Neue Organisationsstruktur ab Jänner 2017
Wien (pk) - Die KZ-Gedenkstätte Mauthausen wird mit 1. Jänner 2017 in eine gemeinnützige
Bundesanstalt umgewandelt. Das entsprechende Gedenkstätten-Gesetz hat am 06.07. den Nationalrat mit Stimmenmehrheit
- gegen die Stimmen der Grünen - passiert. Vor dem Hintergrund der politischen Verantwortung des Gedenkens
an die Opfer des Nationalsozialismus soll die Gedenkstätte zu einem multidimensionalen Ort der Geschichtsvermittlung
mit professionalisiertem Museumsbetrieb übergeführt werden. Ziel ist auch die Stärkung der zivilgesellschaftlichen
Partizipation und die Steigerung der Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Die Gedenkstätte, die sowohl
Denkmal und Friedhof als auch Museum, Forschungseinrichtung sowie Lern-, Vermittlungs- und Begegnungsort ist, wird
damit organisatorisch aus dem Innenministerium ausgegliedert. Bei inhaltlicher Autonomie sollen die wirtschaftliche
Kontrolle durch den Bund und die parlamentarische Kontrolle erhalten bleiben.
Grüne sehen "typisch österreichische" Lösung
Abgeordneter Harald Walser (G) äußerte umfangreiche Kritik an den Strukturen, die geschaffen werden:
Man habe die Chance verpasst, für dieses sensible Thema ein modernes Gesetz zu schaffen. Zum einen werde die
Abhängigkeitsstruktur vom Innenministerium durch die Schaffung der Bundesanstalt nicht beseitigt. Zielführender
wäre es, statt einer "Proporzstruktur" aus roten und schwarzen Beamten unabhängige Wissenschaftler
einzusetzen, so Walser. Zudem werde die chronische Unterfinanzierung der Gedenkstätte nicht beseitigt, das
sei einer modernen Gedenkstätte unwürdig und eine "typisch österreichische" Lösung.
Es handle sich um die zentrale Gedenkstätte der Republik, sinnvoll wäre für ihn eine Stiftungslösung
anstelle einer Bundesanstalt. Walser wies auch auf massive internationale Kritik daran hin, dass das Außenlager
Gusen nicht mit in den Namen aufgenommen wurde. Es sei schwer verständlich, warum dies nicht berücksichtigt
wurde, sagte Walser und forderte eine weitere Auseinandersetzung und Gespräche in Zukunft.
Bessere finanzielle Absicherung der Gedenkstätte "als je zuvor"
Teils heftiger Widerspruch gegen die Kritik von Walser kam von den Regierungsparteien und vom Team Stronach.
Das Hohe Haus und das Innenministerium können stolz auf die neue Struktur sein, besser könne man das
Gesetz gar nicht aufstellen, so der ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl. Im Interesse von nachhaltiger
Gedenkarbeit sorge die neue Struktur einer Bundesanstalt dafür, dass die Gedenkstätte nun besser abgesichert
sei als je zuvor. Der finanzielle Rahmen würde jährlich angepasst und man hätte dazu auch die Möglichkeit,
Drittmittel zu lukrieren. Außerdem stehe die Unabhängigkeit im Gesetz, und die Einbeziehung der Ministerien
sei selbstverständlich, konterte er auf den Vorwurf eines "Proporzsystems". Einig waren sich die
SprecherInnen der Regierungsparteien mit Team Stronach Abgeordnetem Christoph Hagen, dass bei einem Botschaftertreffen
am Vortag von selbigen der Diskussionsprozess einhellig positiv bewertet wurde. Auch wenn diese das Außenlager
Gusen eigentlich im Namen erwähnt haben wollten, könne man dort nun mit der Ist-Situation auch gut leben,
berichtete Hagen von dem Botschaftertreffen. Er verstehe die Kritik der Grünen nicht, denn es gehe um nichts
weniger als die Erhaltung und den Ausbau der Gedenkstätte Mauthausen.
Neue Strukturen für nachhaltige Gedenkarbeit
Für Hannes Weninger (S) ist die Überführung in eine Bundesanstalt ein klares Bekenntnis zur
politischen und budgetären Verantwortung für Erinnerungsarbeit. Dass wir "niemals vergessen"
würde damit auch mit einem konkreten politischen Beschluss hinterlegt. Auch die Abgeordneten Nikolaus Prinz
und Michael Hammer (beide V) betonten die Wichtigkeit der Gedenkstätte Mauthausen als Ort des Gedenkens, der
Wissensvermittlung und Präventionsarbeit, die Struktur der Bundesanstalt sei dafür ein zukunftsgerichteter
Weg. Abgeordnete Angela Lueger (S) unterstrich die wissenschaftlichen, pädagogischen und kulturell-gemeinnützigen
Aufgaben der Gedenkstätte und dankte wie auch ihre Vorredner der hervorragenden Arbeit der Einrichtung. Die
neuen Strukturen mit Kuratorium, wissenschaftlichem und internationalem Beirat seien wichtige Schritte, die Gedenkarbeit
weiterhin nachhaltig und professionell zu gestalten, so der Tenor der befürwortenden RednerInnen.
Entgegen anfänglicher Kritik stimmten auch die NEOS dem Gesetz zu. Nikolaus Alm (N) hält das Gesetz zwar
nach wie vor nur für eine Art Zwischenlösung, aber man verschließe sich dem nicht mehr. Man hoffe
trotzdem auf weitere Gespräche, was wesentliche Punkte wie Unabhängigkeit und parlamentarische Kontrolle,
aber auch Internationalisierung und Zusammensetzung des Kuratoriums anbelangt.
Mahnen und Gedenken als größeres Ganzes
Innenminister Wolfgang Sobotka wies in diesem Zusammenhang auf die Verantwortung hin, die durch diese Gedenkstätte
zum Ausdruck komme. Es gehe "um ein größeres Ganzes" der Republik im Mahnen und Gedenken.
Das bewährte Modell einer Bundesanstalt sei ein wesentlicher Schritt für den besonderen und wichtigen
Gedenkort, der eine vielfältige Verpflichtung auch international zur Erinnerung an die Opfer des NS-Regimes
darstelle. Er sei stolz auf die Leistungen der wichtigen Vermittlungsarbeit und Forschung, dafür sei die Finanzierungssicherheit
zu erhalten. Eine Stiftung habe nicht das geeignete nachhaltige Fundament dafür, sagte Sobotka und appellierte
an alle Anwesenden, den Gesetzesvorschlag einstimmig anzunehmen. Denn auch mit der Benennung der Bundesanstalt
als "KZ-Gedenkstätte Mauthausen / Mauthausen Memorial" sei es nunmehr gelungen, den Kompromiss mit
allen Seiten zu finden.
Mit der mehrheitlich befürwortenden Abstimmung wurde in einer Formsache ein Abänderungsantrag der Regierungsparteien
zur Richtigstellung der Bezeichnung des Bildungsministeriums ohne den Zusatz "Frauen" - Frauenangelegenheiten
sind seit 1. Juli bei der Gesundheitsministerin angesiedelt – für den Gesetzestext, dies einstimmig, angenommen.
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