Festsitzung im Parlament anlässlich der Beendigung der Amtszeit von Bundespräsident
Heinz Fischer
Wien (pk) – Als "moralische Autorität" und "Anker der Stabilität und Verlässlichkeit",
würdigte Nationalratspräsidentin Doris Bures den Politiker und Menschen Heinz Fischer am 08.07. im Rahmen
der Festsitzung anlässlich der Beendigung seiner zwölfjährigen Amtszeit. Der Bundespräsident
habe das in ihn gesetzte Vertrauen "nicht nur voll gerechtfertigt, sondern in beeindruckender Weise vermehrt".
Heinz Fischer habe es verstanden, "den Menschen Orientierung und Zuversicht, ein Gefühl der Sicherheit
zu geben". Er habe die Nähe der Menschen gesucht und mit seiner Offenheit und Wärme auch deren Herzen
erreicht. Als Staatsoberhaupt sei es ihm gelungen, "immer die richtige Balance zu finden zwischen der Würde,
die ein Bundespräsident auszustrahlen hat, und der Ungezwungenheit, die den Menschen und Menschenfreund Heinz
Fischer ausgezeichnet hat", charakterisierte Bures die Persönlichkeit Fischers und ergänzte in Richtung
von Frau Margit Fischer: "Durch ihre liebenswürdige Persönlichkeit und ihre vornehme Bescheidenheit
hat Margit Fischer das harmonische Bild der Hofburg ganz wesentlich mitgeprägt."
Die Nationalratspräsidentin hob insbesondere die moralische Autorität Fischers, gepaart mit profunder
Kenntnis der Verfassung, hervor. Fischer habe diese moralische Autorität durch eigenes Tun und Handeln erworben,
er habe Erfahrung und Weitsicht, Integrität und Glaubwürdigkeit in beispielloser Weise in sich vereint,
sagte Bures. Deshalb hatten und haben seine Worte großes Gewicht. Als Bundespräsident habe er diese
maßvoll eingesetzt und mit Bedacht gewählt. Nicht unerwähnt lassen wollte Bures die Grundsatz-
und Prinzipientreue sowie das soziale Engagement Fischers, dessen Eintreten für die Schwachen und Schwächsten
in der Gesellschaft und für den sozialen Zusammenhalt. Dabei sei er niemals in Widerspruch zur gebotenen Überparteilichkeit
geraten, so Bures. "Objektiv und unparteiisch zu sein, hieß für ihn nicht, auf Grundsätze
und Prinzipien zu verzichten".
Außenpolitisch sei Fischer stets "ein Brückenbauer im Dienste des Dialogs und des Friedens"
und ein "unermüdlicher Türöffner im Dienste der österreichischen Exportwirtschaft"
gewesen. Mit seinen internationalen Freundschaften habe er immer wieder die menschliche und persönliche Dimension
von Außenpolitik vor Augen geführt – "im Wissen: nur wo Vertrauen zwischen Menschen wächst,
dort kann auch Vertrauen zwischen Staaten entstehen".
Gemeinsame Festsitzung des Nationalrats und des Bundesrats
Nationalrat und Bundesrat haben sich heute zu einer Festsitzung versammelt, um Heinz Fischer feierlich als Staatsoberhaupt
zu verabschieden. Nach der Beendigung seiner zweiten Amtsperiode darf er sich nicht mehr der Wiederwahl stellen.
Er wirke am Ende seiner 4.400 Tage währenden Reise alles andere als müde und erschöpft, merkte Nationalratspräsidentin
Doris Bures an, die als Vorsitzende die Festsitzung mit ihrer Ansprache eröffnete. Das liege wohl daran, so
Bures, dass Fischer sein Amt "niemals Bürde, sondern – für das ganze Land spürbar – stets große
Freude war".
Eingeleitet wurde die festliche Versammlung mit der Festfanfare von Karl Pilss. Nach der Nationalratspräsidentin
ergriff Bundesratspräsident Mario Lindner das Wort, der im Besonderen auf die politische und menschliche Vorbildwirkung
Fischers einging. Nach dem Streichquartett in B Dur KV 458, 1. Satz von Wolfgang Amadeus Mozart gehört das
Rednerpult dem scheidenden Staatsoberhaupt Heinz Fischer selbst. Mit der Intonierung der Bundeshymne findet die
Festsitzung ihren feierlichen Abschluss. Das musikalische Programm wurde von Mitgliedern der Wiener Philharmoniker
unter der Leitung von Karl Jeitler interpretiert.
Neben Nationalrat und Bundesrat hatten heute auch fünf junge Menschen, die bei der ersten Wahl von Heinz Fischer
zum Bundespräsidenten im April 2004 ErstwählerInnen waren, Gelegenheit, an diesem Festakt teilzunehmen.
Nationalratspräsidentin Doris Bures hat sie als Ehrengäste eingeladen. Die drei Frauen und zwei Männer
sind heute etwa 30 Jahre alt.
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Die Rede von Nationalratspräsidentin Doris Bures im Wortlaut
Es gilt das gesprochene Wort:
Hohe festliche Versammlung!
"Die Amtsperiode eines Bundespräsidenten ist eine Reise von fast 2.200 Tagen." - So hat es Heinz
Fischer am Beginn seiner ersten Amtszeit formuliert - noch nicht wissend, dass seine Reise doppelt so lange dauern
wird.
12 Jahre lang hat Heinz Fischer als Bundespräsident unserer Republik im besten Sinne des Wortes gedient.
An seinem ersten Arbeitstag als Bundespräsident am 9. Juli 2004 hat Heinz Fischer ein programmatisches Zeichen
gesetzt: Die ersten Gäste, die er in der Hofburg empfangen hat, waren Vertreterinnen und Vertreter von Caritas,
Diakonie und der Volkshilfe.
Ein Präsident nicht nur für die Mehrheit, sondern im besonderen Ausmaß auch ein Präsident
für die Minderheit, die Schwachen und Schwächsten in unserer Gesellschaft - das wollte Bundespräsident
Fischer sein. Und dieser Maxime ist Heinz Fischer bis heute treu geblieben.
Sein Bekenntnis zum sozialen Zusammenhalt, zum engagierten Schutz der Menschen- und Minderheitenrechte geriet dabei
niemals in Widerspruch zur gebotenen Überparteilichkeit, für die der Bundespräsident über alle
Parteigrenzen hinweg geschätzt wird. Denn objektiv und unparteiisch zu sein, hieß für ihn nicht,
auf Grundsätze und Prinzipien zu verzichten.
Sehr geehrte Damen und Herren!
"Die stärksten Waffen eines Bundespräsidenten sind die Verfassung und seine moralische Autorität."
Diese Einschätzung stammt vom scheidenden Bundespräsidenten selbst. Folgt man ihr, kommt man unweigerlich
zum Schluss, dass der friedliebende Heinz Fischer ganz hervorragend für dieses Amt gewappnet war! Nicht nur
weil er ein profunder Kenner der heimischen Verfassung ist, sondern auch weil er - wie kaum ein anderer - moralische
Autorität verkörpert.
Moralische Autorität wird einem weder in die Wiege gelegt noch mit einem hohen Amt verliehen. Sie wird ausschließlich
durch das eigene Tun und Handeln erworben: durch Erfahrung und Weitsicht, Integrität und Glaubwürdigkeit.
Attribute, die Heinz Fischer in beispielloser Weise in sich vereint.
Deshalb hatten und haben seine Worte großes Gewicht. Als Bundespräsident hat er sie maßvoll eingesetzt
und mit Bedacht gewählt - niemals mit der Faust auf den Tisch, sondern immer alle Argumente sorgsam abwägend
und Kompromisse suchend. So, wie es seinem Wesen und seiner Lebensphilosophie entspricht.
Frei nach Karl Popper, formuliert Heinz Fischer seine Überzeugung gerne so: "Ich kann Recht haben, du
kannst Recht haben, aber beide sind wir verpflichtet, uns auf die Spur der Wahrheit zu begeben."
Als Staatsoberhaupt hat es Heinz Fischer nicht als seine Aufgabe gesehen, die Tagespolitik und die Arbeit der jeweiligen
Regierung fortwährend zu kommentieren oder zu bewerten. Ratschläge erteilte er hinter verschlossener
Tür.
Wenn er aber Entwicklungen im Konflikt mit der Rechtsstaatlichkeit oder den Grundwerten unseres Zusammenlebens
wähnte, hat er es als seine Pflicht angesehen, das Wort zu ergreifen, das Gewicht seiner Worte in die Waagschale
zu werfen.
Unmissverständlich war Bundespräsident Fischer auch immer dann, wenn es um die jüngere Geschichte
unseres Landes und die daraus resultierende Verantwortung Österreichs ging.
"Man muss die Geschichte des Landes - für das man arbeitet - kennen und zu dieser Geschichte auch eine
Meinung haben". So hat es der Bundespräsident selbst anlässlich des 60. Geburtstages unserer Republik
formuliert. Und er ist diesem Anspruch in bester Weise gerecht geworden.
Hohe festliche Versammlung!
Die Jahre zwischen 2004 und heute waren eine Zeit großer internationaler Herausforderungen. Eine Vielzahl
von Krisen und Konflikten haben die internationale Staatengemeinschaft, haben Europa - und in Folge auch Österreich
- in besonderer Intensität stets aufs Neue gefordert.
Es waren also gewiss keine leichten Jahre, in denen unser Bundespräsident fast 200 Auslandsreisen absolviert
und rund 450 ausländische Staatsgäste empfangen hat. Bundespräsident Heinz Fischer war dabei stets
ein Brückenbauer im Dienste des Dialogs und des Friedens. Er ließ nie Zweifel an seinem Bekenntnis zur
Rolle Österreichs in der Europäischen Union und hat sich außerdem schier unermüdlich als Türöffner
in den Dienst der heimischen Exportwirtschaft gestellt. Nicht zuletzt hat er uns mit seinen internationalen Freundschaften
immer wieder die menschliche und persönliche Dimension von Außenpolitik vor Augen geführt - im
Wissen:
Nur wo Vertrauen zwischen Menschen wächst, dort kann auch Vertrauen zwischen Staaten entstehen.
Vertrauen haben Sie, geschätzter Herr Bundespräsident, auch nach innen vermittelt. Sie waren in all diesen
herausfordernden Jahren ein Anker der Stabilität und Verlässlichkeit. Sie haben es verstanden, den Menschen
Orientierung und Zuversicht, ein Gefühl der Sicherheit zu geben.Sie haben die Nähe der Menschen gesucht.
und mit Ihrer Offenheit und Wärme haben Sie auch ihre Herzen erreicht.
Mit besonderer Herzlichkeit sind Sie auf jene zugegangen, die es schwerer haben als andere, auf diejenigen, die
Verantwortung für ihre Mitmenschen übernehmen und auch auf die jungen Menschen in unserem Land, in deren
Händen unsere Zukunft liegt.
Als Staatsoberhaupt haben Sie immer die richtige Balance gefunden zwischen der Würde, die ein Bundespräsident
auszustrahlen hat, und der Ungezwungenheit, die den Menschen und Menschenfreund Heinz Fischer zum Vorschein gebracht
hat.
Modern und ungezwungen war auch Ihr Umgang mit den Medien. Sie waren der erste Bundespräsident, der sich den
Fragen der Journalistinnen und Journalisten in der ORF-Pressestunde gestellt hat. Aber auch die sozialen Medien
haben Sie souverän und humorvoll genutzt, um auch der jüngeren Generation Einblicke in den Arbeitsalltag
eines Bundespräsidenten zu gewähren. Die Art und Weise, wie Sie das Amt des Bundespräsidenten definiert
und ausgeübt haben, hat die Zustimmung einer überwältigenden Mehrheit in diesem Land gefunden. In
all den Jahren haben Sie das in Sie gesetzte Vertrauen nicht nur voll gerechtfertigt, sondern es in beeindruckender
Weise vermehrt.
Sehr geehrte Damen und Herren, hohe Festversammlung!
Dass Heinz Fischer nun am Ende seiner 4.400 Tage währenden Reise alles andere als müde und erschöpft
wirkt, mag wohl daran liegen, dass ihm sein Amt niemals Bürde, sondern - für das ganze Land spürbar
- stets große Freude war.
Und es liegt wohl auch daran, dass er mit seiner Frau Margit in all den Jahren einen wunderbaren Menschen als Stütze
an seiner Seite gehabt hat. Durch ihre liebenswürdige Persönlichkeit und ihre vornehme Bescheidenheit
hat Margit Fischer das harmonische Bild der Hofburg ganz wesentlich mitgeprägt.
Die letzten 12 Jahre haben auch sicherlich ihr viel abverlangt. Es hat nicht viele Reisen gegeben, bei denen Margit
Fischer nicht an der Seite ihres Mannes war. Und daneben fand sie noch die Energie für eigene Aktivitäten,
die sie vor allem in den Dienst der sozialen Gerechtigkeit gestellt hat.
Sehr geehrter Herr Bundespräsident!
Sie haben der Republik Österreich sehr viel gegeben. Heute verneigt und bedankt sich das Land vor Ihnen. Sie
werden uns ein leuchtendes Vorbild bleiben!
Lieber Heinz, liebe Margit!
Ich wünsche Euch beiden von ganzem Herzen persönliches Glück, Wohlergehen und Gesundheit!
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BR-Präsident Lindner: Fischer ist als Politiker und Mensch ein Vorbild
"Wir verneigen uns heute nicht nur vor einem großen Staatsmann, der die Zweite Republik in vielen
unterschiedlichen Funktionen geprägt hat. Wir verneigen uns heute vor allem vor einem Demokraten, der uns
den Wert und die Notwendigkeit von Demokratie immer wieder nahegebracht hat." Mit diesen Worten würdigte
Bundesratspräsident Mario Lindner Bundespräsident Heinz Fischer im Rahmen der Festsitzung anlässlich
der Beendigung von Fischers zwölfjähriger Amtszeit als Staatsoberhaupt. Lindner ergriff im Anschluss
an Nationalratspräsidentin Doris Bures das Wort.
Fischer sei, so Lindner, in vieler Hinsicht ein Vorbild - sowohl als Politiker als auch als Mensch. Er habe stets
das Gemeinsame vor das Trennende gestellt. Dadurch sei es ihm auch gelungen, Brücken zwischen scheinbar unversöhnlichen
Positionen zu bauen. "Das ist das Wesen der Demokratie - und genau das ist es, das vielen von uns heute in
der Politik fehlt", unterstrich Lindner. Neben diesem Aufeinanderzugehen zeichnen Fischer vor allem auch Eigenschaften
aus, die in der heutigen hektischen Welt oft zu kurz kommen. Dazu gehören dessen Wille zum ausführlichen
Nachdenkprozess; seine Besonnenheit, Worte nicht als Waffe zu verwenden; seine Bereitschaft, den eigenen Standpunkt
sachlich darzulegen, manchmal auch in Erwartung eines Widerspruchs bzw. im Bewusstsein, dass die geäußerten
Gedanken möglicherweise falsch oder unvollständig sein könnten; und nicht zuletzt das Bekenntnis
zur Diskussion. An dieser demokratischen Standhaftigkeit, an diesem Respekt für das Gegenüber und an
dieser Ablehnung absoluter Wahrheiten müssen sich die Nachfolger und Nachfolgerinnen messen lassen, sagte
Lindner.
Für den Bundesratspräsidenten zählt Fischer zu jenen Persönlichkeiten, die "Ankerpunkt
der Demokratie" sind, die durch ihr Handeln beeindrucken, durch ihr Engagement und ihre Überzeugungen
anregen und die Demokratie erfahr- und erlebbar machen.
Lindner erinnerte in seiner Rede auch daran, dass Fischer einer der ersten war, die Schritte gesetzt haben, um
die Zeit des Nationalsozialismus aktiv aufzuarbeiten. Viel später habe er dann als erster Vorsitzender des
"Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus" seine Arbeit
fortsetzen können. Damit habe Fischer nicht nur entscheidend zur kritischen Aufarbeitung unserer Geschichte
beigetragen, er habe den Opfern von Gewalt, Terror und Faschismus die Hand gereicht - als Geste der Versöhnung
und Zeichen der Verantwortung.
Der Bundesratspräsident verlieh seinen Ausführungen aber auch eine ganz persönliche Note, indem
er seine erste Begegnung mit Fischer im Zuge der Bundespräsidentschaftswahl 2004 schilderte - Lindner hat
im damaligen Jugendwahlkampf als Bundesjugendsekretär der FSG mitgearbeitet. "Mit dieser Zeit verbinde
ich bis heute viele persönliche Begegnungen und Gespräche mit Menschen im ganzen Land -sehr viele von
ihnen teilten meine Begeisterung und meinen Glauben an Dich", dankte Lindner für die bleibenden prägenden
Eindrücke von damals. Und er erinnerte auch daran, dass das scheidende Staatsoberhaupt viel mit den Bundesländern
verbindet. Während seiner Amtszeit sei Fischer in jedem Bezirk Österreichs zu Gast gewesen und bei all
seinen Besuchen sei es ihm mit seiner herzlichen Art gelungen, die Menschen zu begeistern.
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