EU-Ausschuss warnt vor negativen Auswirkungen auf Klein- und Mittelbetriebe
Wien (pk) - Auf große Skepsis stieß im EU-Ausschuss des Bundesrats am 29.06. der Vorschlag der
EU-Kommission zur Vermeidung von ungerechtfertigtem "Geoblocking". Unter diesem Begriff versteht man
die im Internet eingesetzte Technik zur regionalen Sperrung von Internetinhalten durch den Anbieter. Die heimische
Einschätzung dazu ist von Skepsis geprägt, Nachteile sowohl für die kleineren und mittleren Unternehmen
(KMU) sowie für die KonsumentInnen werden nicht ausgeschlossen. Im Ausschuss war von Verletzung des Subsidiaritätsprinzips
die Rede. Bundesrat Ferdinand Tiefnig (V/O) äußerte Sorge hinsichtlich tiefer Eingriffe in die unternehmerische
Freiheit der KMU und befürchtete, die EU gehe immer weiter in Richtung amerikanisches System. Dahin deute
auch TTIP, sagte er. Der Ausschuss wird sich daher abermals mit der Materie in seiner Juli-Sitzung befassen.
Der Verordnungsvorschlag der EU-Kommission zielt darauf ab, umfassend gegen eine direkte oder indirekte Diskriminierung
aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes und damit gegen eine künstliche Segmentierung des
Marktes vorzugehen. Anbieter dürfen laut Gesetzesentwurf in Hinkunft den Zugang zu Websites und anderen Online-Schnittstellen
nicht mehr aus Gründen des Wohnsitzes sperren oder beschränken und auch Kundinnen und Kunden nicht von
einer Länderversion auf eine andere weiterleiten. Somit sollte künftig jeder Europäer und jede Europäerin
in der EU digital überall zu gleichen Bedingungen kaufen können. Eine Diskriminierung von Kundinnen und
Kunden, die Dienstleistungen oder Waren in einem anderen Mitgliedstaat online oder vor Ort erwerben wollen - sei
es durch unterschiedliche Preise, Verkaufs- oder Zahlungsbedingungen – ist demnach verboten. Vorgesehen sind Verkaufspflichten
bei Waren, wenn die KäuferInnen die Waren übernehmen, bei Dienstleistungen, wenn sie vor Ort konsumiert
werden.
Seitens des Wirtschaftsministeriums und der Wirtschaftskammer warnte man vor einem massiven Eingriff in die Vertragsfreiheit
durch den Kontrahierungszwang - darunter versteht man die rechtliche Verpflichtung, mit einem anderen ein Rechtsverhältnis
zu begründen, das heißt in der Regel einen Vertrag zu schließen.
Gerade die KMU seien überfordert, sämtliche Konsumentenschutzrechte, die in den EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich
ausgeprägt sind, zu beachten, argumentiert man die Ablehnung des Entwurfs durch die Wirtschaft. Um sich daher
nicht in Gefahr einer teuren Abmahnung zu begeben, können die Unternehmen derzeit angeben, an welches Publikum
sie sich wenden und welche Lieferbeschränkungen es gibt. Daher befürchtet man – sollte die Verordnung
in Kraft treten - zusätzliche Bürokratie und eine übermäßige Auferlegung von Pflichten
für die KMU, vor allem in Bezug auf unterschiedliche Garantie- und Gewährleistungsansprüche bzw.
sonstige Rechtsvorschriften für KonsumentInnen. Es könnte auch sein, dass das in Österreich beliebte
Zahlungsmodell "Zahlung auf Rechnung" nicht mehr angeboten werden könnte, weil ein KMU nicht das
Risiko eingehen wird, in einem anderen Land Zahlung auf Rechnung anzubieten, gibt das Wirtschaftsministerium zu
bedenken. Die KMU könnten infolgedessen davon abgehalten werden, Web-shops einzurichten.
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