Opposition im Nationalrat gegen Gleichstellung von politischen Parteien und gemeinnützigen
Vereinen
Wien (pk) - Die Erleichterungen bei der Registrierkassenplicht und bei der Beschäftigung von Aushilfskräften
zu Stoßzeiten, die der Nationalrat am 06.07. beschloss, gehören zu einem Gesetzespaket mit dem Titel
EU-Abgabenänderungsgesetz 2016, das in erster Linie der Umsetzung von EU-Richtlinien gegen die Steuervermeidung
durch grenzüberschreitende Gewinnverschiebungen (Base Erosion and Profit Shifting - BEPS) bei Konzernen und
dem Kampf gegen die Geldwäsche dient. Ein neues Verrechnungspreisdokumentationsgesetz verpflichtet Konzerne
mit mehr als 50 Mio. € Umsatz, ihre internen Verrechnungspreise zu dokumentieren und die Finanzbehörden darüber
zu informieren. Ab 750 Mio. € Umsatz müssen die Firmen auch ihre Erträge in Länderberichten gegenüber
den Behörden offenlegen. Das Gesetz und flankierende Änderungen in der Gewerbeordnung wurden nach Annahme
eines SPÖ-ÖVP-Abänderungsantrags mit redaktionellen Verbesserungen und Klarstellungen und nach Ablehnung
oppositioneller Abänderungs- und Entschließungsanträge in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.
Steuergerechtigkeit heißt Schutz der Daseinsvorsorge aller Menschen
In der Debatte begrüßten auch die Abgeordneten der Opposition, allen voran Hubert Fuchs (F) und Bruno
Rossmann (G), die Verrechnungspreisdokumentation bei Konzernen. Fuchs und Rossmann hielten aber die vorgesehenen
Umsatzgrenzen für zu hoch und drängten, ebenso übereinstimmend auf mehr Steuertransparenz. Bruno
Rossmanns Entschließungsantrag, der unter dem Motto "Steuertransparenz ist die beste Waffe gegen Steuerdumping"
auf die Information der Öffentlichkeit über Konzerngewinne abzielte, stieß bei der SPÖ tendenziell
auf Verständnis, namentlich bei Petra Bayr, blieb bei der Abstimmung aber in der Minderheit. Gegenüber
dem Vorwurf Bruno Rossmanns (G), das Gesetz stelle einen faulen Kompromiss dar, warb Werner Groiß von der
ÖVP im Sinne höherer Steuergerechtigkeit für die vorgelegten Maßnahmen und brachte gemeinsam
mit der SPÖ einen Abänderungsantrag mit redaktionellen Verbesserungen und Klarstellungen ein. Petra Bayr
(S) unterstrich gemeinsam mit ihrem Fraktionskollegen Franz Kirchgatterer die Notwendigkeit, die Staaten vor schädlichen
Steuerpraktiken der Konzerne zu schützen und erinnerte an die Finanzierung der Milleniumsziele sowie an den
Schutz öffentlicher Haushalte im Interesse der Daseinsvorsorge für alle Menschen.
Erleichterungen bei der Registrierkassenpflicht
Den Beschluss für Erleichterungen bei der Registrierkassenpflicht fasste der Nationalrat durch Erweiterung
des EU-Abgabenänderungsgesetzes 2016 um Zusätze, die der Finanzausschuss auf Antrag von SPÖ und
ÖVP vorgenommen hatte. Werner Groiß (V) erläuterte das aus seiner Sicht vernünftige Vereins-
und Wirtepaket eingangs der Debatte im Detail: Die Verlängerung der Frist zur Einrichtung technischer Vorkehrungen
gegen die Manipulation von Kassen um drei Monate bis 1.4.2017, die Steuerbefreiung beim Einsatz von Aushilfskräften
zur Abdeckung von Arbeitsbedarf in Stoßzeiten im Ausmaß von 18 Tagen pro Jahr und flankierende Klarstellungen
in der Gewerbeordnung. Ausnahmen von der Registrierkassenpflicht gelten für Umsätze, die außerhalb
fester Räumlichkeiten erzielt werden und 30.000 € jährlich nicht überschreiten ("Kalte-Hände-Regelung").
Bis zu einem Jahresumsatz von 30.000 € entfällt die Registrierkassenpflicht auch auf Alm-, Berg-, Ski- und
Schutzhütten sowie in Buschenschenken. Keine Registrierkassenpflicht gilt künftig auch in Kantinen gemeinnütziger
Vereine (etwa Fußballklubs), sofern die Kantine maximal 52 Tagen im Jahr geöffnet hat und nicht mehr
als 30.000 € einnimmt. Bei Vereinsfesten wird die Zusammenarbeit mit Gastronomen erleichtert und die freiwillige
und unentgeltliche Mitarbeit von Vereinsmitgliedern von der Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht ausgenommen.
Bei kleinen Vereinsfesten gilt dies auch für die unentgeltliche Mitarbeit vereinsfremder Personen.
Erleichterungen auch für Parteien - Opposition fürchtet um Ansehen der Politik
Für eine Kontroverse zwischen Regierungsparteien und Opposition sorgte die Ausdehnung der Erleichterungen
im Ausmaß von bis zu 72 Stunden im Jahr auch für Feste von Bezirks- und Ortsorganisationen politischer
Parteien, sofern der Jahresumsatz 15.000 € nicht überschreitet und die Überschüsse für gemeinnützige
oder politische Zwecke verwendet werden. Ruperta Lichtenecker (G) begrüßte zwar Erleichterungen für
Alm- und Schihütten, lehnte aber das "Flickwerk" ab, das sie bei der Registrierkassenpflicht entstehen
sah und drängte bei der Parteienfinanzierung mit einem Abänderungsantrag auf mehr Transparenz. Die vorgesehenen
Ausnahmen für Partei- und Vorfeldorganisationen hielten auch Hubert Fuchs (F) sowie Nikolaus Scherak und Nikolaus
Alm von den NEOS, der die Geltung der Registrierkassenpflicht für alle einmahnte, für problematisch.
Scherak warnte davor, das ohnehin nicht gute Ansehen der Politik weiter zu beschädigen, indem man den Unterschied
zwischen gemeinnützigen Vereinen und politischen Parteien negiere, und legte dazu einen Abänderungsantrag
vor, der aber ebenso wie jener der Grünen sowie ein von Leopold Steinbichler (T) eingebrachter Entschließungsantrag
auf Abschaffung der Privilegien politischer Parteien in der Minderheit blieb. Hubert Fuchs (F) schlug auch vor,
Feuerwehren den Vorsteuerabzug zu gewähren, wenn sie mit Spendengeldern Ausrüstungen beschaffen.
SPÖ und ÖVP: Lokale Parteiorganisationen sind Teil der Zivilgesellschaft
Gemeinsam verwahrten sich August Wöginger und Werner Amon von der ÖVP gegen die Unterstellung, es hätte
etwas mit Parteienfinanzierung zu tun, wenn lokale Parteiorganisationen bei einer Weihnachtsfeier, einem Kinderausflug
oder einem Kaffeekränzchen für PensionistInnen Ausnahmen von der Registrierkassenpflicht in Anspruch
nehmen. Die praxisnahen Erleichterungen bei der Mitarbeit von Familienangehörigen und Aushilfskräften
begrüßten auch die Fraktionskollegen Manfred Hofinger, Hermann Schultes und Andreas Hanger. Amon begrüßte
die Entbürokratisierung von Vereinen und freiwilliger Arbeit und würdigte ehrenamtliche Arbeit für
Parteien als zivilgesellschaftliches Engagement. Parteiorganisationen, die gemeinnützig aktiv sind, mit gewinnorientierten
Gewerbebetrieben zu vergleichen, sei falsch, weil der Umsatz für Parteien gedeckelt sei und für die Erlöse
eine Zweckwidmung gelte. Letztlich gehe es um die Unterstützung gemeinnütziger Tätigkeit für
Frauen, Jugend und SeniorInnen.
Matthias Köchl (G) nahm begleitende Änderungen in der Gewerbeordnung und die angekündigte Gewerbeordnungsnovelle,
die er unterstütze, zum Anlass, per Entschließungsantrag eine Entschlackung der Gewerbeordnung durch
Verminderung der reglementierten Gewerbe zu fordern, blieb mit seiner Initiative aber in der Minderheit.
Franz Kirchgatterer (S) lobte einmal mehr die Steuerreform, die viele Menschen entlastet und die Kaufkraft gestärkt
hat und begrüßte die von der Regierung in Aussicht gestellte Unterstützung von Startups, von Risikokapital
in kleinen und mittleren Unternehmen und Erleichterung von Investitionen. Das schafft Chancen für Menschen
und soziale Sicherheit, zeigte sich der Redner überzeugt und brach einmal mehr eine Lanze für die Sozialpartnerschaft.
Abschließend betonte Leopold Steinbichler (T) die Bedeutung der Vereine, deren Engagement den Gemeinden viel
Geld erspare und der Jugend eine gute Umgebung biete, in der sie für das Leben lernen und wichtige Erfahrungen
sammeln können. Mit einem Entschließungsantrag setzte sich Steinbichler für die Entlastung der
Wirte von Stornokosten im Zusammenhang mit der Registrierkassenpflicht ein. Er blieb damit aber ebenso in der
Minderheit wie mit seinem Abänderungsantrag gegen die von ihm abgelehnte Gleichstellung von Parteien und gemeinnützigen
Vereinen.
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