsamer Wirtschaftsprüfer
bestellt. Auch wurde bereits der Aufteilungsschlüssel für die Basisabgeltung der Bundestheater für
die Saison 2016/17 gemeinsam mit der Bundestheater-Holding beschlossen und genehmigt. Demnach erhielten die Holding
4,9 Mio. Euro, das Burgtheater 48,7 Mio., die Staatsoper 63,2 Mio. und die Volksoper 39,8 Mio. Euro. Er sei auch
froh darüber, dass die Renovierung des Volkstheaters endlich in Angriff genommen werde. Der Bund trage 2017-2019
dazu 12 Mio. € bei, ein ähnlicher Betrag kommt von der Stadt Wien. Als weitere Investitionen nannte der Minister
ein neues Depot für das Technische Museum Wien, das bis Sommer 2017 fertiggestellt werden soll, und das Weltmuseum.
Drozda sprach sich für eine dauerhafte Valorisierung der Bundesförderungen aus. Gleichbleibende Förderungen
bedeuten auf Dauer massive Kürzungen, kein Unternehmen wäre imstande, das durch Einsparungen auszugleichen,
stellte er in Richtung von ÖVP-Abgeordnetem Georg Vetter fest. Kultur sei nun einmal an Menschen gebunden
und damit personalintensiv. Kunstschaffende hätten das Recht, angemessen entlohnt zu werden, wie alle anderen
arbeitenden Menschen. Das bestehende System der Kulturförderung habe sich durchaus bewährt, meinte er
zu den Abgeordneten Jessi Lintl (T) und Josef Riemer (F), die mehr Privatsponsoring gefordert hatten. Das private
Sponsoring sei erst ein "zartes Pflänzchen", da Österreich eine andere Tradition habe. Nicht
denkbar sei es für ihn, einerseits staatliche Förderung in gleichbleibender Höhe zu gewähren,
andererseits die Steueranreize für Sponsoring massiv auszubauen. Eine Abhängigkeit von Kulturinstitutionen
von einzelnen großen Geldgebern, wie es sie in anderen Ländern gebe, habe auch Nachteile, etwas dass
Mitbestimmung bei der Programmgrammgestaltung eingefordert wird.
Kritische Fragen an den Minister: Belvedere, Direktorengehälter, Burgtheater
In Zusammenhang mit den Fragen, die zuletzt um die Einhaltung von Compliance-Vorschriften des Belvedere aufgetaucht
sind, wies der Minister die Abgeordneten Jessi Lintl (T) und Wolfgang Zinggl (G) auf die laufende Wirtschaftsprüfung
hin. Er nehme die Sache sehr ernst und nehme auch Hinweise entgegen, sofern es sich um substanzielle Vorwürfe
handle, sagte er, doch bitte er um Verständnis, dass er nicht reflexartig auf jeden auftauchenden Vorwurf
reagiere. Je nach dem Ergebnis, das für Mitte Juli vorliegen soll, werde eine Entscheidung über die Führung
des Hauses fallen. Auf kritische Fragen zur Höhe von Direktorengehältern in Bundesmuseen sagte Drozda,
er strebe an, dass sich die Gehälter an vergleichbaren Positionen im öffentlichen Dienst orientieren,
allerdings müsste man auch die internationale Museumslandschaft im Auge behalten, wenn man qualifizierte Personen
gewinnen wolle.
Was seine Verantwortung in seiner Zeit als kaufmännischer Direktor des Burgtheaters betrifft, auf die er von
Abgeordnetem Wolfgang Zinggl (G) angesprochen wurde, sagte der Minister, er verschließe sich einer Überprüfung
seitens des Rechnungshofs nicht. Aus seiner Sicht bestehe jedoch kein Grund, nach den vielen bereits erfolgten
Prüfungen eine weitere zu veranlassen. 2008 habe eine umfassende Steuerprüfung des Burgtheaters keine
Unregelmäßigkeiten aufgezeigt und nur 5.000 € an Nachzahlung ergeben, dabei sei ein Eigenkapital des
Hauses von 15 Mio. € bestätigt worden. Die finanzielle Schieflage sei erst in den Jahren darauf eingetreten
und falle nicht in seine Verantwortung.
Minister will sich Bild von regionalem Kunstschaffen machen
Die Abgeordneten Elisabeth Hakel (S), Martina Diesner-Wais und Elisabeth Pfurtscheller (beide V) thematisierten
die Kulturförderung in den Regionen. Der Kulturminister kündigte an, dass er vorhabe, sich in Besuchen
und Gesprächen mit Kunstschaffenden vor Ort ein Bild davon zu machen, was benötigt werde. Er stimmte
Abgeordneter Gisela Wurm (S) zu, dass es wichtig sei, den Anteil der Frauen am Kulturschaffen sichtbar zu machen
und etwa Frauen in der Filmwirtschaft zu fördern. Hier gebe es interessante Modelle, um mehr Geschlechtergerechtigkeit
zu erreichen. Zum Thema Inklusion, das Ruth Becher (S) und Helene Jarmer (G) ansprachen, verwies der Minister auf
eine Reihe von Maßnahmen, die in den letzten Jahre für Barrierefreiheit in Museen in ganz Österreich
gesetzt wurden.
Der Bereich Volksgruppenförderung falle in die Zuständigkeit der Staatssekretärin Muna Duzdar, teilte
der Minister Abgeordnetem Josef Riemer (F) mit, der sich für die Förderung sowohl der Volksgruppen in
Österreich als auch der deutschsprachigen Minderheiten in den Nachbarländern ausgesprochen hatte. Was
die Transparenzdatenbank betrifft, so befülle sein Ressort diese mit allen Daten. Das Problem mangelhafter
Daten liege bei einzelnen Bundesländern, was zu Lasten von lokalen Kulturinitiativen gehe, sagte der Minister.
Haus der Geschichte: Keine Eröffnung 2018
Für die Kostenplanung interessierten sich Ulrike Weigerstorfer (T), Nikolaus Alm (N), Harald Walser (G), Elisabeth
Pfurtscheller (V) und Josef Cap (S). Cap unterstrich, dass er das Projekt für wichtig halte, um den vielfach
verkitschten Darstellungen der Geschichte Österreichs vor 1918 etwas entgegenzuhalten. Voraussetzung für
ein solches Projekt sei eine solide Finanzplanung.
Beim Haus der Geschichte Österreich (HGÖ) seien alle Vorbereitungsschritte gesetzt, sagte Drozda. Definitive
weitere Schritte wolle er aber erst setzen, wenn die Finanzierung im Rahmen der Budgetverhandlungen im Herbst geklärt
sei. Alle Ausschreibungen, auch jene der wissenschaftlichen Leitung, sollen daher erst danach erfolgen. Eine Eröffnung
werde 2018 jedenfalls nicht möglich sein. Als realistische Kostenschätzungen, die auch die notwendigen
Umbauten und Absiedlungskosten für andere Sammlungen enthalten, gehe sein Ressort jetzt von 50 Mio. € aus.
Die Umsetzung des Tiefspeichers am Heldenplatz werde sicherlich erfolgen, sei aber erst sinnvoll, wenn das Parlament
sein Ausweichquartier dort wieder geräumt hat, teilte der Minister Abgeordneter Pfurtscheller mit.
Der Kulturminister betonte auf Nachfragen von Abgeordnetem Zinggl, dass er alles tun werde, um zu verhindern, dass
Wien aufgrund von Hochhausplänen seinen Status auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes verliert, gab aber
zu bedenken, dass Bebauungspläne Angelegenheit der Stadt Wien sind. In der Frage des Urheberrechtsgesetzes
liege die Federführung beim Justizministerium, mit dem er Gespräche führe. Er erwarte sich, dass
sich Mitte 2017 daraus eine konkrete Gesetzesinitiative ergibt, sagte Bundesminister Drozda gegenüber den
Abgeordneten Zinggl und Alm.
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