Kurze Debatte auf Verlangen des Team Stronach
Wien (pk) - Sorge um die Zukunft der österreichischen Landwirtschaft, falls das Freihandelsabkommen
TTIP Realität wird, motivierte am 07.07. den Landwirtschaftssprecher des Team Stronach, Leopold Steinbichler,
eine neuerliche Debatte zu diesem Thema im Plenum des Nationalrats zu initiieren. Ausgangspunkt waren für
Steinbichler eine von ihm gestellte schriftliche Anfrage. Die Anfragebeantwortung des Vizekanzlers lasse nicht
erkennen, welche Positionen die österreichische Regierung zum Agrarkapitel der Verhandlungen einnehme. SPÖ,
Grüne und Freiheitliche forderten mehr Transparenz im Verhandlungsprozess. Die Vertreter von ÖVP und
NEOS waren der Ansicht, dass kein Grund zur Sorge bestehe, das Abkommen bestehe noch gar nicht und werde sicher
nicht ohne Zustimmung des österreichischen Parlaments in Kraft treten.
Team Stronach fürchtet Nachteile für die LandwirtInnen und Senkung von Standards
Die österreichische Regierung solle endlich deutlich Stellung gegen TTIP beziehen, forderte Steinbichler.
Der Anfragebeantwortung durch den Wirtschaftsminister habe er jedoch keine klaren Standpunkte entnehmen können.
Die Behauptung, dass Österreich durch Agrarexporte in die USA profitieren werde, bezweifle er. Er verwies
auf die Erfahrungen, die die Bäuerinnen und Bauern mit früheren Versprechungen gemacht hatten, etwa mit
der Abschaffung der Milchquote. Er glaube daher den Versprechungen nicht mehr. Die LandwirtInnen und die Bevölkerung
insgesamt seien vielmehr stark verunsichert und erwarteten endlich klare Antworten.
Ulrike Weigerstorfer (T) ging nochmals auf die Sorgen der Bevölkerung zu TTIP ein. Wenn die EU mit der industriellen
Massenproduktion der USA mithalten solle, werde ein hoher Preisdruck entstehen. Die Standards der USA seien wesentlich
laxer als die europäischen. Das gelte etwa bei Produktionsstandards, beim Tierschutz in der Landwirtschaft
und Tierversuchen für die Kosmetikindustrie. Freier Handel dürfe nicht auf Kosten von Umwelt- und Lebensmittelstandards
gehen, sagte Weigerstorfer.
Mahrer: Österreichische Standards nicht gefährdet
Die Anfragebeantwortung habe klar festgehalten, dass es rechtlich nicht möglich war, den Agrarsektor aus den
TTIP-Verhandlungen herauszuhalten. Das hätte auch den EU-Interessen widersprochen, hielt Staatssekretar Harald
Mahrer Abgeordnetem Steinbichler gegen. Die Verhandlungen seien noch nicht so weit, dass man Aussagen über
einzelne Produktgruppen machen könne, es sei aber bereits klar, welche davon besonders sensibel sind. Ein
gut verhandeltes Abkommen wäre auf alle Fälle für beide Seiten von Vorteil, so würden sich
Chancen für die Vermarktung von Bioprodukten, aber auch für Käse, Wein und andere Produkte ergeben.
Was die europäischen Positionen betreffe, so könne Steinbichler sich darüber gerne im TTIP-Leseraum
informieren. Derzeit gebe es noch keine endgültigen Ergebnisse, sondern eben nur diese Positionen der beiden
Seiten. Das österreichische Regulierungsrecht und das Vorsorgeprinzip werden auf jeden Fall erhalten bleiben,
versicherte der Staatssekretär.
SPÖ: Freihandel nur, wenn er allen nützt und nicht nur Wenigen
Sie spüre große Skepsis in der Bevölkerung gegenüber TTIP, sagte Cornelia Ecker (S). Besondere
Sorge gebe es um Lebensmittelsicherheit und Gesundheitsfragen. Die Menschen wollten nicht, dass über ihre
Interessen hinter verschlossenen Türen verhandelt wird, sondern verlangten Demokratie und Transparenz. Fest
stehe für sie, dass europäische und österreichische Standards nicht als angebliche Handelshemmnisse
wegverhandelt werden dürften, denn diese seien Garanten für Qualitätsprodukte. Sie sei nicht grundsätzlich
gegen Freihandel, aber er müsse Nutzen für alle bringen und nicht nur für Wenige, hielt Ecker fest.
ÖVP: Exportchancen der Landwirtschaft müssen gesteigert werden
Tatsache sei, dass es derzeit noch nicht viel zu TTIP zu sagen gebe, was den Agrarbereich betrifft, meinte hingegen
Hermann Schultes (V). Die Fakten habe der Staatssekretär dargestellt, die Kritiker würden sich diesen
aber verweigern. Die europäischen Verhandler nehmen ihr Mandat sehr ernst und handeln nach ihrem Auftrag,
sagte der ÖVP-Agrarsprecher. Das betreffe etwa die Wahrung europäischer Produktions- und Umweltstandards.
Außerdem werde das Abkommen als "gemischtes Abkommen" behandelt und erst in Kraft treten, wenn
das Parlament ihm zustimme, was nur der Fall sein werde, wenn die Vorgaben eingehalten wurden. Grundsätzlich
gehe es den österreichischen LandwirtInnen nicht gut, daher müsse der Gesetzgeber alles tun, um ihre
Situation zu verbessern. Das betreffe vor allem die Verbesserung der Exportchancen. Die USA seien ein Markt, auf
dem österreichische Produkte gute Chancen haben, hielt Schultes grundsätzlich fest.
FPÖ für Ständigen Unterausschuss zu TTIP-Verhandlungen
Harald Jannach (F) erinnerte ebenfalls an die Versprechen, die man vor der Abschaffung der Milchquote den Bauern
und Bäuerinnen gegeben hatte. Keines davon habe letztlich gehalten. Dasselbe befürchtet er für TTIP.
Was die Anfragebeantwortung des Wirtschaftsministers betreffe, so würde diese mehr Frage aufwerfen, als beantworten.
Der Lesesaal zu den TTIP-Verhandlungen sei jedenfalls völlig unzureichend, um sich ein Bild machen zu können.
Die Dokumente müssten vielmehr einem Ständigen Unterausschuss des Nationalrats vorliegen, forderte Jannach.
Der FPÖ-Agrarsprecher kritisierte einmal mehr die Russlandsanktionen als großen Fehler, sie hätten
die Landwirtschaft in erster Linie getroffen. Alle Milch- und Fleischoffensiven auf neuen Märkten hätten
letztlich nichts gebracht.
Grüne: Nur ein sehr kleiner Teil der LandwirtInnen ist für TTIP
Den Vorwurf von Schultes, sich den Fakten zu verweigern, weise er zurück, sagte Wolfgang Pirklhuber (G). Tatsache
sei viel mehr, dass nur ein Prozent der Bauern und Bäuerinnen sich Vorteile von TTIP verspreche. Die überwiegende
Mehrheit habe große Zweifel und erwarte sich eine demokratische, öffentliche Debatte. Er hoffe, dass
die parlamentarische Enquete zu CETA und TTIP im Herbst dazu beitragen werde. Der Zollabbau, der durch die Handelsabkommen
erfolgen solle, werde letztlich zu Lasten der SteuerzahlerInnen gehen, fürchtet Pirklhuber. Derzeit werde
der Großteil der Zölle an den EU-Außengrenzen nämlich von den großen Konzernen bezahlt
und fließe zu 75 % ins EU-Budget. Fehle dieser Beitrag, werden am Ende wieder die SteuerzahlerInnen dafür
aufkommen müssen. Das sei nichts als neoliberale Umverteilungspolitik, meinte der Grüne Agrarsprecher.
NEOS: Keine Ängste vor TTIP schüren
Michael Pock (N) widersprach den Kritikern der TTIP-Verhandlungen und hatte auch Verständnis für die
Anfragebeantwortung. Man könne zum Landwirtschaftskapitel, das noch gar nicht verhandelt worden sei, noch
keine endgültigen Antworten erwarten. Bevor ein Vertragstext überhaupt vorliege, sollten keine unnötigen
Ängste geschürt werden. Der Vertragstext von CETA, das als Blaupause für TTIP gelte, sei zugänglich
und lasse erkennen, dass die Ängste vor dem Zollabbau nicht berechtigt seien. Österreich werde seine
Exporte nach Kanada steigen können. Da bereits klar kommuniziert wurde, dass TTIP als ein "gemischtes
Abkommen" behandelt werde, werden die Staaten alle Möglichkeiten haben, ihre Interessen in sensiblen
Bereichen zu wahren.
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