Bundesrat debattiert über Pariser Klimavertrag
Wien (pk) - "Der Klimawandel findet statt, Nichtstun ist keine Option". Umweltminister Andrä
Rupprechter forderte am 14.07. im Bundesrat nachhaltige Schritte im Kampf gegen den globalen Temperaturanstieg
und drängte auf eine Energiewende hin zu erneuerbaren Energieträgern. Klimaschutz dürfe aber nicht
zu einer Renaissance von Nuklearenergie führen, mahnte er und kritisierte die nun von einigen EU-Staaten beschlossene
Forcierung der Atomkraft als falschen Weg. Rückenwind in Sachen Klimaschutz erhielt Rupprechter von den BundesrätInnen
aller Fraktionen, die in einer Aktuellen Stunde und im Rahmen der Debatte über den Klimavertrag zu raschem
Handeln aufriefen. Keinen Konsens gab es in der Länderkammer allerdings in der Beurteilung des Pariser Klimavertrags.
Während SPÖ, ÖVP, Grüne und Team Stronach von einer historischen Trendwende sprachen, bemängelte
die FPÖ den Beschluss als "schöne Absichtserklärung" ohne jegliche Sanktionen.
Umweltminister sieht Dekarbonisierung als Ziel
Für Bundesminister Rupprechter ist der Durchbruch von Paris ein historisches Ereignis, ist es doch gelungen,
in einem globalen Abkommen erstmals auch die großen Emittenten miteinzubeziehen. Wenn Österreich durch
den heutigen Beschluss des Bundesrates nun als drittes Land in Europa die Ratifizierung des Klimaschutzvertrages
besiegelt, dann sei dies ein wichtiges Signal, dass wir uns unserer Verantwortung stellen. Jetzt gehe es darum,
langfristige Strategien zu entwickeln, die letztlich in die Dekarbonisierung münden müssen. Rupprechter
forderte mit Vehemenz eine Energiewende hin zu erneuerbaren Energieträgern mit heimischer Wertschöpfung
und Arbeitsplätzen, die im Inland bleiben. Auf europäischer Ebene warnte er davor, unter dem Deckmantel
des Klimaschutzes wieder verstärkt in den Bau von Atomkraftwerken zu investieren. Atomkraft ist keine klimafreundliche
Energie, steht für Rupprechter fest.
ÖVP fordert Umstieg in erneuerbare Energie
"Heute ist ein historischer Tag, mit dem die Energiewende eingeleitet wird", kommentierte Andreas Pum
(V/N) die Genehmigung der Ratifizierung durch die Länderkammer. Der ÖVP-Bundesrat sieht Österreich
nun aufgerufen, Alternativen zur fossilen Energie zu finden und neue Chancen in der Energieproduktion zu nutzen.
Er bekannte sich in diesem Sinn mit Nachdruck zu erneuerbaren Energieträgern und erteilte der Atomkraft eine
klare Absage. Pum ist sich allerdings bewusst, dass es Spannungsfelder gibt zwischen Wirtschaft und Umwelt sowie
zwischen Gewinnmaximierung und Sozialpolitik. Klimaschutz könne somit nur ein Miteinander sämtlicher
Bereiche sein, ist er überzeugt. Auch für seinen Fraktionskollegen Martin Preineder (V/N) ist der Ausstieg
aus fossilen Treibstoffen eine der größten Herausforderungen. Ausbau der Elektromobilität und Umstieg
auf erneuerbare Energien sind die Rezepte des niederösterreichischen Bundesrates, der Österreich in diesen
Bereichen Vorbildwirkung attestierte und vor allem auch gute Chancen für grüne Jobs sieht.
SPÖ: Paris ist nicht Schlusspunkt, sondern Beginn der internationalen Klimapolitik
Der Prozess der Klimaveränderung sei heute für jeden nachvollziehbar, gab Günther Novak (S/K) zu
bedenken. So gebe es weder schneereiche Winter noch klar abgegrenzte Jahreszeiten, Wetterextreme nehmen dramatisch
zu. Es führe deshalb kein Weg daran vorbei, so rasch wie möglich auf eine CO2-freie Wirtschaft umzustellen.
Nachhaltiges, ressourcenschonendes Wirtschaften sei gefragt, Verträge wie TTIP und CETA sollten überdies
auf ihre Klimaschutztauglichkeit überprüft werden. Das Pariser Abkommen ist für Novak nicht der
Schlusspunkt der internationalen Klimapolitik, sondern bloß ein Beginn. Die bisherigen Beiträge werden
nicht ausreichen, um das Ziel, die Zunahme der Erderwärmung auf zwei Grad zu beschränken, zu erreichen,
bestätigte Michael Lindner (S/O). Es werde eine umfassende Veränderung in allen Lebensbereichen brauchen,
wobei alle gesellschaftlichen Gruppen in den Prozess einzubeziehen seien. Lindner empfahl auch, in der Klimapolitik
auf regionale Projekte zurückzugreifen, die oft Vorzeigecharakter hätten.
Grüne wollen bei Klimaschutzmaßnahmen keine Zeit verlieren
Die Auswirkungen des Klimawandels sind in Österreich besonders gravierend, die Folgen – von Naturkatastrophen
über den Rückgang der Gletscher bis hin zu Dürre – werden wir direkt vor unserer Haustür spüren.
Für Nicole Schreyer (G/T) ist es deshalb umso wichtiger, den CO2-Ausstoß so rasch wie möglich einzudämmen.
Jede Maßnahme, die wir nicht sofort setzen, wird uns künftig noch mehr kosten, warnte sie und drängte
auf Kostenwahrheit in der Verkehrspolitik, massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs sowie eine Stärkung
des Biolandbaus. Wir müssen beim CO2 ansetzen, pflichtete ihr ihre Fraktionskollegin Heidelinde Reiter (G/S)
bei und reichte überdies Forderungen nach einer ökologischen Steuerreform und einem Ausstieg aus Investitionen
in den fossilen Bereich nach.
Team Stronach spricht vom Ende des Erdölzeitalters
Als historische Zeitenwende zum Wohle der gesamten Menschheit würdigte Gerald Zelina (T/N) den Pariser Klimavertrag,
gehe damit doch die Epoche des Erdöls zu Ende. Der Team-Stronach-Bundesrat drängte auf einen Stopp jeglicher
Investitionen in fossile Energieträger und sah in diesem Zusammenhang vor allem auch Länder und Kommunen
aufgerufen. Der Umstieg auf erneuerbare Energien bedeutet für Zelina in erster Linie auch eine verstärkte
Förderung der Elektromobilität. Österreich sollte ein Land ohne Autos mit Benzin- und Dieselmotoren
werden, forderte er und verwies dabei auf das Beispiel von Staaten wie Norwegen oder Indien.
FPÖ zweifelt an Wirksamkeit des Klimavertrags
Die Freiheitlichen konnten den Optimismus der anderen Fraktionen bezüglich des Pariser Klimavertrags nicht
teilen. Das Abkommen sei eine schöne Absichtserklärung ohne jegliche Sanktionen, kritisierte Gerhard
Dörfler (F/K), der daran zweifelte, dass sich Länder wie China oder die USA unter Donald Trump überhaupt
an die Bestimmungen halten werden. Scharf ging er aber auch mit der Lebensmittelindustrie und der Agrarpolitik
der großen Konzerne ins Gericht. Deren Methoden würden Umwelt und Klima schädigen, stellte Dörfler
fest und erinnerte in diesem Zusammenhang etwa an Giftstoffe in Nahrungsmitteln oder die Abholzung von Regenwald
zwecks Palmölproduktion. Österreich sollte jedenfalls seinen Weg der Umweltpolitik weiter gehen und dabei
das vorhandene Bürgerbewusstsein nutzen und auf die Stärkung eines entsprechenden Konsumverhaltens der
Menschen setzen. Es gelte, im Kleinen einen Beitrag zu leisten, um den Temperaturanstieg einzubremsen, meinte auch
Arnd Meißl (F/St), der aber vor überzogenen Maßnahmen zum Nachteil einheimischer Arbeitsplätze
warnte. Die Ursachen für den Klimawandel sind seiner Einschätzung nach vielfältiger Natur und können
nicht ausschließlich auf den Menschen zurückgeführt werden. Klar ist für Meißl aber,
dass die Klimaveränderungen durch den vermehrten CO2-Ausstoß mit beeinflusst werden.
Klimaschutzabkommen von Paris passiert den Bundesrat mit Mehrheit
Im Anschluss an die Aktuelle Stunde zum Thema stimmte der Bundesrat mit breiter Mehrheit für die Ratifikation
des Weltklimavertrags von Paris . Skeptisch ist weiterhin die FPÖ, die an ihren Zweifeln an der Wirksamkeit
des Abkommens festhält.
Peter Samt (F/St) wies auf Mängel des Abkommen hin, das etwa Schiffs- und Flugverkehr nicht berücksichtige.
Für ihn ist zudem kein Plan B für den Fall erkennbar, dass durch das Abkommen den Klimawandel nicht aufzuhalten
ist. Es gebe nämlich berechtigte Zweifel an der Theorie, dass die Erderwärmung vor allem durch den von
den von Menschen verursachten CO2-Anstieg bewirkt werde. Die FPÖ sehe daher genügend Gründe, dem
Weltklimavertrag ihre Zustimmung zu versagen.
Eduard Köck (V/N) verwies auf Studien, die die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstoß
belegen. Die Haltung der FPÖ sei ihm daher nicht verständlich. Die Klimawende biete auch Chancen für
neue Arbeitsplätze. Die regionale Entwicklung profitiere, wenn Energie nicht importiert, sondern regional
erzeugt werde, ist Köck überzeugt. Der Bundesrat wies bei dieser Gelegenheit auf die aktuellen Probleme
der Ökostrom-Erzeuger hin und forderte eine rasche Anpassung des Ökostrom-Gesetzes.
Die Annahmen, auf denen der Pariser Vertrag beruhten, werden durch die überwältigende Anzahl aller Klimastudien
untermauert, hielt auch Stefan Schennach (S/W) der Kritik der FPÖ entgegen. Allerdings sei das Abkommen erst
ein Anfang. Nur wenn es gelinge, die Erderwärmung tatsächlich auf 1,5 Grad zu begrenzen, könne man
einen Teil der Probleme, die sich heute schon deutlich abzeichnen, wie das Schmelzen der Polkappen und der Anstieg
des Meeresspiegels, noch teilweise abwenden. Der Erfolg des Vertrags werde letztlich von seiner Umsetzung auf nationaler
Ebene abhängen.
Der Vertrag sei ein historischer Meilenstein, sagte Nicole Schreyer (G/T), sie freue sich daher, dass Österreich
eines der ersten Länder ist, das ihn ratifiziert. Damit leiste Österreich einen Beitrag zu seiner raschen
Umsetzung. Schreyer hoffte, dass Österreich sich rasch weiterführende Klimaziele steckt. In der Debatte
habe sie jedenfalls den deutlichen Willen der österreichischen Politik erkennen können, einen Beitrag
zur Klimawende zu leisten.
Bundesminister Andrä Rupprechter betonte, der Tag der Ratifizierung des Weltklimavertrags sei ein guter Tag
für Österreich. Er hätte sich aber die Stimmeneinhelligkeit für eines der wichtigsten Gesetze
dieser Legislaturperiode gewünscht, denn hier gehe es um nichts weniger als um die Zukunft unseres Landes
und des gesamten Globus.
Bei der Klimakonferenz der Vereinten Nationen im Dezember 2015 in der französischen Hauptstadt vereinbarte
die Staatengemeinschaft, den Ausstoß von Klimagasen bis 2050 netto auf null zu senken und den durchschnittlichen
Temperaturanstieg der Erdatmosphäre gegenüber der vorindustriellen Zeit nach Möglichkeit mit 1,5
Grad Celsius zu begrenzen, mindestens aber deutlich unter 2 Grad Celsius zu halten. Alle Staaten müssen künftig
ihre Klimaschutzanstrengungen laufend verstärken, zudem soll es gemeinsame Investitionen in eine nachhaltige
Weltwirtschaft geben. Als Finanzierungsinstrument dafür wurde in Paris der Green Climate Fund als Teil des
Vertragswerks ausverhandelt. Diesen Fonds werden die Industriestaaten ab 2020 jährlich mit 100 Mrd. US-Dollar
dotieren und so nachhaltige Klimaschutz-Investitionen in Entwicklungsländern ermöglichen. Von diesen
Investitionen werden weltweit auch Unternehmen und Länder profitieren, die nachhaltig produzieren und auf
innovative Technologien und Verfahren setzen.
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