Abstieg ins Mittelfeld stoppen Österreich zurückführen an die Spitze
Wien (wifo) - Österreichs Wirtschaft steht heute an einer Weggabelung: Nach einem beeindruckenden Aufstieg
in die Riege der einkommensstärksten Volkswirtschaften erlebt sie nun schon ein halbes Jahrzehnt schwachen
Wachstums, sinkender Reallöhne, steigender Arbeitslosigkeit und schrumpfender Marktanteile. In internationalen
Rankings wird Österreich hinsichtlich Telekommunikationsinfrastruktur, Bildung und der Gleichstellung der
Geschlechter bestenfalls im Mittelfeld gereiht; in Bezug auf Innovation und Umweltziele verliert Österreich
seine bisher gute Positionen, statt an die Spitze vorzustoßen. Abgabenquote und Regulierungsdichte sind überdurchschnittlich
und drücken Stimmung und Investitionsbereitschaft. Die "Kalte Progression", überdurchschnittliche
Inflation und zunehmende Einkommensdifferenzen belasten den Konsum. Angesichts dieser Diagnose erarbeitet das WIFO
in seinem aktuellen Forschungsprogramm "Österreich 2025" auf der Basis detaillierter Analysen Maßnahmenvorschläge,
um die österreichische Wirtschaft wieder an die Spitze zurückzuführen.
Ohne wirtschaftspolitische Neuorientierung droht die österreichische Wirtschaft ins Mittelfeld abzugleiten.
Eine Rückkehr an die Spitze erfordert eine neue Strategie mit hohen Ambitionen und einem optimierten Verhältnis
zwischen Mitteleinsatz und Aufgabenerfüllung.
Im Forschungsprogramm "Österreich 2025" erarbeitet das WIFO zur Zeit eine solche Reformagenda für
eine Rückkehr zur Spitzenposition, zu der nun ein erster Fortschrittsbericht vorliegt. Das Forschungsprogramm
stützt sich auf 23 Einzelprojekte und bindet die Erfahrungen aus dem 2006 veröffentlichten "WIFO-Weißbuch:
Mehr Beschäftigung durch Wachstum auf Basis von Innovation und Qualifikation" sowie die Ergebnisse des
von der Europäischen Kommission beauftragten und vom WIFO koordinierten mehrjährigen Forschungsprogramms
"WWWforEurope - Welfare, Wealth and Work for Europe" ein.
Dynamik und Lebensqualität als Ziel
Statt des Bruttoinlandsproduktes als alleinigem Erfolgsmaßstab zielt die vom WIFO entwickelte Strategie auf
die direkte Steigerung der Lebensqualität ab, verstanden als simultanes Zusammenwirken von ökonomischer
Dynamik (Einkommenswachstum, Strukturwandel, Mobilität, Offenheit), sozialem Ausgleich (Teilhabe aller gesellschaftlichen
Gruppen und Einzelpersonen an der Wohlstandsentwicklung) und ökologischer Nachhaltigkeit (Einhaltung der
Klimaziele als Motor für Investitionen in neue Infrastruktur, Emissionssenkung, Technologieführerschaft
in Sektoren der Nachhaltigkeit).
Fünf Hebel des Wandels
In Ausrichtung auf diese Ziele entwickelt "Österreich 2025" eine Reformagenda, die sich über
fünf Politikfelder spannt und dort Reformen als Hebel für den Wandel identifiziert:
- Anstreben einer Spitzenposition in der Innovationsaktivität und Verlagerung
des technischen Fortschritts von einer Steigerung der Arbeitsproduktivität hin zur Erhöhung der Energie-
und Ressourcenproduktivität,
- Hebung der ökonomischen Dynamik durch Anreize auf der Angebots- und der
Nachfrageseite wie etwa Forcierung öffentlicher und privater Investitionen in neue Infrastruktur, Verringerung
der Einkommensdivergenz zur Belebung des Konsums sowie Senkung der Regulierungsdichte und Erleichterung von Betriebsgründungen
und -wachstum,
- Senkung der Arbeitslosigkeit bei gleichzeitiger Qualifizierungsstrategie für
das Humankapital sowie Modelle symmetrischer Flexibilisierung der Arbeitszeit (unter Mitbestimmung der Arbeitgeber-
wie der Arbeitnehmerseite), mit der Grundbedingung einer Entlastung des Faktors Arbeit von Abgaben und Lohnnebenkosten.
- Die Dekarbonisierung der Wirtschaft durch Nutzung alternativer Energiequellen,
Steigerung der Energieeffizienz und Forcierung neuer Antriebssysteme ist für Österreich nicht nur Verpflichtung,
sondern auch Chance. Neben dem Abbau von Subventionen für fossile Energieträger muss Österreich
in den Bereichen Energieeffizienz und Umwelttechnologie eine Vorreiterrolle anstreben und dies gezielt auch zu
einer Verbreiterung seiner Exportbasis nutzen.
- Der öffentliche Sektor soll zum Motor der Reform werden. Neben der Verlagerung
der Steuerlast weg vom Faktor Arbeit hin zum Ressourcenverbrauch und zu Steuerquellen mit Doppeldividenden in Bezug
auf die Zielerreichung muss die öffentliche Hand diesen Prozess in ihrer Beschaffungspolitik und mittels Zukunftsinvestitionen
unterstützen. Die Gesamtbelastung durch Abgaben und Regulierung muss sinken.
Umsetzungsbedingungen
Erfolgsvoraussetzung für die Reformagenda sind die Verfolgung eines integrierten Gesamtkonzeptes, das konsequente
Streben nach der Erreichung einer Spitzenposition, die Steigerung der Effizienz in allen Subsystemen und der sozioökologische
Umbau der Wirtschaftsstruktur.
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