Auszeichnung für ein "unvergleichliches Werk der Gegenwartsliteratur"
Wien (bpd) - "Wenn es stimmt, dass Gerhard Roth eigentlich Arzt hätte werden sollen, dann ist
es heute an mir ihm zu danken, dass er sich für die Literatur entschieden hat. Die Richtigkeit der Entscheidung
für die Literatur beweist sich an einem Tag, an dem die Republik Österreich die höchste Auszeichnung
verleiht; und ich freue mich nicht nur als Leser Ihrer Bücher darüber, sondern auch als Kulturpolitiker.
Und zwar auch deshalb, weil Ihr großes Thema, um nicht zu sagen Ihr Lebensthema, Österreich ist",
sagte Kulturminister Thomas Drozda am 29.06. bei der Überreichung des Großen Österreichischen Staatspreises
an den Autor Gerhard Roth in der Österreichischen Nationalbibliothek. "Dieser Preis ist eine Anerkennung
der Republik Österreich für ein großes und unvergleichliches Werk der Gegenwartsliteratur und zugleich
für den Schöpfer einer einmaligen Erzähl- und Sprachkunst."
Peter Stephan Jungk sagte in seiner Laudatio: "Gerhard Roth ist ein Besessener im besten Sinne, er folgt der
Magnetspur der Inspiration." Er frage sich, wer - außer Roth - es sich zur Aufgabe mache, "all
das Verschwiegene, das Versteckte, das Vergessene Wort für Wort auszugraben und daraus ein Lebenswerk zu schaffen".
Jungk zog Resümee über das Werk Roths und schloss: "Ich bin gespannt, welche Werke folgen werden
in der Zukunft, die heute schon begonnen hat."
Gerhard Roth bedankte sich bei seiner Familie, bei Freunden und Wegbegleitern für das Verständnis und
die Unterstützung. In seiner Rede appellierte er gegen Hass, im Kleinen und im Privaten genauso wie in größeren
Dimensionen, bis hin zu Terror und Krieg. Dieser sei ansteckend, denn "Hass erzeugt Hass als Gegengift".
Das einzige Mittel dagegen sei "die Wahrheit zur Sprache zu bringen", denn sie "ist eine unsichtbare
Waffe".
Für die musikalische Umrahmung der Feierstunde sorgten Nikolai Tunkowitsch, Andreas Teufel und Peter Havlicek
mit Kompositionen von Arvo Pärt.
Der 1942 in Graz geborene Gerhard Roth begann auf Wunsch der Eltern zunächst ein Medizinstudium, gab dieses
jedoch auf, da es mit der für ihn wichtigen Tätigkeit des Schreibens unvereinbar schien. Seine Berufslaufbahn
begann Roth als Angestellter. Wesentliche Anstöße für seinen schriftstellerischen Werdegang erhielt
er auf mehreren USA-Reisen. Seit 1978 ist er als freier Schriftsteller tätig. Roth konzentriert sich in seinem
Werk auf Leitthemen wie den Unterschied zwischen normalem und pathologischem Verhalten oder die politischen Nachwirkungen
der (nationalsozialistischen) Vergangenheit Österreichs. Er wurde bereits mehrfach ausgezeichnet.
Der mit 30.000 Euro dotierte Große Österreichische Staatspreis ist die höchste Auszeichnung, die
die Republik Österreich einer Künstlerin oder einem Künstler für besonders hervorragende Leistungen
verleiht. Der aus 21 Mitgliedern bestehende Österreichische Kunstsenat nominiert für den Staatspreis
jährlich eine Künstlerpersönlichkeit ohne festgelegtes Rotationsprinzip aus den Bereichen Architektur,
Bildende Kunst, Literatur oder Musik.
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