Seit 9. Januar 2014 ist Arno Kompatscher Landeshauptmann. Am 07.07.
hat er auf der Franzensfeste #halbzeit-Bilanz gezogen.
Bozen (lpa) - Eigenverantwortung stärken, Menschen mitnehmen, Bürger und Unternehmen entlasten
– mit diesen übergeordneten Zielen war die neue Landesregierung iim Jänner 2014 angetreten. Zweieinhalb
Jahre Arbeit hat sie mittlerweile hinter sich, zweieinhalb Jahre vor sich: Zur Halbzeit der Legislaturperiode hat
auch Landeshauptmann Arno Kompatscher Zwischenbilanz gezogen. "In den vergangenen Tagen haben die Mitglieder
der Landesregierung aus ihren Ressorts berichtet", so der Landeshauptmann, "ihre Bilanz ist das Ergebnis
einer offenen und fairen Zusammenarbeit in der Landesregierung." Dieser Arbeitsstil kennzeichne auch seine
Arbeit: "Sie ist das Ergebnis eines erfolgreichen Zusammenspiels mit den Regierungsmitgliedern, den Parlamentariern,
den Abgeordneten im Südtiroler Landtag sowie mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesverwaltung."
Er sei angetreten, um eine neue Art der Politik zu etablieren, gekennzeichnet durch mehr Partizipation, mehr Freiraum
und mehr Glaubwürdigkeit: "Das haben wir versprochen, genau das haben wir eingehalten und daran lassen
wir uns messen." So seien die Verwaltungsvorgänge offengelegt und Bürgerinnen und Bürger an
politischen Entscheidungsprozessen beteiligt worden. Und dazu zählte der Landeshauptmann auch eine lange Reihe
an Beispielen auf, vom Vergabegesetz über den Technologiepark und die Verwaltungsreform bis hin zur Konzessionsvergabe
für die Südtiroler Schutzhütten und die Neuordnung der Energie.
"Anstatt an maßgeschneiderten Einzellösungen haben wir an Systemlösungen gearbeitet",
sagte Landeshauptmann Kompatscher vor versammelter Presse in einem Raum der unteren Festung zur Vorgehensweise
der Landesregierung, "wir haben Rahmenbedingungen geschaffen, innerhalb derer sich Bürger, Unternehmen
und unser Land freier bewegen können."
Dabei sei der Landesregierung um Glaubwürdigkeit bemüht: "Wir setzen das Koalitionsprogramm Schritt
für Schritt um. Der Flughafen ist eines der Beispiele dafür: Wir haben - wie versprochen - alle Zahlen
und Daten auf den Tisch gelegt, ein Konzept ausgearbeitet und bekannt gemacht, das Volk darüber befragt. Dem
klaren Ergebnis wird nun Rechung getragen." Dasselbe, so der Landeshauptmann, gelte für die Reform des
Gesundheitswesens. Auch hier gehe die Landesregierung nach dem Koalitionsprogramm vor, das vorschreibt, dass das
aus sieben Krankenhäusern in Südtirol bestehende Netz optimiert und rationalisiert werden muss. Vor diesem
Hintergrund seien nun die Leistungsprofile und der Entwurf zu Landesgesundheitsplan erstellt worden, und zwar unter
breiter Einbindung. "Wobei Einbindung heißt, alle Meinungen und Vorschläge anzuhören",
legte der Landeshauptmann klar, "meint aber nicht die Erfüllung aller Wünsche."
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Die neue Art der Politik von Landeshauptmann und seiner Regierung, nämlich jene der Partizipation, des
Freiraums und der Glaubwürdigkeit haben auch wesentlich die Reformen geprägt, die die Landesregierung
in den ersten zweieinhalb Jahren umgesetzt hat. Die Reform der Wirtschaftsförderung und der Gemeindeimmobiliensteuer,
das Konzept für den Technologiepark, das Vergabegesetz, die Zusammenführung von den vier Wirtschaftsdienstleistern
geht – bei sämtlichen Reformen haben wir die davon betroffenen Menschen und Institutionen mitgenommen. „Es
galt, die Erwartungen aber auch die Ängste der Menschen in die Entscheidungen einfließen zu lassen“,
sagte Kompatscher. Das schaffe letztlich Vertrauen und erleichtere die Umsetzung des Reformprozesses. „Dies bedeutet
aber nicht, dass alle Wünsche erfüllt werden – auch mal die eigenen Wünsche nicht erfüllt zu
wissen gehört zum partizipativen Kultur“, präzisierte er.
Einen größeren Freiraum haben gerade die Steuererleichterungen ergeben, die sich zwischen 2013 und 2015
nahezu verdreifacht haben (siehe Grafiken im Anhang, Seite 2) und im heurigen Jahr 294,5 Millionen Euro betragen
werden. „Dieses zusätzliche Geld hatten die Südtiroler für mehr Konsum in der Tasche, die Unternehmen
für ihre Kosten oder Investitionen zur Verfügung“, unterstrich Kompatscher.
Selbst die Wirtschaftsförderung konnte wieder ausgebaut werden – von einem Tiefstand im Jahr 2013 (35,6 Millionen
Euro) auf 46,2 Millionen Euro im Jahr 2015, rund 50 Millionen werden es 2016 sein. Nicht nach dem früheren
Gießkannenprinzip, sondern über gezielte Maßnahmen, die zum Ausgleich der strukturellen Schwächen
der Südtiroler KMU beitragen. Auch die Wirtschaftsförderung baut auf mehr Freiraum und damit auf mehr
Eigenverantwortung der Unternehmen.
Die Daten des Arbeitmarktes zeigen, dass Südtirol schneller aus der Krise entwachsen ist als andere Regionen.
Die Einschätzungen der Unternehmer im verarbeitenden Gewerbe über ihre Ertragslage ist laut einer Umfrage
der Handelskammer Bozen von einem Tiefpunkt im Jahr 2013 auf einen neuen Spitzenwert im heurigen Jahr geklettert
(siehe Grafiken im Anhang, Seite 6).
Das Prokopf-Bruttoinlandsprodukt von 2014 betrug in Südtirol soviel wie in den Top-10 Regionen Europas, nämlich
mehr als 140 Prozent des EU28-Durchschnitts. „Im Jahr 2015 haben wir diesbezüglich sogar weiter zugelegt“,
unterstrich Ressortdirektor Andrea Zeppa bei der Pressekonferenz.
Südtirol genießt dem entsprechend eine Erwerbstätigkeitsquote von 76,7 Prozent – die Arbeitslosenquote
ist von 4,6 Prozent im ersten Quartal 2014 wieder auf 3,8 Prozent gesunken, was einer de facto Vollbeschäftigung
entspricht. Damit steht Südtirol bedeutend besser da als das Trentino oder das übrigen Italien. Es scheut
aber auch nicht den Vergleich mit starken Nachbarn wie Tirol, Vorarlberg und Bayern.
Mehr Freiraum auch in Zukunft hat schließlich Südtirol mit dem Sicherungspakt erreicht. Anstatt mit
neuen Abgaben an den Staat rechnen zu müssen, ist Südtirols Beitrag an den Staat festgeschrieben und
international verankert. Versuche des Staates, den Sicherungspakt zu umgehen und neue Abgaben einzuführen,
haben beim Verfassungsgericht eine Abfuhr erhalten. Damit könne das Land Südtirol sicher sein, dass es
auch in Zukunft keine Eingriffe des Staates in seine Finanzautonomie befürchten muss.
Ähnlich ist die Lage bei der Strompolitik. „Die Wasserkraft ist endlich wieder in unserer Hand, ohne staatliche
Konzerne, die unseren Gestaltungsspielraum einengen“, sagt Kompatscher. Mit der Übertragung von Quoten der
neuen Stromgesellschaft Alperia an die Gemeinden, sorgen wir zudem für mehr finanzielle Autonomie auch auf
Gemeindeebene.
„Selbst bei der Konzessionsvergabe für die A22 ist uns etwas geglückt, was wir uns ursprünglich
fast nicht trauten, ins Koalitionsprogramm aufzunehmen. Denn es sah anfänglich sehr unwahrscheinlich aus,
dass dies je gelingen könnte“, sagte Kompatscher. Die Kontrolle über die Brennerautobahn bedeute auch,
Maßnahmen im Sinne der Bürger zu ergreifen – beispielweise die Tarifpolitik zu überdenken oder
mehr Lärmschutzwände aufzustellen. Außerdem können die Erträge in transversale Finanzierungen
fließen, die die Verlagerung des Verkehrs begünstigen.
„Letztlich dient all dies aber nur einem Ziel, nämlich, dass die Südtiroler Bevölkerung zufrieden
mit ihrem Leben ist, auch jenseits des Unmutes, der oftmals im Tagesgeschehen laut wird“, sagte Kompatscher. Eine
Astat-Umfrage von 2015 zeigt (siehe Grafiken im Anhang, Seite 7), dass die Südtiroler zufrieden sind – und
zwar überdurchschnittlich stark – in puncto wirtschaftlicher Situation, Arbeit und Privatleben.
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Für den Blick in die Zukunft hat sich der Landeshauptmann die Mittlere Festung ausgesucht. Drei Punkte
hat er für Südtirols Zukunft besonders im Blick. Zum einen geht es um die Entwicklung eines unabhängigen
Landes durch eine starke Autonomie. Mit Diplomatie und Hartnäckigkeit habe man in den vergangenen zweieinhalb
Jahren das Ziel verfolgt, die Lücken, die durch die Verfassungsreform von 2001 entstanden sind, zu schließen
und die autonomen Zuständigkeiten auszubauen, sagte Landeshauptmann Kompatscher und legte eine Erfolgsbilanz
vor: Die ausschließliche Zuständigkeit im Bereich der Lokalsteuern und Lokalfinanzen konnte gesichert
werden. Die neue Finanzregelung mit internationaler Absicherung durch den Briefwechsel zwischen Italien und Österreich
bringe Südtirol Planungssicherheit. Neun Durchführungsbestimmungen zum Autonomiestatut, darunter jene
für die öffentliche Auftragsvergabe, den Übergang des Stilfserjoch Nationalparks und den Handel,
stärken die Autonomie. Mit elf Staatsgesetzen wurden dem Land Zuständigkeiten übertragen oder Kompetenzen
zuerkannt, beispielsweise im Rahmen der gesamtstaatlichen Schulreform. "Im Jahr 2016 wurden nur fünf
Prozent der Regional- und Landesgesetzte von der Regierung angefochten, unter der Regierung Monti waren es 18 Prozent",
so Landeshauptmann Kompatscher. Innerhalb 2017 rechnet der Landeshauptmann mit dem Erlass weiterer sieben Durchführungsbestimmungen,
darunter jene zur Jagd, zur Ortsnamengebung und zur Raumordnung. Als größte autonomiepolitische Herausforderung
bezeichnete LH Kompatscher die staatliche Verfassungsreform und die anschließende Überarbeitung des
Autonomiestatuts. Dabei erinnerte er an die Schutzklausel, die bei einer Verfassungsreform Südtirols Status
quo bis zur Anpassung des Autonomiestatuts garantierten.
Der zweite Punkt, an dem der Landeshauptmann weiter arbeiten will, ist die Vernetzung und Öffnung des Landes:
"Mit Vernetzung meine ich zum einen die Erreichbarkeit, aber noch viel mehr die Vernetzung auf politischer
Ebene, allen voran auf europäischer Ebene sowie mit Rom und Wien." Gerade die Flüchtlingskrise und
die damit zusammenhängende Diskussion um neue Grenzzäune hätten gezeigt, dass der Schlüssel,
um Krisen zu meistern, in der Zusammenarbeit und in der Vernetzung liege, so der Landeshauptmann, der an die Aussage
von Bundespräsident Fischer anlässlich seines Besuchs in Südtirol erinnerte, dass es der Vermittlung
Südtirols zu verdanken sei, wenn kein Zaun errichtet wurde. Landeshauptmann Kompatscher erklärte, er
wolle Südtirol noch mehr zu einem Bindeglied in und für Europa entwickeln. In diesem Zusammenhang kündigte
er zwei Tagungen an, die das Land als Brücke zwischen Nord und Süd noch stärker etablieren sollen:
Am 17. August findet auf Schloss Prösels eine internationale Tagung mit dem Präsidenten der Europäischen
Kommission Jean-Claude Juncker statt. Am 5. September soll auf Schloss Sigmundskron anlässlich der 70 Jahre
seit Unterzeichnung des Gruber-Degasperi-Abkommens eine internationale Tagung abgehalten werden. Erwartet werden
der österreichische Außenminister Sebastian Kurz und der italienische Außenminister Paolo Gentiloni.
Als wichtige Bausteine in der Vernetzung zählte der Landeshauptmann die Europaregion und die EUSALP auf. Er
verwies auf die sehr gute Zusammenarbeit mit den Landeshauptleuten Ugo Rossi und Günther Platter und erinnerte
daran, dass in der zweiten Hälfte der Legislatur Südtirol die Präsidentschaft in der Europaregion
übernehmen werde. Auch in der 48 Regionen zählenden Makroregion Alpen habe das Land Verantwortung in
wichtigen Arbeitsgruppen übernommen.
"Die Politik muss die Sehnsüchte, Ängste und Hoffnungen der Menschen erkennen. Die Richtschur politischer
Entscheidungen dürfen aber niemals Einzelinteressen sein, sondern das Allgemeinwohl", mit diesen Worten
leitete der Landeshauptmann den dritten Punkt ein: auf Gemeinschaftssinn bauen. Dies bedeute, auch unangenehme
Entscheidungen zu treffen: "Und solche haben wir getroffen und werden auch weitere treffen müssen."
Aber es gelte immer, das große Ganze im Auge zu behalten und "enkel- oder wenigsten kindertaugliche“
Entscheidungen zu treffen. Ein zukunftsfähiges Südtirol könne nur auf eine Solidargemeinschaft bauen.
Abschließend kündigte der Landeshauptmann noch die künftige Bestimmung des Austragungsortes der
heutigen #halbzeit-Pressekonferenz an: Die Festung Franzensfeste an der Achse Nord-Süd und Ost-West soll das
zehnte Landesmuseum werden, das besonders der Autonomie gewidmet ist. Das Konzept dafür wird im Rahmen einer
Pressekonferenz am 11. August 2016 in Franzensfeste vorgestellt.
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