Reduktion von Klinikaufenthalten und Antibiotikaeinsatz als Forschungsziel
Graz (meduni) - Die Behandlung von fiebernden Kindern stellt das Gesundheitssystem permanent vor große
Herausforderungen. Wenn Kinder plötzlich Fieber bekommen ist es häufig nicht klar, ob es sich um einen
harmlosen Infekt, oder um eine gefährliche bakterielle Infektion handelt. Daher werden Kinder häufig
aus Sicherheitsgründen stationär aufgenommen und erhalten vielfach auch unnötige Antibiotikatherapien.
Ein europaweites Forschungsprojekt hat es sich zum Ziel gesetzt, das medizinische Management von fiebernden Kindern
in Europa zu verbessern. Der österreichische Beitrag zu diesem innovativen Forschungsvorhaben stammt von der
Med Uni Graz.
Fieber bei Kindern: Oftmals unnötige Klinikaufenthalte und Antibiotikagabe
Befindet sich der Körper im Kampf gegen Krankheitserreger, führt dies meistens zu Fieber, wodurch sich
Viren und Bakterien nicht gut vermehren können. "Die überwiegende Mehrheit der Kinder leidet mehrmals
im Jahr an harmlosen viralen Infektionen", erklärt Univ.-Prof. Dr. Werner Zenz von der Klinischen Abteilung
für Allgemeine Pädiatrie der Medizinischen Universität Graz. Nur wenige Kinder seien von lebensbedrohlichen
bakteriellen Infektionen betroffen. Anfangs ist die Unterscheidung zwischen einer harmlosen Viruserkrankung und
einer gefährlichen bakteriellen Infektion aber nur schwer zu treffen, weswegen viele fiebernde Kinder aus
Sicherheitsgründen in Krankenhäusern aufgenommen werden, sich invasiven Untersuchen unterziehen müssen
und auch oftmals unnötigerweise antibiotische Therapien erhalten. "Neben der vermeidbaren Belastung für
Kinder entstehen als Folge dieser Vorgangsweise zusätzlich antibiotische Resistenzen sowie enorme Kosten für
das Gesundheitssystem", klärt Werner Zenz weiter auf.
PERFORM: Europaweite Standards und Verringerung des Antibiotikaeinsatzes als Ziel
Unter der Leitung von Prof. Michael Levin, Imperial College, London, etablierte sich im Jahr 2010 ein internationales
Forschungsnetzwerk aus KinderärztInnen, InfektiologInnen, MolekularbiologInnen und GenetikerInnen, welches
eine verbesserte Diagnostik und Therapie von Kindern mit schweren Infektionserkrankungen anstrebt. Dieser Arbeitsgruppe
ist es nun gelungen im europäischen Rahmenprogramm "Horizon 2020" ein Projekt im Umfang von EUR
18 Millionen einzuwerben. Den österreichischen Beitrag leistet Werner Zenz mit seinem Team an der Med Uni
Graz. Das Projekt "Personalisierte Risikobewertung bei fieberhaften Erkrankungen - Real life Management in
der Europäischen Union" - kurz PERFORM - vereint WissenschafterInnen aus Großbritannien, Frankreich,
Deutschland, Griechenland, Gambia, den Niederlanden, Lettland, Spanien, Slowenien, der Schweiz und Österreich.
Werner Zenz leitet den österreichischen Teil des Forschungsprojektes, welches von 01.01.2016 bis 31.12.2020
läuft. "Die Projektziele liegen in der Schaffung europaweiter Standards für die medizinische Betreuung
fiebernder Kinder sowie in der Entwicklung neuer und einfacherer Labortests, um zwischen bakteriellen und viralen
Infektionen schnell und zuverlässig unterscheiden zu können", fasst Werner Zenz zusammen. Dabei
werden neueste Erkenntnisse auf den Gebieten der personalisierten Medizin mit molekularbiologischen und chemischen
Methoden kombiniert.
An der Klinischen Abteilung für Allgemeine Pädiatrie der Med Uni Graz beschäftigt sich die Arbeitsgruppe
um Werner Zenz schon seit vielen Jahren mit der Erforschung des genetischen Hintergrundes von Infektionserkrankungen
beim Menschen. Die Forscher erwarten sich, dass es auf diese Weise möglich sein wird neue Biomarker zu entwickeln,
die in der klinischen Routine harmlose virale Infekte besser von bakteriellen Infektionen unterscheiden können.
Die WissenschafterInnen werden des Weiteren das derzeitige Vorgehen bei der Betreuung fiebernder Kinder in den
verschiedenen europäischen Gesundheitssystemen analysieren und schlussendlich europaweite Standards für
das Management von fiebernden Kindern etablieren sowie deren Kosten/Nutzen Analyse durchführen. "Stationäre
Aufnahmen, invasive Untersuchungsmethoden sowie der Einsatz von Antibiotika sollen langfristig gekürzt werden",
blickt Werner Zenz in die Zukunft. Es ist geplant in Kooperation mit dem Zentrum für Medizinische Forschung
(ZMF) der Med Uni Graz an der Grazer Universitätskinderklinik eine Methode zu etablieren, die im Blut den
genetischen Fingerabdruck der Reaktion des Immunsystems auf die verschiedenen Erreger zeigen kann.
|