Salzburg inmitten von Europa zwischen Tradition und Erneuerung – Von 23.7.2016 bis 6.11.2016
im MdM Mönchsberg, Salzburg
Salzburg (mdm) - Ist Salzburg tatsächlich anti-modern, wie immer wieder behauptet wird? Ausgehend von
dieser vielleicht provokanten, aber weit verbreiteten These soll in dieser umfassenden und international besetzten
Ausstellung ein differenziertes Bild der Moderne in (Zentral-)Europa gezeichnet werden. In diesem Projekt wird
untersucht, inwieweit ein weltoffenes und der modernen Kunst aufgeschlossenes Denken in der westlichen Region Österreichs
vorhanden war oder ob dieses durch die politische Propaganda in den 1930er-Jahren verschüttet wurde.
In der Ausstellung öffnen sich den Besucher_innen die Erscheinungsformen moderner Lebenswelten und die weitreichenden
Konsequenzen eines Denkens und Handelns, das einem modernen Leben entgegengerichtet war, über verschiedene
Themenbereiche. Das Bild der Stadt als Plattform für Modernität und Prozesse der Veränderung wurde
geprägt durch internationale Metropolen wie New York, Paris, Berlin, Wien, London und Moskau. Infolge der
Stadterweiterung und des Baus der Kaiserin-Elisabeth Bahn im 19. Jahrhundert war Salzburg inmitten von Europa zunehmend
an das Geflecht der europäischen Großstädte angebunden.
Dies begünstigte Zusammenkünfte internationaler Wissenschaftler_innen wie der erste Kongress von Psychoanalytikern
1908 in Salzburg. Es führte auch zur Entstehung wissenschaftlich-familiärer Laboratorien im Salzkammergut
wie jene der Familie Exner in Brunnwinkl am Wolfgangsee. Als herausragender Impulsgeber für Kunst, Literatur,
Tanz und Musik im nationalen und im internationalen Kontext steht in der Regel die Gründung der Salzburger
Festspiele. Es gibt aber auch noch weniger bekannte Beispiele wie die Internationale Gesellschaft für Neue
Musik, oder die Elisabeth Duncan-Schule in den 1920er-Jahren. Die Bildung von Künstlergruppen und Bestrebungen
engagierter Frauen und Künstlerinnen vor Ort zeigen fortschrittliches Denken und Demokratisierungsprozesse.
Doch auch die Äußerungen eines anderen Verständnisses von Moderne, konservative und traditionsbewusste
Tendenzen und die Instrumentalisierung der Künste in den 1930er-Jahren sind in die Ausstellung eingegliedert.
Auslöschung, Vertreibung, der Verlust wertvoller Kunstwerke und Gegenstände der Moderne werden dabei
eine wichtige Rolle einnehmen; im Besonderen Formen des ästhetischen und politischen Exils am Beispiel von
Künstlerbiografien sowie Exil als Bedingung der Menschheit. Daran anknüpfend stellt sich die Frage nach
den Möglichkeiten der Wiederaufnahme der Moderne nach 1945, der Umgang mit Architektur und die Spuren modernen
Bauens in Salzburg, die in der Ausstellung aufgespürt und verzeichnet werden.
Folgen wir der Behauptung, dass man in Salzburg einen besonderen Nährboden für Tradition und konservative
Lebenswelten vorfindet, so stellt sich die Frage, was in anderen Regionen, die diesem Bild nicht entsprechen, tatsächlich
anders ist. Die Werke internationaler Gegenwartskünstler greifen die Themenfelder auf und sind den historischen
Kunstwerken und Materialien zwischengeschaltet. Welcher Produktionsbedingungen bedarf die „Anti-Moderne“ und welcher
bedarf es, um die Gesellschaft für neues, innovatives Denken, für moderne Lebensformen und fortschrittliche
Kunst zu öffnen?
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